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Klein, aber rein

Spritzgießen: Kunststoffe im Dienst der Gesundheit
Klein, aber rein

Kunststoffe sind in der Medizin allgegenwärtig und lebenswichtig. Aus Polymeren entstehen Spritzen, Sonden, Herzklappen oder Hüftgelenke. Die Herstellung stellt Unternehmen vor besondere Herausforderungen.

Der Markt für Medizintechnik befindet sich in einem starken Wachstum, was den Einsatz von Kunststoffformteilen in diesem Segment betrifft. Gründe für die hohen Wachstumsraten für medizinische Applikationen aus Kunststoff gibt es mehrere. Zum einen sind durch den Einsatz von Kunststoffen Innovationen möglich, die durch konventionelle Werkstoffe nicht erreicht werden können. Die hohe Flexibilität in der Geometrie des Formteils macht den entscheidenden Vorteil des Spritzgießverfahrens aus, womit die Voraussetzungen für die Substitution anderer Werkstoffe und somit die Erschließung neuer Anwendungen geschaffen sind. Darüber hinaus begünstigen die verschärften Anforderungen der Pharmaindustrie den Einsatz von spritzgegossenen Produkten zusätzlich.

Ein weiterer Grund für den zunehmenden Bedarf an Medizinteilen aus Kunststoff liegt in der demoskopischen Entwicklung, die eine wachsende Weltbevölkerung mit einem gleichzeitig ansteigenden Altersdurchschnitt in den Industrienationen prognostiziert, wodurch wiederum der Bedarf an medizinischer Betreuung zunimmt. Hier sei auch die Zunahme der chronischen Erkrankungen erwähnt, die ebenfalls für einen wachsenden Bedarf an Pharma- und Medizinprodukten verantwortlich ist. Dem gegenüber steht eine Kostenexplosion im Gesundheitswesen mit drastischen Maßnahmen zur Kostenreduktion, was wiederum den Einsatz von Einwegartikeln aus Kunststoff an Stelle von sterilisierbaren Glasprodukten fördert, die zwar wieder verwendbar, dafür aber kosten- und zeitaufwendig in der Herstellung sind. Aus der Sicht des Kunststoffverarbeiters stellt sich der Medizintechnikbereich aufgrund zweistelliger Zuwachsraten als ein sehr interessantes Geschäftsfeld dar.
Hinzu kommt, dass es sich um einen konjunkturunabhängigen Marktbereich handelt. Allerdings dürfen die Höhe der Investitionen und die hohe Einstiegsschwelle – bedingt durch den Zulassungsaufwand – im Unternehmen nicht unterschätzt werden. Ist die Zulassung für ein Produkt erreicht, ist der Hersteller aber auch weitgehend vor dem Wettbewerb geschützt. Die Anwendungsbereiche von Kunststoff- artikeln in der Medizin lassen sich in zwei Produktbereiche aufteilen. Dies sind einerseits Bauteile wie Spritzen, Pipetten, Petrischalen und Becher, an deren Teilespezifikation und die Produktionsumgebung jedoch teilweise sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Bei Spritzen und Pipetten werden hohe Qualitätsanforderungen bezüglich Rundheit und Öffnungsquerschnitt verlangt, während bei Petrischalen die genaue Einhaltung der Formgenauigkeit im Vordergrund steht. Den zweiten Bereich bilden medizinische Produkte, die man allgemein betrachtet als Systeme bezeichnen könnte. Dazu gehören beispielsweise Inhalationsgeräte oder Insulinspritzen. Derartige Produkte stellen eine Kombination komplexer Einzelbauteile dar, die spezielle Funktionen erfüllen, wie die Speicherung und anschließende Zerstäubung oder Dosierung von Präparaten. In diesem Fall ist das Zusammenspiel mechanischer Kunststoffbauteile von Bedeutung.
Aus produktionstechnischer Sicht können beide Bereiche gleichartig behandelt werden. Sie müssen mit maximaler Qualität bei höchstmöglicher Reproduzierbarkeit und hoher Zuverlässigkeit der Produktionsmittel hergestellt werden. Daneben ist die lückenlose Dokumentation der Produktionsmittel und des Produktionsprozesses unter Reinraumbedingungen von deutlich größerer Bedeutung, als dies bei anderen Anwendungen der Fall ist.
