Selbsterkenntnis oder Selbstdarstellung?

Selten fühlt sich eine ganze Nation kollektiv so sportlich, wie zu WM-Zeiten. Und das Schöne daran: Man muss sich gar nicht selbst bewegen. Es reicht völlig, den Fernseher anzuschalten, sich mit Chips und Kaltgetränk in eine bequeme Ausgangsposition zu bringen und dann bis zum Abpfiff des Spiels die sportlichen Leistungen der Mannschaft zu kommentieren. Doch während den einen die Aufregung eines Achtelfinalspiels reicht, kommt bei den anderen beim Anblick der durchtrainierten Fußballer bisweilen doch ein bisschen Neid auf. Natürlich wissen wir alle, dass Bewegung gesund ist. Aber muss es denn gleich Sport sein?? Lieber nicht, meint ein Großteil der Deutschen. Und steht damit nach einer Umfrage des EOC EU-Büros nicht alleine: Demnach treiben 59 % der Bürger aller 28 EU-Mitgliedsstaaten nie oder nur selten Sport, was einem Anstieg von 3 % seit 2009 entspricht. Laut der Studie ist Zeitmangel eindeutig das am meisten genannte Hindernis für eine regelmäßige Sport-Aktivitäten. Gefolgt von fehlender Motivation oder fehlendem Interesse. Das wiederum können Anhänger des Self Trackings überhaupt nicht verstehen. Da wird jede Bewegung registriert, jeder Schritt gezählt. Dieses Bewusstsein für die eigene Aktivität und das Feedback über die erbrachte Leistung ist für sie Motivation, ihren Körper in Bewegung zu halten. Doch damit nicht genug: Quantified Self, eine Gemeinschaft von Anwendern und Anbietern von Lösungen zur Erfassung und Auswertung von Daten über die eigene Gesundheit, das Verhalten oder die Umwelt, glaubt daran, dass die gelieferten Daten dem Anwender die Möglichkeit bieten, sich zu reflektieren und damit bessere Entscheidungen treffen zu können. Dabei setzen die Selbstvermesser auf Selbst-Experimente, Verhaltens-Beobachtung, Lifelogging, die Erfassung biometrischer Informationen, Psychologische Tests, Dienste zur medizinischen Selbstdiagnose oder Genomsequenzierung. Ihre Daten stellen sie online, diskutieren gemeinsam im Internet oder bei Gruppentreffen über Erfahrungen und neue Tools. Jedes Detail ist wichtig, der Körper berechenbar und der Erfolg sichtbar. Dann hoffen wir mal, dass das deutsche Fußballteam ebenfalls in die Kunst des Self Trackings eingeweiht wurde. Ich wünsche uns auf jeden Fall ein geruhsames Wochenende und einen erfolgreichen Fernsehabend!