Die Medizintechnikbranche boomt, doch der drohende Fachkräftemangel ist absehbar. Die Suche nach dem perfekten Mitarbeiter wird durch anspruchsvollere Suchprofile und eine konkurierende Nachfrage aus der Zulieferindustrie erschwert. Zeit für die Unternehmen, ihre Strategie zu wechseln.
Seit dem 1. Mai haben die Staatsbürger Estlands, Lettlands, Litauens, Polens, der Slowakei, Sloweniens, der Tschechischen Republik und Ungarns freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt. Dabei sind der Ausstieg aus Erwerbslosigkeit und bessere Verdienstmöglichkeiten wichtige Anreize für einen Wechsel zum deutschen Arbeitgeber – für Unternehmen aller Branchen eine Chance, neue, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.
Die Medizintechnologie steht allein in Deutschland für über 170 000 Arbeitsplätze und bietet Schulabgängern und Absolventen beste Chancen – dennoch werden auch hier in den kommenden 15 Jahren viele Arbeitsstellen unbesetzt bleiben. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverband BVMed im aktuellen Branchenreport. Gesucht werden neben Medizintechnikern auch Elektro- und Mikrotechniker und Mechatroniker. Aber auch Verfahrenstechniker und Wirtschaftsingenieure stehen oben auf der Wunschkandidatenliste. Rund 96 % der befragten Unternehmen hätten derzeit offene Stellen zu besetzen. Gründe für den Fachkräftemangel, der nicht nur der Medizintechnik Sorge bereitet, sieht der BVMed im demographischen Wandel sowie in der mitunter mangelhaften Ausbildungsreife der Schulabgänger. Erschwerend kommt ein Wandel der Suchprofile und die hohe Nachfrage aus der Zulieferindustrie hinzu.
„Die Suchprofile der Branche haben sich in den letzten Jahren – auch verstärkt durch die Wirtschaftskrise – verändert“, weiß auch Kerstin Roubin, Director CEE Life Sciences bei der Boyden Global Executive Search GmbH in Wien, die Unternehmen bei der Suche nach dem geeigneten Mitarbeiter unterstützt. Gesucht werden international ausgebildete und projekterfahrene Techniker. Aber auch das Innovationspotenzial eines Bewerbers, seine Kunden-, Markt- und Wettbewerbsorientierung sind gefragt. Ebenso dringend werden Techniker mit betriebswirtschaftlichen Qualifikationen und einem erhöhten Kostenbewusstsein benötigt. „Persönlich ist der ideale Kandidat pro-aktiv, ergebnisorientiert, hat eine ausgeprägte interkulturelle Kompetenz und ist bestrebt, technische Maßstäbe zu setzen“, so Roubin.
Hohe Anforderungen an den potenziellen neuen Mitarbeiter. Die Suche nach ihm ist nicht immer einfach. Strukturell wird das Problem schon in Angriff genommen. Industrieverbände und politische Institutionen versuchen, die Technikbegeisterung schon in der Schule zu steigern sowie durch Stipendien und duale Studiengänge die Absolventenzahl zu erhöhen.
Unternehmen brauchen aber heute schon technische Kompetenz und müssen mit gezielten Strategien den Bewerbermarkt bearbeiten. Denn nicht nur das Image und Rankings bei Umfragen zu „Best place to work“ spielen beim Wechsel zum neuen Arbeitgeber eine Rolle. Technische Fachkräfte interessieren sich zunehmend für Produktkomplexität und Innovationskraft eines Unternehmens. Recruiting-Spezialistin Roubin rät: „Unternehmen sollen sich verstärkt auf Fachmessen, Kongressen und auch Karrieremessen von Alumni-Veranstaltungen als attraktiver Arbeitgeber präsentieren“. Die Vergabe von Praktikumsplätzen und Diplomarbeiten und die Förderung von Studiengängen schaffen einen weiteren qualitativen Wettbewerbsvorteil.
Susanne Schwab susanne.schwab@konradin.de
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