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Sechs Mythen über Blockchain und Bitcoin

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Sechs Mythen über Blockchain und Bitcoin

Sechs Mythen über Blockchain und Bitcoin
Wie jedes andere System ist auch Bitcoin nicht perfekt. Im Kontext möglicher Risiken ist häufig von einer so genannten 51-Prozent-Attacke die Rede. „Das Risiko einer 51 %-Attacke betrifft auch Blockchain- Lösungen“, ist Alexey Malanov überzeugt Bild: Fotolia/Bits and Splits
IT-Sicherheit | Alexey Malanov, Malware Expert beim IT-Security-Anbieter Kaspersky Lab, fühlt in seinem Blog sechs weit verbreiteten Mythen über Blockchain und Bitcoin auf den Zahn – und kommt zum Teil zu überraschenden Ergebnissen.

  • Mythos 1: Die Blockchain ist ein riesiger, dezentralisierter Computer.

Auf viele macht die Blockchain laut Malanov den Eindruck, es handle sich um eine Art dezentralisierter Computer, der verteilt Berechnungen ausführt. „Sie haben wahrscheinlich vermutetet, dass Knotenpunkte weltweit zu einem immer größer werdenden Ergebnis beitragen“, so der Security-Experte. „Mit dieser Vermutung liegen Sie komplett falsch“, stellt er klar. „Tatsächlich üben alle Knoten, die die Blockchain aufrechterhalten, genau das gleiche aus.“

Und das ist, was Millionen von Computern tun: Sie überprüfen dieselben Transaktionen nach Befolgung derselben Regeln und führen identische Vorgänge aus. Sie erfassen dieselben Daten zu einer Blockchain. Und sie speichern den gesamten Verlauf, der übrigens für alle gleich ist, für immer. Es gebe kein Parallelschalten, keine Synergien und gegenseitige Unterstützung. Es gebe nur instantane, millionenfache Vervielfältigung. „Eigentlich genau das Gegenteil von Effizienz – ein wichtiger Punkt, wie wir später sehen werden“, so Malanov.

  • Mythos 2: Die Blockchain ist unvergänglich. Alles was in einer Blockchain aufgenommen wird, bleibt dort für immer.

Dazu sagt Malanov: Jeder hochwertige Bitcoin-Netzwerkkunde speichert den gesamten Transaktionsverlauf. Dieser Verlauf umfasst bereits 100 GB. Das entspricht der gesamten Speicherkapazität eines günstigen Laptops oder eines fortgeschrittenen Smartphonespeichers. Je mehr Transaktionen auf dem Bitcoin-Netzwerk verarbeitet werden, desto schneller wachse auch die Größe des Verlaufs. Einer großer Teil davon hat sich über die letzten zwei Jahre angesammelt.

Das Wachstum der Blockchain von Bitcoin ist nicht das Schnellste – das Netzwerk des Konkurrenten Ethereum verfügt bereits über 200 GB Verlaufsdaten, die sich in der Blockchain angesammelt haben: und das bereits nach nur sechs Monaten aktiven Gebrauchs. Daher ist die Lebensdauer der Blockhain durch ein Jahrzehnt unter gegenwärtigen Umständen begrenzt. Das Wachstum der HDD-Kapazität hinkt definitiv hinterher.

Abgesehen von der enormen Datenmenge, die gespeichert werden muss, müssen diese Daten auch heruntergeladen werden. Jeder, der irgendwann einmal versucht habe, ein lokal gespeichertes Wallet für Kryptowährung zu nutzen, musste wahrscheinlich feststellen, dass es gar nicht möglich war, Zahlungen zu tätigen oder zu erhalten, bis der gesamte Download- und Verifizierungsprozess vervollständigt wurde – das konnte, wenn man Glück hatte, ein paar Tage dauern.

Laut Malanov könnte man sich jetzt natürlich fragen: Wenn sowieso alles das Gleiche ist, ist es doch vielleicht gar nicht notwendig, alles auf jedem Netzwerkknoten zu speichern, oder? „Natürlich, das wäre durchaus effizienter. Aber dann würde es sich hierbei erstens eher um eine traditionelle Kunden-Server-Beziehung handeln als um eine Peer-to-Peer-Blockchain. Und zweitens müssten Kunden dann den Servern vertrauen. Erinnern Sie sich daran, dass einer der Grundsteine der Blockchain ist, dass niemand seinem Gegenüber über den Weg traut“, so der Kasperksy-Experte

Seit langer Zeit gibt es zwei Gruppen von Bitcoin-Usern: die Enthusiasten, die alles downloaden und die gesamte Blockchain auf ihrem eigenen Computer speichern und gewöhnlich Leute, die Online-Wallets nutzen, dem Server vertrauen und sich gar nicht darum kümmern, wie das Ganze funktioniert.

  • Mythos 3: Die Blockchain ist effektiv und anpassbar. Konventionelles Geld wird es bald nicht mehr geben.

Hier sagt Malanov: Wenn jeder Netzwerkknoten dasselbe macht, sei die Bandbreite des gesamten Netzwerks offenbar dieselbe, wie die Bandbreite eines einzigen Netzwerkknoten. „Aber wissen Sie, was genau das ist? Das Bitcoin-Netzwerk ist dazu fähig, maximal sieben Transaktionen pro Sekunde zu verarbeiten – für die Millionen von Usern weltweit.“

Abgesehen davon, würden Bitcoin-Blockchain-Transaktionen nur ein Mal alle zehn Minuten aufgezeichnet. „Um die Zahlungssicherheit zu erhöhen ist es üblich, 50 Minuten zu warten, nachdem ein neuer Datensatz erscheint, da diese für gewöhnlich zurückrollen“, so der Experte. Aufgrund der Transaktions-Verarbeitungsgeschwindigkeit sei es nicht möglich, die Anzahl der aktiven User wesentlich zu erhöhen. Zum Vergleich: Visa verarbeitet Tausende von Transkationen pro Sekunde und kann diese Bandbreite bei Bedarf erhöhen. Klassische Bankingtechnologien sind anpassbar.

