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Ordnung und kleine Poren

Implantate: Feine Fäden lenken Gewebereaktion in die gewünschte Richtung
Ordnung und kleine Poren

Kleine röhrenartige Strukturen lassen sich mit dem Melt Electrospinning Writing erzeugen. Menschliches Gewebe reagiert darauf sehr positiv, was den Einsatz der biokompatiblen Fäden auf Implantaten interessant macht.

Jedes künstliche Material, das in einen menschlichen Körper eingesetzt wird, versetzt zunächst das Immunsystem in Alarmbereitschaft. Es kommt zu einer Entzündungsreaktion, die entweder bald abklingt oder so heftig verläuft, dass der Körper den Fremdkörper abstößt – was für ein Implantat bedeutet, dass es so schnell wie möglich wieder entfernt werden muss. Ähnlich unerwünscht ist der Effekt, dass das Gewebe das fremde Material mit einer Bindegewebskapsel umhüllt. Gesucht wird hingegen Material, das vom Körper nicht nur toleriert wird, sondern auf dem sich körpereigene Zellen ansiedeln, so dass neues Gewebe entsteht.

Entsprechende Versuche haben Würzburger Forscher mit Netzen aus feinsten Fäden biokompatibler Polymere angestellt und diese wie Implantate ins Gewebe eingebracht. Die unerwünschten Reaktionen des Immunsystems konnten sie damit nicht vollständig unterdrücken. Neueste Forschungsergebnisse legen aber den Schluss nahe, dass die Reaktion des Körpers nicht nur davon abhängt, mit welchem Material das Gewebe in Berührung kommt. Wichtig sind anscheinend auch dessen Gestalt und Geometrie.
Hochgeordnete Strukturen mit Poren, die zwischen 30 und 60 µm groß sind, rufen demnach seltener eine starke Entzündungsreaktion und Kapselbildung hervor. Im Gegenteil: Die für Entzündungsreaktionen maßgeblichen Immunzellen, die so genannten Makrophagen, geben sogar beruhigende Signale, wenn solche Strukturen ins Spiel kommen. Der Körper startet einen Heilungsprozess, und neue Blutgefäße wachsen in das Implantat hinein. Die Ursache für diese Reaktion ist noch nicht bekannt.
Hergestellt werden Netze mit den interessanten Strukturen über das Melt Electrospinning Writing – kurz MEW. Wie bei einem Tintenstrahldrucker wird eine Polymerschmelze durch eine Düse auf einem Träger verteilt. Zwischen der extrem feinen Düse und einer gegenüberliegenden Elektrode liegt eine hohe Spannung, die die Schmelze zu einem feinen Strahl dehnt. Da sich der Tisch, auf dem der Strahl landet, computergesteuert bewegt, lässt sich jedes gewünschte Muster zeichnen – sogar kleine, röhrenartige Strukturen, die in der Gefäßchirurgie von Interesse sein könnten. Auf die Oberfläche werden Substanzen aufgetragen, die im Körper gezielt Zellen – beispielsweise Stammzellen – anlocken und ihnen Anker zum Andocken bieten. So wächst neues Gewebe heran, während das Implantat nach und nach abgebaut wird.
Die in den Tests verwendeten Polymere sind abbaubar und für die Medizin zugelassen. Einer klinischen Verwendung steht von dieser Seite nichts im Weg. Solche Strukturen könnten die Oberfläche eines jeden Implantats überziehen und die Abstoßungsreaktion möglicherweise verhindern. Auch der Einsatz als Herniennetz ist denkbar.
Weitere Informationen Die Arbeit der Würzburger Gruppe wurde mit einem EU-Forschungspreis ausgezeichnet. In den kommenden fünf Jahren stehen rund 2 Mio. Euro zur Verfügung, um zu erforschen, ob die feinen Gewebe den hohen Erwartungen entsprechen können. www.fmz.uni-wuerzburg.de
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