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Vom Fräszentrum zum „Druckzentrum“

Generative Techniken: Effektive Prozesskette zur industriellen Herstellung von Zahnersatz
Vom Fräszentrum zum „Druckzentrum“

Eine völlig neue Ausrichtung der Prozesskette ermöglicht hohe Qualität beim Zahnersatz zu einem günstigen Preis. Die Laufer Zahntechnik GmbH in Mannheim ist ein Beispiel dafür, dass dieser Spagat gelingen kann.

Formgebundenes Gießen oder Fräsen aus dem Vollen sind die konventionellen Techniken, um Zahnersatz herzustellen. Diese Methoden brauchen jedoch ihre Zeit und führen zu hohen Stückkosten. Eine gefräste Einheit liegt bei knapp 20 Euro. Laut Andreas Laufer, Zahntechnikermeister und Chef der Laufer Zahntechnik GmbH in Mannheim, kann das Zahnlabor die gleiche – allerdings generativ gefertigte – Einheit auch für knapp 10 Euro anbieten.

Das Zauberwort hierfür ist „Laserschmelzen“. Dafür interessierte sich Laufer schon 2003, als dies ein völlig neuer Ansatz war. Dessen Charme erkannte er frühzeitig und versprach sich von der werkzeuglosen Fertigung ein hohes Maß an Wirtschaftlichkeit. Zudem konnte der Auftragsdurchlauf von der Auftragsannahme bis zur Auslieferung an den Zahnarzt drastisch verkürzt werden.
Generativer Aufbau bedeutet auch weniger Nachbearbeitungsaufwand, hohe Qualität bei Präzision, Dichte und Passung, sowie höhere Gestaltungsfreiheit. Heute arbeitet Laufer mit Laser-Cusing-Anlagen des Typs Mlab cusing der Concept Laser GmbH aus Lichtenfels. Der Blick über den Tellerrand und der Mut, seine Fertigung industriell auszurichten, zahlte sich für Laufer aus.
Als Pionier für das Zahnlabor optimierte Laufer die internen Prozesse kontinuierlich. Beispielsweise stellt er heute seine Bauplatten für das Laser-Cusing selbst her. „Dies erlaubt eine Mehrwegverwendung mit bis zu 40 Einsatzzyklen.“ Ein weiterer Fortschritt ergab sich aus der Weiterentwicklung der CAMbridge-Software. Sie platziert den zu fertigenden Zahnersatz vollautomatisch, um eine höchstmögliche Packungsdichte auf der Bauplatte zu erreichen.
Die Technik sei inzwischen den Kinderschuhen entwachsen: Perspektivisch, so Laufer, arbeite die Zeit spürbar für die inzwischen ausgereifte Technik.
Die Umstellung zahlte sich für ihn aus. Bei der vollautomatischen generativen Fertigung werden durchschnittlich 80 Einheiten pro Tag zeitgleich auf einer Bauplatte gefertigt. In der Losgröße liegen die enormen Kostenvorteile des Verfahrens. Auch können die Arbeitskosten signifikant gesenkt werden: Was sechs bis sieben Zahntechniker in einer komplett konventionellen Gießfertigung leisten, erledigen nun vier Mitarbeiter mit dem generativen Metall-Laserschmelzen. Die vollautomatische Fertigung über Nacht macht das Labor zu einem geschätzten Servicepartner des Zahnarztes: Er kann vormittags einen Abdruck vom Patienten nehmen und an das Labor senden. Dort wird am gleichen Tag das Gipsmodell erstellt und eingescannt, sowie der Zahnersatz konstruiert. Gegen Ende des Arbeitstages wird der Baujob auf der Laser-Cusing-Anlage gestartet, und nach wenigen Nacharbeiten ist der Zahnersatz versandfertig oder kann bei hausinternen Arbeiten verblendet werden.
Laufer sieht aber noch zahlreiche Möglichkeiten, die Prozesskette zu verbessern. Zentraler Punkt ist das Generieren der Daten über einen „Mund-Scan“ beim Zahnarzt mit anschließendem Druck eines Kunststoffmodells. Warum, so Laufer, sollte es nicht möglich sein, das klassische Gipsmodell durch ein gedrucktes Kunststoffmodell zu ersetzen? Denn so könnte man zwei Arbeiten parallel Ausführen: den Druck des Modells zur Kontrolle der Passung und die Konstruktion des Zahnersatzes. „Dies würde den Auftragsdurchlauf nochmals um einiges beschleunigen“, so Laufer, „Morgens scannen und am nächsten Tag den Zahnersatz einpassen – ‚production-over-night‘ eben.“
Auch bei den Materialien sieht Laufer Veränderungen kommen. Statt eine metallische Basis mit Keramik zu veredeln, werden hochfeste Vollkunststofflösungen zukünftig möglich sein, deren Verarbeitung ebenso generativ über das Laserschmelzen erfolgen wird. Und Laufer scheint noch einige Ideen für die Zukunft zu haben.
Guido Radig Fachjournalist in Bergkirchen
Weitere Informationen Mit dem jüngsten Modell der Maschinenbaureihe, Mlab Cusing R, lassen sich auch Teile aus der Titanlegierung Rematitan fertigen, die für das Laser-Cusing-Verfahren zugelassen wurde. Die so gefertigten Kronen, Brücken und anderen Produkte entsprechen den Anforderungen nach dem Medizinproduktegesetz (DIN EN ISO 9693/ DIN EN ISO 22674). www.concept-laser.de

