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Zähne aus dem Fräszentrum

5-Achsen-Bearbeitung: Automatisierte Zahnersatzfertigung macht Produkte wettbewerbsfähig
Zähne aus dem Fräszentrum

Eine Dentalfabrik in der Nähe von Amsterdam hat sich auf die automatisierte Fertigung von Brücken und Kronen spezialisiert. Die Hauptarbeit leisten ein 5-Achsen-CNC-Bearbeitungszentrum sowie zwei Mikrofräsmaschinen von Haas Automation.

Das unweit von Amsterdam ansässige niederländische Unternehmen Cyrtina BV hat sich von einem Fräszentrum mit 3-Achsen-Maschinen, das nur einfache zahnmedizinische Teil wie Gerüste für Zahnersatz produzierte, zu einem Anbieter komplexerer Kronen und Brücken entwickelt. Diese können ohne den Zwischenschritt über den Zahntechniker direkt an den Zahnarzt ausgeliefert werden. „Uns war schnell klar, erläutert Siebe van der Zel, COO des Unternehmens, „dass wir unsere Fertigung automatisieren und auf die 5-Achsen-Bearbeitung umsteigen mussten, wenn wir auch komplexere Teile für Zahnsanierungen effizient herstellen wollten.“

Siebe van der Zel suchte eine robuste, stabile Maschine, die rund um die Uhr laufen konnte, und entschied sich daher für ein 5-Achsen-CNC-Bearbeitungszentrum der belgischen Haas Automation N.V., Zaventem. Das Modell VF-2 ermöglicht eine Spindeldrehzahl von 30 000 min-1. Im Jahr 2011 erwarb das Unternehmen außerdem eine Mikrofräsmaschine OM-2 von Haas, um vor allem Zirkoniumdioxid, einen anorganischen metallbasierten Werkstoff, der in der modernen Zahnheilkunde weit verbreitet ist, bearbeiten zu können. Wenige Monate später kam 2012 noch eine zweite Mikrofräsmaschine hinzu. „Damals begannen die Zahntechniker, die für gewöhnlich einen kompletten Zahnersatz aus Porzellan von Hand herstellten, darüber nachzudenken, ob sie nicht auch in Werkzeugmaschinen investieren und die Gerüste selbst fertigen sollten“, erklärt Geschäftsführer Van der Zel. „Da wurde uns klar, dass wir uns weiter entwickeln und ebenfalls Kronen herstellen mussten.“ Für das Unternehmen war das eine Überlebensfrage. „Und so haben wir schließlich unter dem Namen Primero ein neue Krone mit Verblendschicht, die mit CAD/CAM-Technologie hergestellt wird, entwickelt und patentieren lassen.“
Natürlich sieht sich Cyrtina, wie andere Industriezweige auch, mit einem starken Wettbewerb aus China konfrontiert. „Aber unsere Lieferfristen liegen bei vier Tagen, während für die Kronen aus China wohl eher zwei bis drei Wochen einzuplanen sind“, meint van der Zel. „Zudem sind Zahnärzte an einer durchgängig hohen Qualität interessiert. Ihre Hauptaufgabe besteht schließlich darin, Patienten zu behandeln, so dass eine gut sitzende und makellose Krone unverzichtbar ist.“ Heute liefert Cyrtina 30 % seiner Produktion direkt an die Zahnärzte aus. Tendenz steigend. „Angefangen haben wir als einfaches Fräszentrum. Heute sind wir darüber hinaus ein Zahnlabor und stellen die Kronen selbst her. Fräswerkstätten werden zu Laboren“, so van der Zel. Mit einem einzigen Satz von diamantbeschichteten Werkzeugen (das größte misst nur 3 mm im Durchmesser) kann Cyrtina auf der Haas OM-2 rund 150 seiner Schichtkronen fertigen. Obwohl Zirkoniumdioxid anfangs recht weich ist, verschleißen die Werkzeuge sehr schnell.
Die im Unternehmen hergestellten Kronen bestehen im Wesentlichen aus zwei Teilen: dem Gerüst aus Zirkonium und der Verblendschicht aus Porzellan. „Wir fräsen das Gerüst, setzen es in einen Fräsblock ein und fertigen den Stumpf“, erläutert van der Zel den Vorgang. Um diesen Stumpf herum befindet sich ein gefräster Hohlraum, der mit einer eigens entwickelten, flüssigen Porzellanmasse aufgefüllt wird. Anschließend wird die Krone in einer Presse verdichtet und getrocknet, so dass sie eine kristalline Struktur ausbildet, etwa wie man sie vom Zucker her kennt. Dann wird mit der OM-2 der als „Grünling“ bezeichnete Pressling fertig gefertigt und in den Trockenofen geschickt. „Danach weist das Material genau die gleichen Eigenschaften auf wie gehärteter Stahl. Es ist praktisch unzerbrechlich und hält extrem hohen Drücken stand.“
Cyrtina beschreibt seinen Fertigungsprozess als „kollaborative computerisierte Dentaltechnik“, da die Unternehmens- und Produktionsabläufe nahezu vollständig automatisiert sind: Bestellungen gehen digital ein. Entweder übermittelt der Zahnarzt einen interoralen Scan oder einen Abdruck, der vom Scan-Design-Center eingescannt wird. Dann wird das Design mit einem CAD-System fertiggestellt. Zuletzt werden auf einem 3D-Drucker Modelle erstellt, und nach Abschluss des Designs kann die automatische Produktion der Krone beginnen. „Die Bestellungen werden automatisch durch einen Workflow geführt, der auch ein mit der CAM-Software Powermill von Delcam berechnetes Fräspfad-Programm für die Haas VF-2 beinhaltet“, so van der Zel. „Bei einigen der von uns bearbeiteten Teile, wie den indexierten Pfosten zum Beispiel, müssen wir Löcher in unterschiedlichen Winkeln bohren. Aus diesem Grund nutzen wir bei allen drei Maschinen von Haas Automation die 3+2-Achsen-Bearbeitung.“
Bis Ende 2016 möchte Cyrtina in Holland einen Marktanteil von mindestens 10 % erreicht haben. Um dieses Ziel zu verwirklichen, hat das Unternehmen gerade einen Vertrag mit einer Investorengruppe unterzeichnet, die es bei der Vermarktung seiner Produkte unterstützen wird. „Für uns ist ein skalierbares Geschäftsmodell sehr wichtig“, betont Siebe van der Zel. „Gegen Ende 2016 wollen wir über die Benelux-Länder hinaus Niederlassungen in Spanien, Frankreich, Italien und vor allem in Deutschland eröffnen.
Matt Bailey MBMC, Norwich/GB
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