Startseite » Allgemein »

Viele Wege führen zur Form

Bearbeitungstechnik: Stärken und Grenzen von sechs Verfahren im Vergleich
Viele Wege führen zur Form

Innovative Fertigungsverfahren bieten dem Formenbauer neue Perspektiven. Richtig eingesetzt eröffnen sie einiges Potenzial. Aber auch die etablierten Verfahren werden immer produktiver.

Junge Fertigungsverfahren wie das Ultraschall-unterstützte Schleifen oder das Lasersintern von Metallen bieten Werkzeugbauern neue Möglichkeiten, Formen oder Formteile zu gestalten. Mit ihrer Hilfe können Special Tooler ihren Kunden zudem vielfach einen Mehrwert schaffen – etwa kürzere Taktzeiten durch effizienter gekühlte Spritzgießformen. Für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, die beispielsweise Blasformen für Infusionsflaschen, Spritzgießformen für Gehäuseteile medizinischer Geräte oder Schmiedegesenke für Skalpelle herstellen, kann das entscheidend sein. Schließlich steht die Branche nach wie vor unter einem immensen Preisdruck.

Der internationale Wettbewerb lässt heimischen Anbietern meist nur anspruchsvolle High-End-Aufträge. Das Bearbeiten von Hochleistungsmaterialien ist dabei ein wichtiges Thema. Harte und spröde Materialien wie Hartmetall, Keramiken oder Glas sind die Domäne des Ultraschall-unterstützten Schleifens. Das so genannte Ultrasonic-Verfahren erzeugt in diesen Werkstoffen komplexe dreidimensionale Formen und präzise Bohrungen ab einem Durchmesser von 0,3 mm. Die geringen Prozesskräfte sind der Grund dafür, dass die schwingenden Diamantwerkzeuge in spröden Materialien wie Glas prozesssicher Stege erzeugen, die nur 0,1 mm dick sind. Zum Bearbeiten weicher Werkstoffe wie Aluminium oder NE-Metalle, lässt sich das Ultraschallmodul über eine HSK-Schnittstelle gegen Fräser oder Bohrer austauschen. An seine Grenzen stößt das Verfahren allerdings, wenn hohe Abtragsleistungen oder scharfe Innenecken gefordert sind.
Auch das Lasersintern bietet – wie die Ultraschall-Technik mit dem Bearbeiten harter, spröder Werkstoffe – ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Anstatt Material abzutragen, baut der Laser homogene Werkstücke auf, indem er Schicht für Schicht Metallpulver partiell aufschmilzt. Verarbeiten lassen sich alle schweißbaren Werkstoffe. Der Clou: Die Bauteile können fast völlig frei gestaltet werden. Auch innen liegende Strukturen, Hinterschneidungen oder nahe an der Oberfläche verlaufende Kühlkanäle sind möglich.
Wie beim Laserauftragen werden auch beim Abtragen von Material mittels Laser die Bearbeitungsprogramme aus den CAD-Daten generiert und vom Laser direkt umgesetzt. Die Einsatzmöglichkeiten beider Laserverfahren sind jedoch stark eingeschränkt durch die geringe Arbeitsgeschwindigkeit und die begrenzte Bauteilgröße. Die Spezialität des Laserabtragens sind filigrane Formen und Strukturen in kleinen Werkstücken sowie zonale Bearbeitungen. Auch in Sachen Präzision und Oberflächengüte erreicht es keine Fräs- oder Erodierqualität.
Das traditionsreichste Fertigungsverfahren ist gleichzeitig das vielseitigste: Fräsen lassen sich Großformen ebenso wie Mikrobearbeitungen, Einzelteile ebenso wie Großserien. Offen gestaltete Tiefzieh- und Schmiedewerkzeuge, die relativ große Radien und weiche Übergänge haben, können bis zu Härten von 65 HRC komplett gefräst werden. Etwas anders sieht es bei Spritzgieß- und Druckgussformen aus. Sie haben vielfach komplexe Geometrien, filigrane Elemente und tiefe Kavitäten, die sich besser Senkerodieren lassen. Während Fräser in weichen Werkstoffen bis zum 20fachen ihres Durchmessers tief eintauchen können, erreichen sie in gehärteten Materialien bereits bei 10xD ihre Grenze. Hier bieten das Ultrasonic-Verfahren mit bis zu 30xD oder das Senkerodieren mit bis zu 70xD mehr Möglichkeiten.
Zudem macht der sehr gleichmäßige Materialabtrag die Senkerosion zum Favoriten, wenn hochwertige Sichtflächen oder natürlich anmutende Oberflächen mit sehr guter Haptik gefragt sind. Weitere Stärken des Verfahrens sind die hohe Prozesssicherheit und Präzision. High-End-Maschinen erzeugen Oberflächen mit Ra-Werten um 0,05 µm.
Vor Jahren, als sich das 5-Achsen-Hochgeschwindigkeits-Fräsen etablierte, schien die große Zeit des Senkerodierens vorbei zu sein. Inzwischen haben die Konstrukteure mit innovativer Generator- und Steuerungstechnik die Abtragsleistung und den Elektrodenverschleiß deutlich verbessert und das Verfahren so wieder ins Rennen gebracht. Bei vielen Anwendungen ist eine Kombination von Fräsen und Erodieren die wirtschaftlichste Lösung: Gefräst werden dann sämtliche Vorarbeiten bis auf ein geringes Aufmaß sowie die Grafitelektroden, die anschließend das Werkstück fertig erodieren.
Beim Schneiderodieren wirkt ein von der Rolle ablaufender Draht als Elektrode. Er schneidet komplexe 2½D-Konturen aus dem Vollen. Und zwar so präzise, dass über eine Schneidhöhe von 650 mm Toleranzen von lediglich 15 µm eingehalten werden können. Beiden Erodierverfahren gemeinsam ist, dass sie Werkstoffe beliebiger Härte bearbeiten können, vorausgesetzt sie sind elektrisch leitend.
Um das Potenzial moderner Fertigungstechnik nutzen zu können, muss der Formenbauer die Bearbeitungsaufgabe ins Zentrum seiner Überlegungen stellen. Und er muss die spezifischen Stärken und Grenzen der einzelnen Fertigungstechniken kennen und die Verfahren nach Bedarf einsetzen. Das setzt eine hohe Kompetenz von der Geschäftsleitung bis zum Werker voraus.
Weitere Informationen Aachener Werkzeug- und Formenbau, ein gemeinsames Geschäftsfeld des Werkzeugmaschinenlabors (WZL) der RWTH Aachen und des Fraunhofer IPT www.werkzeugbau-aachen.de
Innovative Generatortechnik bringt Senkerosion wieder vermehrt ins Geschäft

Ihr Stichwort
• Fräsen
• Senkerodieren
• Schneiderodieren
• Ultraschall-unterschütztes Schleifen • Laserabtragen • Lasersintern
Aktuelle Ausgabe
Titelbild medizin technik 1
Ausgabe
1.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Titelthema: PFAS

Medizintechnik ohne PFAS: Suche nach sinnvollem Ersatz

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Aktuelles Webinar

Multiphysik-Simulation

Medizintechnik: Multiphysik-Simulation

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de