Aus Expertensicht

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Ist der generative Ansatz nicht eine kleine Revolution für die Zahntechnik?
Auf jeden Fall. Wir müssen allerdings auch die Marktstruktur der Zahntechniklabore sehen: Es gibt überwiegend sehr kleine Einheiten mit bis zu 15 Mitarbeitern, für die die Investitionskosten in eine Laser-Cusing-Anlage plus Scanner eine Hürde sein können. Große Labore, die 30 oder 50 Mitarbeiter einsetzen, werden die Investitionen leichter amortisieren können.
Rechtfertigt die Auftragszahl große Anlagen?
Ich persönlich denke eher, dass die Flexibilität durch mehrere kleine Mlab Cusing-Anlagen auf dem Niveau der heutigen Bauraumgrößen Vorteile bringt. Mit bis zu 80 Teilen auf einer Bauplatte können heute schon sehr viele Aufträge zeitgleich produziert werden. Hier scheint es bei einer Expansion vernünftig, mehrere Anlagen zu betreiben. Das ist flexibler für den Auftragsdurchlauf, begrenzt das Investitionsvolumen, und man kann den Maschinenpark stufenweise technologisch anpassen.
Wird der Markt sich zukünftig ausdünnen?
Tendenziell ja. Allerdings sind die Margen derzeit noch auskömmlich für alle Unternehmensgrößen. Die Forderung nach mehr Geschwindigkeit wird sich, dessen ungeachtet, aber fortsetzen. Für den Zahnarzt wird es zukünftig interessanter, alles aus einer Hand zu bekommen. Zudem werden wir beim Scannen des Gebisses, dem so genannten Mund-Scan, in der Zahnpraxis neue Potenziale auftun. Ziel wäre hier eine reine Datenmigration zum Labor ohne klassische Abdrücke. Dies setzt eine praxistaugliche Mund-Scan-Technologie voraus, die für die einzelne Praxis auch noch bezahlbar sein muss. Vor allem aber müssen solche Mund-Scan-Anlagen systemoffen sein. Geschlossene Lösungen einzelner Anbieter würden die Prozesskette behindern und damit in der Wahl des Servicepartners isolieren.

Ihr Stichwort
  • Generative Fertigung
  • Bauplatte in eigener Herstellung
  • Zeitersparnis und Reduktion der Personalkosten
  • Titanlegierung für Laser-Cusing
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