Startseite » Allgemein »

Oberfläche nach Maß

Strahltechnik: Implantate und Instrumente mit dem richtigen Verfahren bearbeiten
Oberfläche nach Maß

Was haben Zahnimplantat und künstliches Gelenk gemeinsam? Beide Produkte werden mithilfe der Strahltechnik bearbeitet, damit sie die gewünschten Oberflächeneigenschaften aufweisen. Das Verfahren dient zum Aufrauen, Verfeinern, Egalisieren, Mattieren, Entgraten, Satinieren, Finishen und Reinigen.

Was die Strahltechnik zu leisten vermag, verdeutlicht ein Beispiel aus dem OP-Bereich: Skalpelle, Zangen, Scheren, Sägen und Endoskope sollen matte Oberflächen aufweisen, damit sich darauf keine Leuchten spiegeln und das OP-Personal blenden. Und wie gut ein OP-Besteck in der Hand liegt, hängt nicht nur von der Formgebung, sondern auch von der Oberflächenbeschaffenheit ab. Sogar Anhaftungseigenschaften lassen sich durch die geeignete Bearbeitung der Oberfläche gestalten. Mit Mattieren und Aufrauen durch Strahltechnikanlagen werden die gewünschten Oberflächeneigenschaften erzielt.

Das Prinzip einer Strahlanlage ist einfach: Ein Strahlmittel trifft mit hoher Geschwindigkeit auf das Werkstück auf und bearbeitet seine Oberfläche. Kompliziert ist es hingegen, Anlagen zu bauen, die den erforderlichen Durchsatz erreichen und für die gewünschten Eigenschaften der Werkstückoberfläche sorgen. Jürgen Bächle, Geschäftsführer der Sigg Strahltechnik, einem Hersteller von Strahlanlagen aus dem südbadischen Jestetten, weiß, wovon er spricht: „Wir befassen uns seit rund 60 Jahren mit vielen Facetten der Strahltechnik. Nach anfänglichem Zögern nimmt diese Bearbeitungstechnik in der Fertigung von medizintechnischen Produkten einen immer größeren Stellenwert ein. Alternativen wie manuelles Entgraten und Polieren sind zu personalintensiv und erzielen nicht die geforderten reproduzierbaren Ergebnisse.“
Bei automatisierten Anlagen kommt neben Vorteilen wie reproduzierbaren Ergebnissen und kostengünstigem Einsatz noch die einfache Dokumentation der Fertigungsprozesse hinzu. Diese ist besonders bei der Herstellung von Implantaten wichtig, bei der sich mithilfe der Strahltechnik bestimmte Eigenschaften der Implantate realisieren lassen.
Die medizinische Praxis zeigt, dass aufgeraute Oberflächen erwünschte Gewebereaktionen hervorrufen können: So wachsen gestrahlte Schäfte von Gelenkimplantaten besser in das umliegende Körpergewebe ein. Gleiches beobachtet man bei Zahnimplantaten und Stents. Die Hersteller verwenden dafür verschiedene Strahlmittel und Strahlverfahren, wobei die Prozessparameter ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis bleiben. Bei den Verfahren stehen das Nass- sowie das Trockenstrahlen zur Verfügung. „Wir beherrschen alle gängigen Verfahren und bedienen den Markt mit standardisierten Anlagen und maßgeschneiderten Sonderanlagen“, erklärt Bächle.
Da in der Medizintechnik höchste Qualität gefragt ist, drohen bei Anlagenfehlern oder mangelhaften Strahlmitteln hohe Schadenersatzforderungen. Aus diesem Grund setzt Sigg Strahltechnik auf Qualität mit dem Label „Made in Germany“. Auch bei den Strahlmitteln ist Qualität gefragt. In diesem Zusammenhang warnt Bächle vor der minderen Qualität der Billigangebote: „Am Markt werden derzeit sehr günstige Glasperlen angeboten. Dabei handelt es sich meist um Perlen in zweiter und dritter Qualität, mit denen sich keine reproduzierbaren Bearbeitungsergebnisse erzielen lassen.“
Das Unternehmen gilt in der Branche als kompetenter Ansprechpartner, wenn es um Strahlanlagen, Gleitschliffvibratoren, Staubabscheider und Strahlmittel geht. Das Spektrum umfasst Handkabinen für geringe Stückzahlen, Muldenband- und Drehkorbanlagen für die Oberflächenbehandlung von Schüttgut, Karussell- und Durchlaufanlagen für automatisiertes Strahlen sowie Sonderanlagen für Kunden, die außerordentliche Anforderungen an Leistung, Funktion oder Ausstattung stellen.
Kleine Handkabinen passen für die manuelle Oberflächenaufbereitung kleinerer Gegenstände in geringen Stückzahlen. Für große und schwere Teile eignen sich Handkabinen, die als Injektor-Strahlanlagen in den Breiten von 600 bis 2000 mm und als Druckstrahlanlagen in den Breiten von 800 bis 2000 mm erhältlich sind. Muldenbandanlagen sind für die Oberflächenbehandlung von Werkstücken optimiert, die als Schüttgut gehandhabt werden können. Ein renommierter Hersteller nutzt eine große Muldenbandanlage von Sigg Strahltechnik zum automatischen Aufrauen von Hüftgelenken.
Bei großen Stückzahlen gleicher Teile sind Karussell-Strahlanlagen die richtige Wahl. Konzipiert für das automatisierte Strahlen punkten sie mit einer gleichbleibend hohen Qualität. Das wichtigste Element der Karussellanlagen sind der sich drehende Schalttisch und die aufgesetzten Satellitenteller, die sich ebenfalls drehen. Die zu strahlenden Teile befinden sich auf den Satellitentellern. Durch die stufenlos einstellbare Drehbewegung wird eine gleichmäßige Bearbeitung sichergestellt. Bei Anlagen für größere Werkstücke wird eine Hubbewegung hinzugefügt, um eine schöne gleichmäßige Oberfläche über das gesamte Werkstück zu erzielen. Die erfolgreiche Anwendung der Strahltechnik setzt viel Know-how voraus. Im Testlabor werden abhängig von den gewünschten Oberflächeneigenschaft und der Anlage das richtige Strahlmittel, seine Körnung und Prozessparameter wie Strahlmitteldruck, Abstand zwischen Strahlpistole und Werkstück und die Dauer der Bearbeitungszeit ermittelt. „Medizingerätehersteller können mit Musterteilen zum Probestrahlen ins Testlabor kommen und direkt vor Ort die Ergebnisse beurteilen“, erklärt Jürgen Bächle.
Ilona Krämer Fachjournalistin in Lenggries

