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Risikoanalyse wird bald obligatorisch

Richtlinie 2007/47/EG: Eigenständige Software gilt als Medizinprodukt
Risikoanalyse wird bald obligatorisch

Die Entwicklung medizinischer Software unterliegt künftig deutlich strengeren Anforderungen. Hersteller GE Healthcare hat seine Programme aber bereits Ende 2007 als Medizinprodukt klassifiziert und sorgt so für Investitionssicherheit.

Mit der Richtlinie 2007/47/EG vom 5. September 2007 wird die so genannte Medizinprodukterichtlinie 93/42/EWG an einer entscheidenden Stelle geändert. In Anhang IX wurde unter der Definition eines aktiven Medizinprodukts der folgende Satz angehängt: „Eigenständige Software gilt als aktives Medizinprodukt.“ Die Umsetzung in das Medizinproduktegesetz (MPG) sollte zwar schon letztes Jahr erfolgen, bislang liegt aber nur ein Entwurf vor. Bis 21. März 2010 sollen die geänderten Regelungen nun in Kraft treten.

„Ob Software künftig als Medizinprodukt einzuordnen ist oder nicht, hängt aber nach wie vor vom Einzelfall ab“, erläutert Rechtsanwalt Dr. Florian Meyer von der Bruggmann Meyer Rechtsanwälte Partnerschaft in München. Die unter anderem auf das Gesundheitsrecht spezialisierte Kanzlei betreibt auch das Newsportal juravendis.de. „Mit der Änderung des MPG wird die Rechtslage für Inverkehrbringer medizinischer Software in diesem Punkt nicht wesentlich erschwert“, so Meyer weiter. Bisher gelte Software nur als Zubehör eines Medizinproduktes, jedoch werde Zubehör selbst als Medizinprodukt behandelt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 MPG). „Durch die Richtlinie erfolgt somit lediglich eine Klarstellung, dass Software ein Medizinprodukt ist und vor allem, dass Software für allgemeine Zwecke dies nicht ist.“ Folgende Beispiele erläuterten das:
  • Ein reines System zum Sammeln und Managen von Patientendaten ist kein Medizinprodukt. Dient die Software aber dazu, die Daten auszuwerten und eine Diagnose zu ermöglichen, handelt es sich um ein Medizinprodukt.
  • Software zur Weiterleitung von Messwerten und Alarmmeldungen ist ein Medizinprodukt, ebenso Software zur Verarbeitung von Patientenbilddaten oder Steuerungssoftware für OP-Geräte.
„Die Klarstellung kommt Herstellern medizinischer und allgemeiner Software eher zu Gute, als dass sie eine Last ist“, fährt der Rechtsanwalt fort. Für Erstere könne Software nun losgelöst von einem Medizinprodukt vermarktet werden – werbewirksam mit allen Qualitätsvorzügen zertifizierter Medizinprodukte –, Letztere könnten sich in Streitfällen darauf berufen, dass man nicht unter das MPG falle.
„Verglichen mit der alten Rechtslage kommt als Belastung aber hinzu, dass nun die Validierung von Software in Übereinstimmung mit dem Stand der Technik zu den grundlegenden Anforderungen gehört“, ergänzt Meyer und verweist auf den Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2007/47/EG, Anhang I Nr. 1 c: „Bei Geräten, die Software enthalten oder bei denen es sich um medizinische Software an sich handelt, muss die Software entsprechend dem Stand der Technik validiert werden, wobei die Grundsätze des Software-Lebenszyklus, des Risikomanagements, der Validierung und Verifizierung zu berücksichtigen sind.“
Verglichen mit nichtmedizinischen IT-Anwendungen würden damit wesentlich strengere Anforderungen an den Test der Software gestellt, bestätigt auch Andreas Welz, Engineering Manager bei GE Healthcare IT in Dornstadt. Allein für das letzte Produktrelease habe man über 3000 Seiten Test-Dokumentation erstellt. Bei GE Healthcare IT fallen künftig klinische Informations-Systeme, etwa für die Anästhesie (Centricity Anesthesia) oder Intensivmedizin (Centricity Critical Care) unter die neue Regelung; bereits Ende 2007 wurden die Lösungen aber schon als Medizinprodukte klassifiziert.
Ein wesentlicher Unterschied sei der Zwang, eine Risikoabschätzung bezüglich aller möglichen Gefahrenpotenziale der Software und ihrer Umgebung durchzuführen, so Welz weiter. „Auch bezüglich der Distribution und Installation der Produkte sowie der Kontrolle von kritischen Vorfällen beim Kunden, sind rigide Vorgaben einzuhalten.“ Zugute kommt den Dornstädtern dabei ihre Erfahrung im Bereich der Medizingeräte. „Unser Qualitätssystem ist prinzipiell schon auf die Herstellung von Medizinprodukten ausgelegt“, erläutert Welz. Vorsorglich habe man es aber im Bereich der klinischen Informationssysteme nach ISO 13485 zertifizieren lassen – was die Basisprozesse sicherstellt, um medizinische Geräte zu entwickeln. „Dass wir unsere Softwarelösungen als Medizinprodukte klassifiziert haben, sehen wir als positives Signal für unsere Kunden“, betont Welz. So ließen sich beispielsweise menschliche Fehler bei der Pflege-Dokumentation vermeiden – die Patientenversorgung werde qualitativ besser. Zudem könne der Kunde sicher sein, investitionssichere Software zu bekommen.
Michael Corban Fachjournalist in Nufringen

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