Wie muss man sein, damit man im Dienst der Wissenschaft um die Welt reisen darf? Wer das richtige Format hat, darf beinahe alles: Zum Beispiel im Spezialflugzeug mit Hightech-Geräten an den Südpol fliegen. Er wird eingeladen, im kanadischen Snolab zwei Kilometer unter die Erde abzutauchen und bekommt die Gelegenheit, die Schwerelosigkeit im Parabelflug über dem Golf von Mexiko zu testen. Verlockender Job, oder?
Was man dafür tun muss? Die wichtigste Voraussetzung ist die internationale Reisebereitschaft. Und Toleranz gegenüber der Veröffentlichung persönlicher Daten (die haben wir neuerdings ja sowieso schon). Hier ging es, genauer gesagt, um die Bekanntgabe des Körpergewichtes am jeweiligen Einsatzort.
Überlegen Sie gerade, ob Sie die Qualifikation haben, um sich auf so einen VIP-Job zu bewerben? Tut mir leid, Sie hätten von Anfang an nicht die geringste Chance gehabt. Denn der Held der Geschichte ist vor allem eins: klein. Genauer gesagt, ist der optimale Bewerber für die beschriebenen Abenteuer ein Gartenzwerg mit blauer Kopfbedeckung.
Das klassische Berufsbild des Bergbau-Fachmannes, der mit sechs Kollegen in der WG lebt und sich eine Haushälterin königlicher Abstammung leistet, ist damit endgültig veraltet. Der moderne Vertreter seiner Art ist im Namen des Kern unterwegs: Denn der Präzisionswaagenhersteller Kern aus dem baden-württembergischen Balingen hat sich das Zwergen-Experiment, von dem hier die Rede ist, ausgedacht: Im Kombi-Paket mit einer kalibrierten Waage flog der Gnom von Attraktion zu Attraktion und wurde von Forschern an den unterschiedlichsten Orten der Welt höchst genau gewogen.
Die vom Breitengrad und der Höhe über dem Meer abhängigen Ergebnisse haben die Balinger auf einer Website zusammengefasst. Zukünftig müssen also Generationen von Schülern ihrem Physiklehrer die wechselnden Einflüsse der Schwerkraft nicht mehr nur glauben, sondern können die Behauptungen der Lehrkraft am konkreten Beispiel im Internet überprüfen.
Auf seiner Tour hat der weitgereiste Zwergdie Labors am Teilchenbeschleuniger CERN besucht und Journalisten dabei mehr begeistert als die spannendsten physikalischen Hightech-Experimente. Er war zwei Jahre lang so gefragt, dass er längst nicht allen Einladungen zum Wiegen nachkommen konnte. Er war ein Ereignis und bekam sogar einen Schal gestrickt: „Mehr als 355 Millionen Menschen in 152 Ländern verfolgten die Reise des kleinen Mannes mit der blauen Mütze“, heißt es in der aktuellen Pressemitteilung zum Gartenzwerg-Experiment. Sie hätten natürlich auch einen metallischen Probekörper in den Spezialkoffer legen können, sagen die Balinger, aber wessen Phantasie hätte das angeregt, wo wäre da die Kreativität geblieben?
Recht haben sie, und ihr bekanntester Botschafter darf ab nächsten Dienstag sogar ins Kölner Wissenschafts- und Abenteuermuseum Odysseum. Sein Tagebuch und die im Verlauf der Reise entstandenen Videos sind natürlich im Internet verfügbar.
Was soll man da sagen: Hut – oder besser Zipfelmütze ab, wenn das keine coole Idee ist, sein Produkt und die Firma bekannt zu machen, sogar hinter den sieben Bergen!
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