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Strahlungsfrei durch die Röhre

MR-fähiger Führungsdraht: Kevlar-Faser ersetzt Metallkern
Strahlungsfrei durch die Röhre

Kardiovaskuläre Eingriffe können durch die Bildgebung von Magnetresonanztomographen (MRT) unterstützt werden. Ein neuer MR-fähiger Führungsdraht von Epflex soll das Verfahren ermöglichen. Damit entfällt die Belastung durch jodhaltige Kontrastmittel und ionisierende Strahlung.

Die Magnetresonanztomographie, kurz MRT genannt, erzeugt Bilder des menschlichen Körpers. Zur Bilderzeugung werden Magnetfelder und hochfrequente elektromagnetische Wellen genutzt. Im Gegensatz zu Röntgenstrahlen sind dabei keine gesundheitlichen Risiken bekannt. Deshalb wird dieses Verfahren bevorzugt bei Kindern eingesetzt. Doch bislang scheiterte die Bildgebung bei minimal-invasiven Eingriffen an den Metallkomponenten in Führungsdrähten, beispielsweise für den Katheter. Hilfe verspricht hier ein neu entwickelter, MR-fähiger Führungsdraht der Epflex GmbH aus Dettingen. Statt aus Metall besteht dieser Führungsdraht aus einer Kevlar-Faser, ummantelt von einer Peek-Schicht. An der schottischen University of Dundee wurden unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Melzer und Martin Rube zulassungsbegleitende Studien mit der Neuentwicklung durchgeführt. An neue Anwendungen wird derzeit geforscht.

Über sechs Jahre haben Bernhard Uihlein, geschäftsführender Gesellschafter des schwäbischen Familienunternehmens, und seine Mitarbeiter an diesem Produkt ge- arbeitet. Im Oktober 2012 haben sie die CE-Kennzeichnung für den in der Magnetresonanztomographie einsetzbaren Führungsdraht erhalten. Jetzt sucht das Unternehmen nach einem geeigneten Vertriebspartner.
Ausschlaggebend für die Lokalisierung des Führungsdrahts im Körper des Patienten sind die Beschichtungsmarker, die unter der Kunststoffschicht eingearbeitet wurden. Diese Marker bezieht Epflex von der Nano4Imaging GmbH. Das Unternehmen entwickelt Markersysteme für medizinische Geräte und Implantate, um diese fürs MRT sichtbar zu machen. „Der Vorteil dabei ist, dass minimal-invasive Eingriffe mit dem MRT verfolgt werden können“, erklärt Prof. Dr. Paul Borm, wissenschaftlicher Kopf und CSO der Aachener Ideenschmiede. „Bisher müssen dabei noch Röntgengeräte eingesetzt werden. Die neue Technologie eliminiert die Strahlenbelastung für den Patienten und Arzt.“ Dabei wird die Magnetresonanztomographie nicht nur genutzt, um die Belastung durch Röntgenstrahlen und jodhaltige Kontrastmittel zu vermeiden, sondern auch wegen der guten diagnostischen Möglichkeiten dieses Verfahrens.
Neben den herkömmlichen zweidimensionalen Bildern können damit auch dreidimensionale Bilder erzeugt werden. Anhand dieser lassen sich Gefäßverläufe in allen drei Ebenen im Raum verfolgen und ausmessen. Des Weiteren können mit dem MRT Blutflüsse in Gefäßen gemessen und durch die Ergebnisse beispielsweise Rückschlüsse auf die Funktion der Herzklappen oder auf Gefäßengen gezogen werden. Dabei macht sich das Team von Nano4Imaging die Eigenschaft von Eisenoxid-Nanopartikeln zunutze: Als Kontrastmittel verursachen diese Partikel einen deutlichen Signalabfall der kontrastierten Bereiche und erzeugen so ein schärferes Bild, da diese Bereiche auf den MRT-Aufnahmen dunkler erscheinen.
Das neue Markersystem soll es Ärzten unter anderem ermöglichen, den Weg eines Katheters durch den Körper eines Patienten im MRT zu verfolgen. Dies ist gerade für schwerkranke Patienten und vor allem für Kinder ein Vorteil, da sie nicht mit Röntgenstrahlen oder Kontrastmitteln belastet werden müssen. „Wir waren dabei, Eisenoxid-Nanopartikel für die Anwendung in der Medikamentenverabreichung und invitro-Diagnostik herzustellen, als wir die Idee hatten, medizinische Geräte mit diesen Nanopartikeln zu umhüllen“, so Prof. Borm. Auf dem MR-fähigen Führungsdraht von Epflex kommen die Marker nun zum Einsatz.
Doch bis dahin war es für die Spezialisten von Führungsdrähten aus Dettingen ein weiter Weg. Die Entwicklung eines Drahtes, der auch im MRT sichtbar ist und sich dabei nicht erhitzt, beschäftigte Bernhard Uihlein schon lange. Seine Überlegungen führten ihn zu Führungsdrähten aus Kunststoff und Faserverbundstoffen, denn der Metallersatz musste so fest sein, dass er nicht abbrechen kann, aber gleichzeitig so biegsam, dass er in die feinsten Gefäße kommt.
Carbonfasern schieden aus, da sie elektrisch leitend sind. Die Idee schließlich war ein Drahtkern aus Kevlar-Aramit-Faser. Um diesen Kern legte Epflex eine hochfeste Kunststoffhülle aus Peek. Daraus entstand ein Führungsdraht, der nicht durchbrechen kann und bei aller Biegsamkeit eine gewisse Steifigkeit aufweist, um ein sicheres Navigieren durch den Patientenkörper zu ermöglichen, erklärt Patricia Seifert, Prozessingenieurin bei Epflex. Die Chemikerin war an der Entwicklung des MR-Drahts beteiligt. „Sollte die Peek-Ummantelung dennoch brechen“, so Seifert, „hängen die gebrochenen Elemente wie eine Perlenkette an der Kevlar-Faser, und der Arzt kann den Draht problemlos entfernen, ohne dass ein Stück im Patienten zurückbleibt.“ Doch auf jeden Fall muss die Drahtspitze so flexibel sein, dass Verletzungen im Körper vermieden werden. Dazu wird der Draht aus dem Produktportfolio des Führungsdrahtspezialisten kegelförmig abgeschliffen. Dadurch erhält er seine Biegsamkeit und Flexibilität. Dabei gilt es darauf zu achten, dass die Spitze sauber abgerundet ist. Auf den abgeschliffenen Kegel am vorderen Ende werden die Markierungen gesetzt. Anschließend wird die Drahtspitze mit dem weichen Kunststoffmaterial Pebax beschichtet. Damit erhält der Draht an der Spitze den gleichen Durchmesser wie am Schaft. Um das Führen im Körper zusätzlich zu verbessern, wird der Führungsdraht abschließend mit einer hydrophilen Schicht umhüllt, was ihn in Verbindung mit Wasser extrem gleitfähig macht. Über die Markierungen aus Eisenoxid lässt sich dann erkennen, wo sich der Führungsdraht befindet.
Bislang eignet sich der neue Führungsdraht nur für kardiovaskuläre Eingriffe in größeren Gefäßen. Für Anwendungen in der Neurologie darf der Draht nur halb so dünn sein wie der jetzige“, erklärt Patricia Seifert. „Wir arbeiten weiter an noch dünneren MR-fähigen Führungsdrähten.“
Weitere Informationen Zum Führungsdrahtspezialisten: www.epflex.com Auf der Medtec Europe: Halle 3, Stand D04 Zum Entwickler der Markersysteme: www.nano4imaging

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