Welches Strahlmittel?
Die Wahl des richtigen Strahlmittels spielt eine wichtige Rolle: Jedes Strahlmittel hat spezifische Eigenschaften, die es für bestimmte Anwendungen besonders geeignet macht. Mit Glasperlen steht ein Feinstrahlmittel zum Erzielen hochfeiner, reiner Oberflächen zur Verfügung – perfekt zum Mattieren von medizinischen Instrumenten. Auch als Vorbehandlung zum Verchromen und Eloxieren sind sie geeignet. Alle Glasstrahlmittel von Sigg Strahltechnik sind silikonfrei, da selbst kleinste Bestandteile das Eloxieren, Verchromen und Lackieren von gestrahlten Oberflächen verhindern. Zur Oberflächenveredelung von Teilen aus Edelstahl und Aluminium werden in der Medizintechnik oft Keramikperlen verwendet. Die mikromechanische Verankerung zwischen Implantat und Knochen wird beispielsweise durch Korundstrahlen erleichtert.

Ihr Stichwort
Aktuelle Ausgabe
Titelbild medizin technik 1
Ausgabe
1.2024
LESEN
ABO
Newsletter

Jetzt unseren Newsletter abonnieren

Titelthema: PFAS

Medizintechnik ohne PFAS: Suche nach sinnvollem Ersatz

Alle Webinare & Webcasts

Webinare aller unserer Industrieseiten

Aktuelles Webinar

Multiphysik-Simulation

Medizintechnik: Multiphysik-Simulation

Whitepaper

Whitepaper aller unserer Industrieseiten


Industrie.de Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der Industrie.de Infoservice?
Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Verlag Robert Kohlhammer GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum Industrie.de Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des Industrie.de Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de