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Hauchdünne Polymerfolie misst im Gehirn - Flexible Elektronik

Flexible Elektronik
Hauchdünne Polymerfolie misst im Gehirn

Hauchdünne Polymerfolie misst im Gehirn
Neue, auf organischen Polymeren basierende, Sonden sind hauchdünn, flexibel und bioverträglich Bild: Prof. George Malliaras, École des Mines de Saint-Étienne, Frankreich
Die Aktivitäten der Nervenzellen im Gehirn lassen sich mit sehr feinen Elektroden erfassen, die von einer Polymerfolie umschlossen sind. Die Entwickler nennen sie Neurogrid. Ihre Messungen könnten die Behandlung von Epilepsie verbessern.

Was die organische Elektronik in der modernen Medizin zu leisten vermag, hat die Hector Fellow Academy im Juli 2017 zu einem Trendbericht zusammengefasst. Darin wird unter anderem beschrieben, dass das Forscherteam um Prof. George Malliaras von der französischen École des Mines de St. Etienne eine hauchdünne, leitende Polymerfolie entwickelt hat. Das als „Neurogrid“ bezeichnete Vlies schmiegt sich wie eine Frischhaltefolie an unebene Flächen an, zum Beispiel an die stark gefurchte Oberfläche des Gehirns.

Die leitenden Metallkomponenten, die in der Folie enthalten sind, sind 200-fach dünner als bei herkömmlichen Sonden. Dass diese Folie trotzdem die gleiche Signalqualität aus dem Gehirn aufnehmen kann wie herkömmliche Sonden, verdankt sie einer besonderen Eigenschaft der leitenden Polymere. Diese sind nicht nur für elektrischen Strom empfindlich – also für Aktionspotentiale von Nervenzellen –, sondern ebenfalls für elektrisch geladene Teilchen, für Ionen. Die Ionensensitivität der Polymerfolie wirkt wie ein Verstärker und gibt ihre Informationen an die metallbasierten Leiterbahnen weiter.

„Diese Elektroden werden genau genommen Teil des Gehirns“, erläutert Prof. Malliaras. Sie absorbieren Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit – die salzige Flüssigkeit, in die Neuronen eingetaucht sind – und bieten daher eine 3D-Umgebung, in der sich Ionen im Gehirn elektrisch mit den Elektroden verbinden. „Eine direkte Folge dieser verbesserten Kopplung ist, dass wir sehr kleine Elektroden herstellen können, die die Aktivität einzelner Neuronen von der Oberfläche des Gehirns auflösen können.“

Diese Folie soll in Zukunft zum Beispiel dabei helfen, das Gehirnareal zu lokalisieren, das bei Epilepsiepatienten einen Anfall auslöst. Bei Betroffenen, deren Beschwerden nicht durch Medikamente behandelt werden können, wird heute mit Hilfe einer temporär implantierten tiefen Hirnsonde das entscheidende Areal geortet. Alternativ werden Streifen- und Folien-Sonden mit vielen Elektroden auf der Hirnoberfläche eingesetzt. Im Idealfall kann das Areal operativ entfernt und damit die Epilepsie geheilt werden.

Bei zwei Epilepsiepatienten wurde bisher die neue Folie parallel zu den etablierten tiefen Hirnsonden eingesetzt. Es stellte sich heraus, dass die Folie sehr präzise Nervenpotentiale messen kann und damit eine bessere Lokalisation des betroffenen Areals ermöglicht, als dies mit bislang als Medizinprodukt zugelassenen Folien der Fall ist.

Das Konzept der ultradünnen, anschmiegsamen und leitenden Folie eignet sich aber nicht nur für das Registrieren und Weiterleiten von Signalen – also auch zur Steuerung von Prothesen –, sondern ebenso für das Übertragen äußerer Reize an das Nervensystem. Daher entwerfen die Forscher Konzepte für eine Handprothese, die mit einer ähnlich strukturierten sensiblen Folie umhüllt ist. Damit wären vielfältige Sinneseindrücke an das Gehirn übertragbar.

Über die Abteilung Bioelectronics an der École des Mines de St. Etienne


Über die Hector Fellow Academy

Die Hector Fellow Academy ist eine junge Wissenschaftsakademie und wurde 2013 gegründet. Sie bietet den Trägern und Trägerinnen des Hector Wissenschaftspreises eine Plattform zur Vernetzung, zum interdisziplinären Austausch und zur gegenseitigen Inspiration. Darüber hinaus fördert sie aussichtsreiche NachwuchswissenschaftlerInnen.

Heute gehören ihr 22 Professoren und 19 Nachwuchswissenschaftler aus den Natur- und Ingenieurwissenschaften an. Durch die Vernetzung sollen neue wissenschaftliche Fragestellungen angestoßen und Impulse für Innovationen gesetzt werden.

Die Hector Fellow Academy erhebt nach eigenen Angaben den Anspruch, zukunftsweisende gesellschaftspolitische Diskurse in Gang zu setzen, zur Lösung globaler Herausforderungen beizutragen und gleichzeitig den Forschungs- und Wissenschaftsstandort Deutschland zu stärken.

Unterstützt wird die Hector Fellow Academy durch die Hector Stiftung II, die seit 2008 die Mittel für größere Projekte zur Verfügung stellt und wie die im Jahr 1995 gegründete H.-W. & J. Hector Stiftung auf Hans-Werner Hector zurückgeht. Dieser gehört zu den Gründern des Softwareherstellers SAP. Neben seinen unternehmerischen Leistungen war es ihm stets ein großes Anliegen, etwas von seinem persönlichen Erfolg an die Gesellschaft zurückzugeben.

www.hector-fellow-academy.de/

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