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Mit chirurgischer Präzision

Lasertechnologie: Schrittmacher in Medizin und Materialbearbeitung
Mit chirurgischer Präzision

Flexibel und präzise: Der Laser spielt eine immer wichtigere Rolle – in der medizinischen Anwendung genauso wie in der Materialbearbeitung. Und die Möglichkeiten dieser Technologie sind noch lange nicht ausgereizt.

Ein Laserverfahren, mit dem DNA schonend und weitgehend zerstörungsfrei in Zellen eingebracht werden kann, haben Forscher vom Laser Zentrum Hannover e. V. (LZH) entwickelt. Für die Geschäftsidee „Light & DNA“ wurden Dipl.-Phys. Judith Baumgart und Prof. Dr. Alexander Heisterkamp jetzt mit dem Wissenschaftspreis des Ideenwettbewerbs Startup-Impuls von Hannoverimpuls und der Sparkasse Hannover ausgezeichnet. „Langfristig wollen wir mit diesem Verfahren erreichen, beispielsweise bei Alzheimer- oder Parkinson-Patienten DNA direkt in die lebende Zelle zu injizieren“, erklärt Judith Baumgart, „um so die Symptome der Erkrankung zu lindern oder den Patienten sogar zu heilen.“

Das Ziel von Light & DNA ist es, die derzeitigen Verfahren durch ein minimal-invasives Ultrakurzpulslaserverfahren zu ersetzen. Dabei perforiert der Laser die Zellmembran und lässt die DNA in die Zellen hinein diffundieren. Dies geschieht steril und berührungslos und ohne die Zellen zusätzlichen chemischen Lösungen auszusetzen. „Das Ultrakurzpulslaserverfahren hat nur minimale Nebenwirkungen“, betont Judith Baumgart, „und ermöglicht so eine äußerst schonende Behandlung lebender Zellen.“
Mag das auch noch wie Zukunftsmusik klingen, zeigt das Beispiel doch recht deutlich, welche Potenziale in der Lasertechnik schlummern. Der Laser gewinnt in der Medizin zunehmend dort an Bedeutung, wo er seine speziellen Eigenschaften ausspielen kann, und eröffnet damit neue therapeutische Methoden. Auch am Bayerischen Laserzentrum (BLZ) in Erlangen erproben Wissenschaftler die Anwendung verschiedener Lasersysteme für medizinische Applikationen. Mit einem Erbium:YAG-Laser beispielsweise wird die Osteotomie in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu einem minimal-invasiven, vibrationsarmen Eingriff. Wird das System mit einer Prozessregelung für den materialspezifischen Knochenabtrag gekoppelt, lässt sich das Risiko einer Verletzung des Unterkiefernervs reduzieren.
In der Dermatologie werden Lasersysteme eingesetzt, um Hauterkrankungen gezielt zu behandeln. Durch den Einsatz von UV-Laserstrahlung ergeben sich beispielsweise neue Therapieansätze für die Schuppenflechte. Bei einer gleichmäßigen Verteilung der Strahlendosis auf die erkrankten Hautstrukturen bietet sich die Möglichkeit einer effektiven und für das gesunde Gewebe schonenden Behandlung.
Auch in der Augenheilkunde erweitert der Laser den Handlungsspielraum der Ärzte, und das schon seit Jahren. Pro Jahr lassen etwa 70 000 bis 100 000 Deutsche ihre Fehlsichtigkeit mit dieser Technologie korrigieren. Und mittels Selective Laser Melting (siehe Kasten) ist es möglich, den Patienten individuell angepasste Knochenersatzimplantate herzustellen.
Einen festen Platz nimmt der Laser auch in der Materialbearbeitung ein, insbesondere in der Medizintechnik. Deutsche Unternehmen, die in dieser Branche beheimatet sind, erwirtschaften mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit Produkten, die weniger als zwei Jahre alt sind. In kaum einem anderen Bereich spielen Innovationen eine so dominante Rolle. Seien es medizinische Instrumente, die die Ärzte am und im Patienten einsetzen, seien es Implantate, die zum festen Bestandteil des menschlichen Körpers werden – der technische Fortschritt ist ein ständiger Begleiter. Und hoch sind die Anforderungen an die verwendeten Werkstoffe und die Fertigungsqualität.
Seine Anwendungsvielfalt und seine besonderen Fähigkeiten machen den Laser beim Schneiden, Schweißen und Beschriften von medizintechnischen Produkten zu einem Fertigungswerkzeug erster Wahl. „Der Laser ist ein Wegbereiter der Miniaturisierung und ermöglicht minimale Fokusdurchmesser von rund 10 Mikrometer. Dies eröffnet beim Beschriften, Abtragen und Strukturieren ganz neue Produktgestaltungen. Auch Mikroverschweißungen in der Größenordnung von nur 10 Mikrometer sind möglich“, erläutert Dr. Alexander Knitsch, der als Applikationsmanager bei Trumpf Laser für den Bereich Medizintechnik verantwortlich ist.
Neben der oft höheren Produktqualität bietet die Laserfertigung eine ganze Reihe von Vorteilen, die in den unterschiedlichen Verfahren sichtbar werden, beispielsweise beim:
Laserschneiden
  • sehr kleine Radien für Ausschnitte an Hohlkörpern
  • variable Schnittwinkel
  • minimale Gratbildung
Laserschweißen
  • kleine Punktdurchmesser
  • schmale Nähte
  • porenfrei und dicht
  • korrosionsbeständig
  • anspruchsvolle Konturen
Laserbeschriften
  • dauerhaft und abriebfest
  • sterilisationsbeständig
  • Metalle und Nichtmetalle
Laserbohren
  • Einsatz an schwer zugänglichen Stellen
  • kein Kühlmittel nötig
Laserstrukturieren
  • kaum Einfluss auf Eigenschaften des Werkstücks
  • umweltfreundlich
Allen Verfahren gemeinsam ist der minimale Wärmeeintrag. Damit werden die Materialeigenschaften kaum beeinflusst. Lasersysteme bearbeiten die Werkstücke berührungslos und kraftfrei – und mit einer sprichwörtlich chirurgischen Präzision.
„Gerade in Bezug auf die Prozessqualität bietet der Laser gegenüber anderen Fertigungsmethoden entscheidende Vorteile“, fasst Dr. Knitsch zusammen. „Er arbeitet nach klar definierten Parametern wie Pulslänge, Pulsdauer oder Pulsfolgefrequenz, die man auslesen, speichern, prüfen und jederzeit reproduzieren kann.“ Ein weiteres Plus: Es fallen keine oder nur noch geringe Nacharbeiten an. Das verschlankt die Abläufe und oft auch die Durchlaufzeiten.
Jens-Peter Knauer Journalist in Waldenbuch

