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Jedi-Ritter im Garten?

Mit Laserstrahlen gegen Unkraut
Jedi-Ritter im Garten?

Es gibt viele Menschen, die ich für ihr Engagement und ihren unerbitterlichen Einsatz für die großen und kleinen Dinge, die ihnen wichtig sind, bewundere. Einer davon ist mein Nachbar. Mit Hingabe hegt und pflegt er seinen Garten, scheut weder Zeit noch Geld – und zum Dank blüht und grünt dieser fast zu jeder Jahreszeit, Blumen-, Nutzpflanzen und Wiesenflächen ordentlich getrennt. Ein Traum! Sonntags bleiben die Spaziergänger stehen und schauen. Hauptsächlich auf den kleinen Roboter-Rasenmäher, der unermüdlich und fast geräuschlos den Rasen rund um die Beete auf gepflegte 8 mm hält.

Meinen Garten muss ich an dieser Stelle eigentlich nicht erwähnen. Besuchern und Freunden sage ich gerne, dass ich meinen Garten „natürlich“ mag. Was soviel heißt wie: Ich schaffe es nicht, weder pflanzlichen noch tierischen Schädlingen Herr zu werden. Bei mir blühen nur Löwenzahn und Vogelmiere um die Wette, Salat und Möhren erreichen nur sehr selten die notwendige Größe, um es in die Küche zu schaffen. Anderes Gemüse sehe ich nach Aussaat oder Setzung nie wieder.
Gut. Ich kann das verschmerzen. Wochen-und Supermärkte haben alles, was ich brauche. Aber auch Bauern und Großerzeuger in der Landwirtschaft haben mit den Unkräutern zu kämpfen. Auf ihren Feldern konkurrieren junge Mais-, Raps oder Rübenpflanzen ebenfalls mit Hirtentäschel und Löwenzahn um Licht, Wasser und Nährstoffe. Das Mittel der Wahl zu Unkrautbekämpfung sind derzeit Herbizide. Doch der Einsatz dieser Giftstoffe ist nicht nur teuer, sondern auch umstritten: Beim Einsatz von Herbiziden können Überdosierungen und die Verteilung der Substanzen durch den Wind zu schädlichen Rückständen im Boden und in Gewässern führen. Im Ökolandbau wird deshalb von Hand gezupft oder abgeflämmt, was dem Unkraut aber nur bedingt zu Leibe rückt und in der konventionellen Landwirtschaft nicht praktikabel ist.
Während ich beim lästigen Unkrautzupfen über den Kauf von japanischen Laufenten nachdenke, naht vielleicht bereits Hilfe aus einer völlig anderen Ecke: Ein Team von Wissenschaftlern der Leibniz Universität Hannover und des Laser Zentrums Hannover (LZH) forscht zur Zeit an der Unkrautbekämpfung mit Laserstrahlen. Ihr Ziel ist es, den Laserstrahl direkt auf das Wuchszentrum der Unkrautpflanze zu richten und dadurch abzutöten. Hört sich futuristisch an? Ist es im Moment auch noch. Trotzdem musste ich beim Lesen dieser Meldung sofort an meinen Nachbarn, an Laserschwerter und an die Star-Wars-Filme denken…
Den Hannoveraner Forschern ist es jedoch ernst: „Wir müssen die Strahlung dahin bringen, wo sie wirklich gebraucht wird“, sagt Projektleiter Prof. Thomas Rath vom Institut für Biologische Produktionssysteme. In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt haben die Wissenschaftler zunächst die Energie des Lasers exakt und effektiv auf Pflanzenart und Wuchshöhe abgestimmt. Das selbe gilt für die Intensität der Bestrahlung. „Es hat sich herausgestellt, dass Laser mit zu geringer Energiemenge eher wachstumsfördernd wirken, also genau das Gegenteil von dem bewirken, was wir wollen“, erläutert Christian Marx, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Biosystem- und Gartenbautechnik. In Zusammenarbeit mit dem Laser Zentrum setzen die Forscher in dem aktuellen Projekt vor allem auf CO2-Laser, die im mittleren Infrarotbereich abstrahlen.
Die zweite große Herausforderung ist die Erkennung der Pflanze. Was ist böses Kraut, was ist gutes Kraut, wo hin genau muss der Laser schießen? Dafür haben die Forscher ein ausgeklügeltes System entwickelt: Kameras filmen die Pflanzen, und eine Software misst die Konturen jedes einzelnen Gewächses, um den Laserstrahl optimal positionieren zu können. „Wir haben Algorithmen für viele verschiedene Unkräuter“, sagt Prof. Rath. Schwierig werde es dort, wo Unkraut und Kulturpflanze sehr nah beieinanderstehen und sich gegenseitig überlappen. „Die Erkennung ist das A und O, damit wir nur das Unkraut zerstören“, erklärt Marx.
Im Moment ist die Apparatur in einem Schienenwagen im Gewächshaus untergebracht. Darunter kann eine etwa ein Quadratmeter große Fläche „behandelt“ werden. Die Anwendung der Lasertechnik ist in vielen verschiedenen Bereichen denkbar, das Interesse aus der Industrie groß. „Überall dort, wo eine Überfahrt über das Beet relativ leicht zu realisieren ist, könnte das System bald zum Einsatz kommen – zum Beispiel in Gewächshäusern oder Baumschulen“, stellt uns Prof. Rath in Aussicht. Schwieriger sei es auf großen Äckern: Eine Montage des Lasers auf Schlepper kommt nicht infrage, da die Zielgenauigkeit durch die Erschütterungen nicht mehr gegeben wäre. „Wir forschen im Moment an Drohnen – kleinen Robotern, die im Schwarm über das Feld fliegen“, sagt Prof. Rath. Interessant sei der Laser aber auch für die Unkrautbekämpfung in Wasserschutzgebieten oder Bahnhofsbereichen, in denen keine Herbizide eingesetzt werden dürfen.
Ich bleibe skeptisch. An Nachbars willigen Helfer habe ich mich ja gewöhnt. Auf Drohnen über dem begrünten Bahnhofsvorplatz kann ich jedoch verzichten.
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