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Ghandis Erben wollen Zukunft

Auslandsmarkt Indien: Reformen im Gesundheitssystem und Investitionen in Medizintechnik
Ghandis Erben wollen Zukunft

Indien spielt bei der Internationalisierungsstrategie deutscher Unternehmen eine zentrale Rolle. Mit gutem Grund: Der Markt wächst und In eine bessere Gesundheitsversorgung der rund 1,2 Milliarden Einwohner des Subkontinents soll in den nächsten Jahren kräftig investiert werden.

Indien ist so vielfältig und gegensätzlich wie kaum ein anderes Land der Erde: Während viele Europäer Indien heute noch spontan mit Armut und dritter Welt verbinden, hat sich das Land – in dem nach wie vor 60 % aller Einwohner von der Landwirtschaft leben – in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Handelsstaaten der Welt entwickelt, der uns auf den verschiedensten Industriemärkten begegnet. Neben dem wirtschaftlichen Aufstieg ist es eine der Hauptaufgaben des Subkontinents, eine flächendeckende Gesundheitsversorgung zu schaffen. Denn die Angebotspalette reicht derzeit vom Spitzenniveau bis zur chronischen Unterversorgung der Bevölkerung. Es mangelt an Ärzten sowie medizinischen Einrichtungen. Die Qualität der Ausstattung und der Leistungen der Gesundheitsversorger variieren zudem stark: Zahlreiche Kliniken arbeiten bereits heute auf hohem internationalen Niveau, Medizintouristen aus der ganzen Welt profitieren davon. Doch im Durchschnitt ist die Versorgung weiterhin wesentlich schlechter als in anderen BRIC-Ländern.

Insgesamt, so Katrin Pasvantis von der Germany Trade & Invest (Gtai) in Mumbai, habe sich die medizinische Versorgung in Indien dennoch verbessert. So werden in den nächsten Jahren viele neue private Krankenhäuser und Kliniken entstehen. Große Betreiber wie Apollo Hospitals, Fortis Healthcare, Max Healthcare oder Wockhardt stehen derzeit für rund 8 bis 10 % des Marktes. Der Rest ist in der Hand zahlreicher kleiner privater Investoren, die den Ausbau und die Modernisierung der Gesundheitsversorgung maßgeblich vorantreiben. Sie investieren in Spitzentechnik, um die Ansprüche zahlungskräftiger Patienten nicht nur aus dem Ausland zu erfüllen. Denn nach aktuellen Untersuchungen werden in Indien die Wohlstandskrankheiten zunehmen. In den nächsten Jahren könnte deshalb die Nachfrage nach handlichen Produkten für den Hausgebrauch wie Blutzucker- oder Blutdruck-Messgeräten, digitalen Fieberthermometern und Waagen steigen. Außerdem dürfte der Bedarf der Krankenhäuser an Röntgengeräten, bildgebenden Geräten, pathologischen Analysatoren sowie Sonden wachsen, so Pasvantis.
Vor allem deutsche Hersteller können davon profitieren. Bislang stehen sie nach den USA auf Platz zwei der Lieferungen auf den Subkontinent. Laut den Analysten von Frost & Sullivan sind Dental- und chirurgische Instrumente das größte und am schnellsten wachsende Marktsegment. Auch bei der Diagnosetechnik steigt die Nachfrage besonders stark. Indiens Streben, sich international als Outsourcingstandort für Labortests, diagnostische Tests und die Forschung zu etablieren, kurbelt den Bedarf an Spitzentechnik an.
Dennoch ist der Markt auch im High-End-Bereich durchaus preisbewusst. Einige Hersteller bieten deshalb speziell an die indischen Anforderungen angepasste Produkte an. Solche Frugal Products sind einfacher und kostengünstiger und entsprechen genau dem Kundenbedürfnis. Für Oliver Knapp, Partner der Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants, spielt die Entwicklung solcher Produkte für Schwellenländer bei den westlichen Unternehmen eine immer größere Rolle. „Der Umsatzbeitrag solcher Produkte wächst deutlich schneller als etwa der Umsatz hochtechnologischer Produkte“, so Knapp. Für die Entwicklung von Frugal Products reiche es allerdings nicht aus, vorhandene Produkte technisch zu vereinfachen und günstiger anzubieten. Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen wesentliche Produkteigenschaften berücksichtigen und die gesamte Wertschöpfungskette den speziellen Marktanforderungen anpassen. Erfolgsfaktoren sind seiner Ansicht nach umfassende Kenntnisse über Märkte und Kundenanforderungen sowie wettbewerbsfähige Preise.
Die Medizintechnik-Sparte von General Electric (GE) entwickelt und produziert deshalb in Indien kostengünstige Produkte für die Basisversorgung und verzichtet dabei auf teure Hightech-Funktionen. Während die Bild- und Diagnosequalität bei den günstigeren Apparaten ähnlich gut ist wie bei Hightech-Geräten, spart der Hersteller beim internen Speicher, externen Anschlüssen oder der Möglichkeit, die Untersuchungsergebnisse auszudrucken. Vor allem bei Produkten wie Ultraschall- und EKG-Geräten und Magnetresonanz-Tomographen sind die Preisunterschiede deshalb gewaltig.
Auch andere Hersteller wie Siemens, Otto Bock und Aesculap passen sich mit ihren Produkten dem Markt an: Ein Gerät muss nicht nur weniger kosten, sondern für den Einsatz auf dem Subkontinent idealerweise viel robuster gebaut und einfach zu bedienen sein. So arbeitet Siemens beispielsweise an einem speziellen Röntgengerät, und GE hat das Ultraschall-System Vscan auf den Markt gebracht.
Dieses Ultraschall-Gerät im Taschenformat bietet Ärzten schnelle Einblicke in ihre Patienten und verbessert so die Diagnose. Ursprünglich für den indischen Gesundheitsmarkt entwickelt, wird es heute ebenso in Deutschland erfolgreich verkauft und für kardiologische, gynäkologische, pädiatrische und vaskuläre Anwendungen eingesetzt. Das Gerät verfügt über eine einfache, intuitive Oberfläche und zwei Standardbildgebungsmodi, arbeitet zuverlässig, ist aber deutlich günstiger als die handelsüblichen Standardgeräte. Inzwischen macht GE mit den abgespeckten Produkten auch in Europa gute Geschäfte, denn in den westlichen Ländern schauen die Abnehmer ebenfalls verstärkt auf den Preis. Auch die eigentlichen Zielländer wie Indien und China das Potenzial dieser Good-enough-Produkte entdeckt. Ihre ursprünglich für den heimischen Markt produzierten Geräte finden heute den Weg nach Europa. Sie machen vor allem den Mittelständlern beispielsweise in Deutschland Druck, die weiterhin hohe Qualität zu einem hohen Preis verkaufen wollen, obwohl auch hierzulande die Kosten des Gesundheitssystem immer mehr aus dem Ruder laufen.
Für Dr. Armin Bruck, der als Geschäftsführer Siemens India leitete und im September vergangenen Jahres zum Präsidenten der Deutsch-Indischen Handelskammer in Mumbai gewählt wurde, gehört der indische Markt zu den spannendsten. Auch er rät ausländischen Unternehmen, das Potenzial der Frugal Products nicht zu unterschätzen. Ebenso die Komplexität des indischen Geschäftslebens. „Indien ist ein Land, in dem die Geschäfte nicht von Europa oder den USA aus gesteuert werden können“, so Buck. Ein Unternehmen müsse vor Ort sein. Denn die zwischenmenschlichen Beziehungen seien im Geschäftsleben zu wichtig.
Weitere Informationen Zur Germany Trade & Invest: www.gtai.de Zu den Leistungen der Deutsch-Indischen Handelskammer: http://indien.ahk.de/ Zur Indien-Niederlassung von GE Healthcare: www3.gehealthcare.in In der Studie „Frugal Products“ stellt Roland Berger einen ganzheitlichen Ansatz für die Frugal Products-Strategie vor www.rolandberger.de/media/pdf/Roland_Berger_Frugal_products_20130212.pdf

