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Keine Kratzer – und damit kein Unterschlupf für Keime

Schraubtechnik: Materialschonende Montage für Cochlea-Implantate
Keine Kratzer – und damit kein Unterschlupf für Keime

Das Implantat ist klein, die Schrauben daran winzig, und sie müssen im zähen Kunststoffgemisch des Gehäuses prozesssicher fixiert werden. Der Microtorque-Kleinschrauber hat dabei auch kleine Drehmomente präzise im Griff.

Wie klein sind Cochlea-Implantatsysteme? Zwischen Daumen und Zeigefinger zeigt Ursula Bayer, Projektmanagerin des österreichischen Unternehmens Medical Electronics, kurz Med-El, kaum einen Abstand: 4,5 mm Bauhöhe für das Gehäuse des Audioprozessors, der hinter dem Ohr getragen wird – größer ist das aktuelle Modell Concerto nicht. Und es ist sogar 25 % dünner als sein Vorgänger, was für den Träger höheren Tragekomfort bedeutet.

Im Sinne der Patienten wurde auch das Material für die Gehäuse der Audioprozessoren ausgewählt: Der Cycoloy-Kunststoff, ein Polycarbonat-ABS-Gemisch, ist besonders hautverträglich, aber auch sehr zäh. „Das macht die Montage nicht gerade einfach“, sagt Johannes Felderer, Fertigungsleiter für Audioprozessoren bei Med-El. Der Zusammenbau der Spritzgussteile sei so kompliziert, weil Schrauben der Größe M 0,8 von beiden Seiten passgenau und in der exakt richtigen Flucht in dünnwandige Kunststoffdome einzudrehen sind. Um diese Dome nicht über Gebühr zu beanspruchen und damit die Edelstahlschrauben dauerhaften Halt haben, werden sie mit genau 0,01 Nm angezogen.
„Weder die Montage von Hand noch der Einsatz von Druckluftschraubern bringt auch nur annähernd solch präzise Montageergebnisse wie die elektronisch gesteuerten Microtorque-Schrauber vom Typ MD 03, und die Bedienbarkeit ist ebenfalls hervorragend“, so Felderer. Dies fange bereits beim Aufnehmen der winzigen Spezial-Schlitzschrauben an. Statt sie von Hand zuzuführen, einzufädeln oder mit Pinzetten oder ähnlichen Hilfsmitteln zu positionieren, lassen sie sich mit dem nur 132 mm kurzen Microtorque-Stabschrauber einfach aufnehmen: Der Anbieter, die Essener Atlas Copco Tools Central Europe GmbH, hat dafür eine Vakuumansaugung integriert.
Sobald der Schraubvorgang abgeschlossen ist, gibt ein I.O.-Signal („in Ordnung“) der Schraubersteuerung den Bedienern Gewissheit, dass die gewünschten Schraubparameter erzielt wurden. „Früher wurde jede einzelne Schraubverbindung nach dem Anziehen noch einmal überprüft“, blickt Johannes Felderer zurück, „doch diesen zeitraubenden Arbeitsschritt können wir uns durch die elektronisch gesteuerten Microtorque-Werkzeuge mit ihrer enorm hohen Wiederholgenauigkeit sparen.“
Auch die Qualitätssicherung profitiert: Der gesamte Schraubprozess ist überwacht, und bei Abweichungen und etwaigen Montagefehlern wird umgehend ein N.i.O.-Signal ausgegeben. „Das ist unsere Versicherung gegen Kunststoffbruch, der sich beispielsweise bei einem falschen Drehmoment schleichend einstellen könnte.“ Das sei bei Implantaten grundsätzlich zu vermeiden – ebenso wie Kratzer, und seien sie noch so klein. Krankheitserreger könnten sich selbst in mikroskopisch kleinen Macken und Riefen einnisten. Doch die Führungshülse in der Schraubenaufnahme des Werkzeugs stellt sicher, dass jede Schraube auf Anhieb genau im Klingenschlitz gehalten wird.
Med-El hat ein breites Sortiment implantierbarer Hörlösungen, und jede hat individuelle Montageparameter. Doch decken die programmierbaren Microtorque-Geräte vom Typ MD 03 mit ihrem Drehmomentbereich von 0,5 bis 2,5 Ncm und Drehzahlen bis 1000 min-1 alle derzeitigen Schraubaufgaben ab.
Thomas Preuß Fachjournalist in Königswinter

Cochlea- Implantate
Konventionelle Hörgeräte können akustische Informationen lediglich verstärken, filtern und weiterleiten. Daher helfen sie ihren Trägern nur dann, wenn ein Resthörvermögen vorhanden ist. Doch auch Menschen mit völliger Schallempfindungsschwerhörigkeit können wieder hören: Um das zu erreichen, entwickelte das Tiroler Unternehmen Med-El bereits in den 1970er Jahren ein aus zwei Modulen bestehendes System.
Der äußere Teil dieses Systems ist der hinter dem Ohr getragene Audioprozessor mit Batterien und Mikrofon. Der innere Teil wird chirurgisch unter der Haut am Ohr platziert und enthält das Kernstück des Systems: den 31,5 mm langen Elektroden-Array, der direkt in die Hörschnecke des Innenohrs, also in die Cochlea eingesetzt wird. Ebenfalls unter der Haut liegen das Gehäuse mit der Elektronik, der Empfangsspule und einem Magneten, der die Spule des Audioprozessors hinter dem Ohr hält.
Das Cochlea-Implantat (CI) ist über viele Kontakte an die Nervenstrukturen im Innenohr angebunden und gibt jede Sekunde über 50 000 elektrische Pulse des Audioprozessors weiter. Durch die Stimulation der Nervenstrukturen übermittelt der Hörnerv Signale ans Gehirn.
Mehr unter www.medel.com

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