Die Kombination von hohen technischen Anforderungen an die Spritzgießmaschine einerseits und einer ausführlichen und lückenlosen Dokumentation anderseits stellt dabei die größte Herausforderung an die Spritzgießfertigung dar. Während die meisten Betriebe mit den Problemstellungen seitens der technischen Produktionsauslegung vertraut sind, erfordert die Dokumentation der Fertigungseinrichtungen sowie der Produktionsbedingungen ein Umdenken gegenüber dem konventionellen Spritzgießen.
Doch zunächst zu den technischen Anforderungen: Zu Beginn einer Reinraumfertigung steht immer die Abklärung der benötigten Reinraumklasse entsprechend dem Pflichtenheft des Kunden. Hier wurden die amerikanischen und europäischen Definitionen in einer Norm (ISO 14644 mit den Klassen ISO 1 bis 9) zusammengefasst. Große Bedeutung wird auch der Wahl des entsprechenden Reinraumlayouts beigemessen, das heißt der räumlichen Auslegung der Reinraumfertigung. Es bieten sich drei prinzipielle Lösungen an:
  • Spritzgießmaschine ist komplett im Reinraum
  • Nur die Schließeinheit der Maschine befindet sich im Reinraum
  • Der Werkzeugbereich der Maschine wird von einer Laminarflow-Box mit Reinluft beströmt. Der Transport der Bauteile erfolgt über einen Reinlufttunnel in die Reinraummontage.
Da Reinraumfläche teuer ist, bietet sich letztere Lösung mit der Maschine im so genannten Grauraum an, dem Arbeitsbereich des Bedienpersonals außerhalb des Reinraums. Einige Besonderheiten dafür hat die Schweizer Netstal-Maschinen AG aus Näfels im Portfolio: einen wassergekühlten Antrieb zum Vermeiden von Luftzirkulation wie im Fall der Luftkühlung, speziell beschichtete Formplatten, einen erhöhten Maschinenständer zur besseren Reinigungsfähigkeit oder auch die Verwendung von toxisch unbedenklichem und von der FDA freige- gebenem Hydraulik-Öl.
Die wichtigsten Anforderungen an die Maschine sind aber die Verfügbarkeit und die hohe Prozesssicherheit und Reproduziergenauigkeit bei gleichzeitig kurzen Zykluszeiten – denn jede Störung verursacht den Unternehmen Kosten und erhöht zudem das Kontaminationsrisiko.
Diese Anforderungen erfüllen beispielsweise die SynErgy-Maschinen des Maschinenherstellers aus Näfels. Da die erhöhten Ansprüche Auswirkungen auf die Konstruktion und die Fertigung der Spritzgießmaschinen haben, hat Netstal mit einem speziellen Programm auf die Bedürfnisse dieses Marktes reagiert.
Äußerlich zeigt sich das in der Bereitstellung eines separaten Fertigungsbereiches für Reinraummaschinen, in welchem spezifisch geschultes Personal ausschließlich Maschinen für medizinische Anwendungen montiert. Diese Maßnahme signalisiert auch den Mitarbeitern, dass für Maschinen in diesem Bereich besondere Regeln und Vorgehensweisen gelten.
Auch die Dokumentation spielt eine wichtige Rolle: Bereits zu Beginn der Maschinenfertigung wird ein interner Vorgang zur Bereitstellung der notwendigen Dokumente ausgelöst, so dass diese Unterlagen zeitgleich mit der Fertigstellung der Maschine zur Verfügung stehen. Mit der Prozessüberwachung können zudem Toleranzgrenzen von Parametern zur Ansteuerung von Ausschussweichen definiert werden. Auf Wunsch kann zudem ein FAT (Factory Acceptance Test) oder eine SAT (Site Acceptance Test) durchgeführt werden. Dies kann eine reine Sichtkontrolle oder auch eine Funktionsüberprüfung mit einem Kundenwerkzeug sein.
Thomas Leng Manager Application Technology bei der Netstal-Maschinen AG, Näfels/Schweiz
Bauteile und Systeme aus Kunststoff – mit hoher Qualität gefertigt
Weitere Informationen Netstal am Pavillon Medical Plastics Technology, Halle 4, Stand 333 www.netstal.com
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