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Neue Richtlinie nicht erwünscht

Medizinprodukterichtlinie: Verbände äußern Einwände gegen Änderungsbestrebungen der EU
Neue Richtlinie nicht erwünscht

Neue Richtlinie nicht erwünscht
Sollen aktive implantierbare Medizinprodukte wie dieser Defibrillator zukünftig von einer zentralen europäischen Behörde bewertet werden? Die Verbände äußern Kritik an diesem Vorschlag Bild: BVMed/Biotronic
Solange die durch die Europäische Richtlinie 2007/47/EC geforderten Änderungen in den nationalen Gesetzen nicht umgesetzt sind, sieht die Industrie keinen Bedarf für weitere Neuerungen. Nicht alle Vorschläge werden jedoch abgelehnt.

Von Mai bis Juli 2008 lief eine öffentlich Anhörung, bei der die Europäische Kommission mögliche Änderungen an der Europäischen Medizinprodukterichtlinie zur Debatte gestellt hatte. „Mein Kenntnisstand ist, dass sehr viele Antworten zu diesem Thema bei der Kommission eingegangen sind“, sagt Dr. Dirk Wetzel, Leiter der Abteilung Medizinprodukte beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn. Diese Menge an Rückmeldungen – von denen auch viele kritische Äußerungen enthielten – würden derzeit von den Fachleuten geordnet, und auch der Prozess der Gewichtung von Einzelmeinungen und Stellungnahmen von Verbänden laufe gerade. Eine Veröffentlichung der Auswertung ist laut Wetzel für September geplant.

Der Ansatz der Europäischen Kommission, schon jetzt über mögliche Änderungen an der Europäischen Medizinprodukterichtlinie nachzudenken, stieß bei den deutschen und internationalen Verbänden auf wenig Gegenliebe. Seitens des in Brüssel ansässigen Verbandes Eucomed war zu lesen, dass die Industrie davon überzeugt sei, dass es keine belegbare Rechtfertigung für neuerliche Änderungen gebe. Bislang sei nicht einmal die Europäische Richtlinie 2007/47/EC in nationales Recht umgesetzt.
Der Berliner Bundesverband Medizintechnologie e. V. (BVMed) betont, dass sich die aktuellen Richtlinien bewährt hätten, die im Rahmen der Neuen Konzeption Anfang der 90er-Jahre erarbeitet worden seien. „Die EU-Kommission sollte die positiven Auswirkungen der bereits eingeleiteten Neuregelungen in Ruhe abwarten“, hieß es vom BVMed.
Im Rahmen der öffentlichen Anhörung hat der Verband seine Stellungnahme abgegeben und hervorgehoben, dass man zunächst abwarten solle, was die Umsetzung der Richtlinie 2007/47/EG mit ihren verschärften Anforderungen bringe. Die von der Kommission vorgeschlagene Doppelprüfung von Hochrisiko-Produkten – wovon Klasse-III-Produkte und aktive Implantate betroffen wären – lehnt der BVMed als „unnötig“ ab. Im Rahmen der Anhörung war der Vorschlag gemacht worden, dass solche Produkte auch von der Europäischen Arzneimittelagentur geprüft werden sollten. Deren Zuständigkeit müsste dafür von den Arzneimitteln auf den Bereich der Medizinprodukte ausgedehnt werden.
Die in der Anhörung aufgeworfene Frage nach mehr Transparenz bezüglich der vielen Medizinprodukte, die in Europa auf dem Markt sind, ließe sich nach Auskunft der Berliner dadurch beantworten, dass die Global Medical Device Nomenclature (GMDN) kostenlos zur Verfügung gestellt würde. Diese Nomenklatur wird gebraucht, um die gesetzlichen Anzeigepflichten zu erfüllen. Nur durch eine kostenlose Verfügbarkeit der Informationen könne die europäische Medizinprodukte-Datenbank funktionieren und effizient arbeiten.
Auch der Berliner Industrieverband Spectaris, der die Hersteller optischer, medizinischer und mechatronischer Technologien vertritt, sieht eine weitere mögliche Neufassung der Medizinprodukte-Richtlinie kritisch und empfahl eine abwartende Haltung – zumindest solange, bis die bisher beschlossenen Änderungen in nationales Recht umgesetzt sind.
Die Frist dafür ist der 21. Dezember 2008. Nach der bis dahin umzusetzenden Richtlinie 2007/47/EC werde es eine Klarstellung im §9 MPG geben, erläuterte Wilfried Reischl, Leiter des Referates Medizinprodukte am Bundesgesundheitsministerium, bei einer Tagung: Demnach soll die Bedeutung der CE-Kennzeichnung von Medizinprodukten nicht durch zusätzliche Zeichen beeinträchtigt werden. Weitere anstehende Änderungen beträfen die klinische Bewertung sowie die Leistungsbewertung von Medizinprodukten. Da hier bisher Unterschiede zum Arzneitmittelrecht vorlägen, sei der politische Druck groß, zu Verbesserungen zu kommen. Bei klinischen Prüfungen werde unter anderem diskutiert, ob hierfür eine behördliche Genehmigung erforderlich sei.
Die von der EU-Kommission zur Diskussion gestellte zentralisierte Stelle für die Bewertung von Medizinprodukten der höchsten Risikoklasse lehnt auch der Verband Spectaris ab. Eine Zusammenlegung der Richtlinie über Medizinprodukte und der Richtlinie über aktive implantierbare Medizinprodukte wird jedoch befürwortet. Dieser Vorschlag der Kommission könnte den bisherigen Rechtsrahmen übersichtlicher machen. op
Weitere Informationen Internetseite der Europäischen Kommission http://ec.europa.eu/enterprise/ medical_devices Bei der BVMed-Sonderveranstaltung „Das MPG in der praktischen Umsetzung“ am 11.11.2008 werden die neuen Vorschläge ein Schwerpunktthema sein. www.bvmed.de (Veranstaltungen)

Zur Anhörung
Bis Anfang Juli 2008 gab eine öffentliche Umfrage der Europäischen Kommission den Fachleuten aus der Medizintechnik-Branche die Gelegenheit, sich zu Änderungsvorschlägen zu äußern, die die Europäische Medizinprodukterichtlinie verbessern könnten.
Bei der Umfrage ging es darum, „Schwachpunkte“ des bestehenden Rechtsrahmens einzuschätzen, die beispielsweise die benannten Stellen betreffen. Durch die gestiegene Zahl der Mitgliedsländer sei die Zahl dieser Anlaufstellen auf 80 gestiegen, und die Forderung nach einer einheitlichen Benennung und Überwachung dieser Stellen wurde zur Diskussion gestellt.
Verbesserungsbedarf vermutet die Kommission auch für die Medizinprodukte-Vigilanz – eine gemeinsame Reaktion auf dem gesamten Markt der EU solle gegebenenfalls durch strengere Bestimmungen gewährleistet werden. Dafür seien unter anderem klarere und strengere Vorschriften zur Marktüberwachung denkbar.
Darüber hinaus berührte die Umfrage die Bewertung neuer Technologien, die stärkere Anpassung der europäischen Richtlinie an die internationalen Gegebenheiten sowie eine Vereinfachung und Harmonisierung des Rechtsrahmens, der derzeit auf drei Hauptrichtlinien und sechs Richtlinien mit Änderungen oder Durchführungsvorschriften basiere.
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