  • Mythos 4: Miner bieten Netzwerksicherheit.

Teilnehmer der Blockchain sind Miner und riesige Mining-Farmen. Blockchain-Optimisten sagen gerne, dass Miner nicht nur unnütze Vorgänge durchführen, sondern die Stabilität und Sicherheit des Bitcoin-Netzwerks beibehalten. „Das stimmt“, bestätigt Malanov, „aber das Problem ist, dass Miner den Bitcoin vor anderen Minern schützen.“

„Sie verbrauchen zwecklos eine Menge Strom, schütteln Blöcke, bis sie schön sind und so eventuell zur Blockchain hinzugefügt werden könnten“, so Malanov weiter. „Im Wesentlichen wird dies zu einem Zweck getan: um sicherzugehen, dass die Neuschreibung des Transaktionsverlaufs dieselbe Zeit benötigen würde, die gebraucht wurde, um den Originalverbrauch zu schreiben.“ Der Strom, der verbraucht wird, um das zu erreichen, ähnelt der Menge, die eine Stadt mit rund 100 000 Einwohner benötigen würde.

Wenn nur ein Tausendstel der aktuellen Anzahl von Minern existieren würde, und somit auch nur ein Tausendstel des Stromes verbraucht werden würde, würde Bitcoin genauso gut sein wie jetzt. Es würde immer noch einen Block alle 10 Minuten produziert, dieselbe Anzahl von Transkationen verarbeitet und genauso schnell gearbeitet werden.

Das Risiko einer 51-Prozent-Attacke betrifft auch Blockchain- Lösungen. Wenn jemand mehr als die Hälfte der Rechenleistung kontrolliert, die aktuell zum Mining genutzt wird, kann diese Person heimlich einen alternativen Finanzverlauf schreiben. Diese Version wird dann zur Realität. Und somit ist es möglich, dasselbe Geld mehr als nur ein Mal auszugeben. Traditionelle Zahlungssysteme sind gegen solche Attacken immun.

  • Mythos 5: Die Blockchain ist dezentralisiert und deshalb auch unzerstörbar.

Es scheint, dass wenn eine Blockchain auf jedem Netzwerkknoten gespeichert wird, weder spezielle Dienste noch Autoritäten Bitcoin nach Lust und Laune „schließen“ können, da es keinen zentralen Server oder Ähnliches gibt – es gibt niemanden, zu dem sie gehen können, wenn das Ganze ein Ende nehmen sollte. Das ist aber wahrscheinlich sowieso nur reinste Vorstellung.

Tatsächlich werden alle „unabhängigen“ Miner in einem Pool verschmolzen. Sie müssen das deshalb tun, da es vorteilhafter ist ein geringes aber dafür stabiles Einkommen zu haben, als alle tausend Jahre eine riesige Auszahlung zu erhalten (und nicht mal das sei garantiert, wenn Sie alleine auf weiter Flur sind).

Die Bedrohung ist allerdings ernster als das, so Malanov, da sich die Mehrheit der Pools, und somit auch ihre Rechenleistung, innerhalb des Landes befinden, was es um einiges einfacher macht, sie zu erfassen und Kontrolle über Bitcoin zu erlangen.

  • Mythos 6: Der anonyme und offene Charakter der Blockchain ist eine gute Sache.

Malanov schreibt in seinem Blog: „Blockchain ist öffentlich und jeder hat einen Einblick in alles. Deshalb besitzt Blockchain keine wirkliche Anonymität. Stattdessen bietet Blockchain Pseudoanonymität.“ Abgesehen von den ernsthaften Problemen, die unehrliche User damit haben, sei Pseudoanonymität auch schlecht für ehrliche User. Er nennt ein einfaches Beispiel: Er überweist seiner Mutter ein paar Bitcoins. Und sie kann herausfinden, über wie viel Geld ihr Sohn zu jeder Zeit verfügt und wie viel er ausgegeben hat und, viel wichtiger, wofür er es ausgegeben hat.

„Alternativ könnte ich meinem Freund, dem ich das geliehene Geld für eine Limonade zurückgeben möchte, Einblick in meine Finanzen geben“, schreibt er weiter. „Und das ist kein Pappenstiel: Würden Sie den Finanzverlauf Ihrer Kreditkarte jedem zeigen, den Sie kennen? Denken Sie daran, dass davon nicht nur vergangene, sondern auch zukünftige Transaktionen betroffen sind.“

Einige Enthüllungen könnten für manche tolerabel sein, aber für Unternehmen ist das tödlich. All Ihre Vertragspartner, Verkäufe, Kunden, Kontenbeträge und jedes andere noch so kleinste Detail würden öffentlich werden. Malanov kommt daher zum Schluss: „Finanzielle Transparenz ist vermutlich einer der größten Nachteile beim Gebrauch des Bitcoin.“

www.kaspersky.de/blog/author/alexeymalanov/

Weitere Informationen:

In der Februar-Ausgabe 2018 berichtet medizin&technik im Titelthema über Möglichkeiten und Grenzen der Blockchain im Gesundheitswesen.

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