Medical Fair India

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Vom 14. bis 16. März findet die 20. Medical Fair India im Bombay Convention & Exhibition Centre statt. Die jährlich, abwechselnd in Mumbai oder Neu Delhi stattfindende Messe zeigt die gesamte Bandbreite aus den Bereichen Medizintechnik und Krankenhaus und Rehabilitation. 2013 informierten sich – nach Angaben der Messe Düsseldorf – rund 7600 Fachbesucher bei den 410 Ausstellern aus 21 Ländern über deren Angebot.
Unterstützung zur Messeteilnahme liefert das BMWi, das die Veranstaltung mit einer Förderungsinitiative ins Auslandsmessenprogramm aufgenommen hat: Unternehmen können im Rahmen einer Deutschen Gemeinschaftsbeteiligung teilnehmen. Weitere Unterstützung bieten ZVEI und Spectaris sowie die German Healthcare Export Group (GHE).

Indiens Importe
Indien importiert rund 80 % der benötigten Medizintechnik, schätzt das indische Ministerium für Gesundheits und Familie. Der Anteil ist laut Gtai bei technisch anspruchsvollen Produkten besonders hoch. Deutschland ist seit Jahren das zweitgrößte Lieferland nach den USA (25 %) und lieferte 2012 rund 17 % der Gesamtimporte von Medizintechnik. Dahinter folgen die VR China (14 %) und Japan (7 %). Die deutschen Lieferungen dürften nach Gtai-Angaben auch künftig weiter zulegen, jedoch schwächer als die der chinesischen Konkurrenten, die vor allem mit Billigimporten den Markt überschwemmen. Die Volksrepublik könnte deshalb Deutschland bis 2020 von Rang 2 der Lieferländer verdrängen.
Rechtsgrundlage für den Import und das Inverkehrbringen von Medizintechnik in Indien ist der „Drugs and Cosmetics Act“ mit den Durchführungsbestimmungen „Drugs and Cosmetics Rules“. Überwachungsbehörde ist die „Central Drugs Standard Control Organization“.

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