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Linsen aus der Presse

Präzisionsblankpressen: Aufwand für die Form bleibt – aber Schleifen und Polieren entfallen
Linsen aus der Presse

Einbaufertige, auch komplex geformte Glasbauteile liefert das Präzisionsblankpressen in einem Schritt. Konventionelle Verfahren, die eine Reihe von Schleif- und Polierprozessen auf unterschiedlichen Maschinen erfordern, lassen sich so ersetzen.

„Wir stellen komplex geformte optische Bauteile aus Glas heute viel wirtschaftlicher her“, beschreibt Guido Pongs, Ingenieur am Aachener Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT, den Vorteil des Präzisionsblankpressens. „Dabei muss nur ein Mal hoher Aufwand betrieben werden: bei der Herstellung des Formwerkzeugs.“

Um die Linsen mit diesem Verfahren zu fertigen, werden Glasrohlinge erwärmt und mit Hilfe hochgenauer Formwerkzeuge in einer Presse umgeformt. „Insbesondere asphärische Linsen entstehen so in hoher Stückzahl in einem einzigen Prozessschritt.“ Demgegenüber sei das Schleifen und Polieren komplexer Optiken sehr aufwendig und damit kostenintensiv. Anwendungen für das neue Verfahren finden sich in der Medizintechnik insbesondere da, wo komplex geformte optische Bauteile wie Linsen mit hoher Genauigkeit in großer Stückzahl gefordert sind. „Konkrete Beispiele sind in der Endoskopie und der Lasertechnik angesiedelt“, fährt der IPT-Forscher fort.
Technologischer Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens ist die Werkzeugherstellung. In der Vergangenheit waren entsprechende Formwerkzeuge nur in Asien erhältlich, da hier seit einigen Jahren Kameralinsen per Präzisionsblankpressen produziert werden. Werkzeugfertigung, -wartung und -reparatur waren damit für die Anwender so aufwendig, dass sich der Einsatz in Europa meist nicht lohnte. Die Aixtooling GmbH, eine Ausgründung des Fraunhofer IPT, hat sich das erforderliche Know-how aber erarbeitet und kann hochpräzise Presswerkzeuge in Deutschland günstig konstruieren und fertigen.
Die Aachener behrrschen die Präzisions- und Ultrapräzisionsbearbeitung von sprödharten Materialien, mit der sich die erforderlichen Presswerkzeuge herstellen lassen. Die Formen weisen individuelle Funktionsflächen auf. Ober- und Unterseite der Linse können also verschieden geformt sein. Je nach Anwendung lassen sich Oberflächengüten im einstelligen und Formgenauigkeiten im zweistelligen Nanometerbereich erzielen.
„Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen, suchen wir sowohl nach besseren Materialien als auch Bearbeitungsverfahren für die Werkzeuge“, beschreibt IPT-Mitarbeiter Guido Pongs die Aufgaben für die Zukunft. „In aktuellen Forschungsvorhaben versuchen wir, die Grenzen der Komplexität zu erweitern – wozu ausreichend technologisches Know-how erforderlich ist.“ So arbeiten die Aachener an Formen für größere Optiken mit asphärisch geformten Oberflächen und hohen Formgenauigkeiten, mit Durchmessern über 30 mm. Außerdem werden flächige Glassubstrate mit kleinen Strukturen im Mikrobereich untersucht sowie der Einsatz keramischer Materialien für die Formwerkzeuge.
Auch die Umformsimulation nehmen die Wissenschaftler unter die Lupe, um Schrumpfungen des Glases beim Abkühlen vorhersagen zu können. „Die genaue Beschreibung des komplexen Materialverhaltens des Glases erlaubt es uns, den Prozess zu simulieren. Die Ergebnisse werden durch anschließende Experimente verifiziert und verfeinern laufend die Modelle“, so Pongs. Für bestimmte Geometrien könne man die Abformgenauigkeit bereits mit einem Fehler unterhalb von 1 µm vorhersagen.
Das Präzisionsblankpressen liefert heute vor allem asphärische Linsen mit Durchmessern von 5 bis 20 mm aus verschiedenen Silikat- und Phosphatgläsern. Das Material wird erwärmt, aber nicht aufgeschmolzen, und unter Druck im zähplastischen Zustand umgeformt. Neben dem Vorteil, große Stückzahlen mit nur einem Werkzeug produzieren zu können, profitiert der Anwender von einer Reihe weiterer Punkte:
  • neben komplexen Freiformflächen sind auch strukturierte Flächen möglich,
  • aufwendiges Nacharbeiten entfällt, und
  • umweltschädigende Zusatzstoffe wie Poliersuspensionen oder Kühlschmiermittel werden nicht mehr benötigt.
Selbst bei kleinen Stückzahlen sei das Präzisionsblankpressen eine wirtschaftliche Alternative zum Schleifen und Polieren, so Pongs weiter. „Aufgrund der großen geometrischen Freiheiten, hohen Formgenauigkeiten und guten Oberflächenqualitäten lassen sich sogar Linsen fertigen, die mit traditionellen Verfahren gar nicht herzustellen sind.“
Michael Corban Fachjournalist in Nufringen

Automatisch poliert

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Die Forscher des Fraunhofer IPT suchen derzeit im Projekt „Moldfinish“ nach Wegen, komplexe Stahlwerkzeuge automatisiert zu polieren, was die aufwendige Endbearbeitung von Präzisionswerkzeugen günstiger machen würde. Ein Knickarmroboter, in den eine axial zustellbare Polierspindel integriert ist, legt die Basis für den automatisierten Prozess. Neue Polierwerkzeuge, deren Oberfläche durch eine Gummimembran eine konstante Druckverteilung auf das Werkstück ausübt, gewährleisten konstante Bearbeitungsbedingungen. So sollen sich Geometrien wie Kanten oder Verrundungen flexibel und reproduzierbar bearbeiten lassen. Um den Materialabtrag im Vorfeld zuverlässig zu bestimmen und gleich bleibende Polierergebnisse zu erzielen, erarbeiten die Aachener mit den Projektpartnern Strategien für die Prozessführung. Einsatzmöglichkeiten finden sich bereits in der Automobilindustrie, zukünftig dürfte auch die Medizintechnik davon profitieren.

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