Selective Laser Melting
Das Selective Laser Melting (SLM) ist ein generatives Rapid-Manufacturing-Verfahren, das am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik (ILT) qualifiziert wird. Mit dem Verfahren lassen sich in kurzer Zeit komplex geformte Teile auf der Grundlage von CAD-Daten herstellen.
Ausgangsmaterial ist ein pulverförmiger Verbundwerkstoff aus dem bioresorbierbaren Polymer Polylactid (PLA) sowie der Keramik Beta-Tricalciumphosphat (TCP). Der Aufbau erfolgt schichtweise, indem ein fokussierter Laserstrahl selektiv über die Pulveroberfläche bewegt wird und dabei die Polymerkomponente des Pulvermaterials aufschmilzt. Damit lassen sich individuell dem Patienten angepasste Knochenersatz-Implantate herstellen. Diese werden später vom Körper abgebaut und durch körpereigene Knochensubstanz ersetzt.
Für die Versorgung von Knochendefekten, beispielsweise in Folge von Unfällen, Tumorresektionen oder angeborenen Defekten, ist in vielen Fällen der Einsatz eines resorbierbaren Knochenersatzmaterials vorteilhaft gegenüber dem Einsatz eines metallischen Implantats, betonen die Forscher. Vor allem bei Kindern könne damit eine wiederholte Operation zur Größenanpassung des Implantats vermieden werden. Auch schmerzerregende Erwärmungen, wie sie bei metallischen Schädelimplantaten auftreten, werden unterbunden. Ansprechpartner am Fraunhofer ILT: Dipl.-Phys. Simon Hoeges simon.hoeges@ilt.fraunhofer.de

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