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Gesundheit per Smartphone

Software: In der Entwicklung von Apps liegt großes Potenzial
Gesundheit per Smartphone

Der Markt für Apps boomt. Anbieter aus Gesundheitswesen und Medizin wollen daran teilhaben. Doch noch steckt die Entwicklung der kleinen mobilen E-Health-Programme in Deutschland in den Kinderschuhen. Nur selten ermöglichen sie die Interaktion zwischen Arzt und Patient.

Für Hausärzte brechen neue Zeiten an, wenn sie sich demnächst zu Hausbesuchen aufmachen: Besitzen sie ein Iphone oder Ipad, können sie damit auf alle Patientendaten ihrer Praxis-EDV von unterwegs aktuell zugreifen, und zwar über eine gesicherte Internet-Verbindung. Dazu ist kein großer Programmieraufwand notwendig, der Arzt muss sich nur ein kleines Programm der Turbomed EDV GmbH, Molfsee, auf sein Gerät laden, genannt CGM Mobile App.

Auf Apps müssen auch andere Ärzte nicht verzichten: Die Drägerwerk AG & Co KGaA, Lübeck, hat etwa eine Trainings-App entwickelt, mit der Anästhesisten den Narkoseverlauf abhängig von eingegebenen simulierten Patientendaten und simulierter intravenöser Narkosemitteldosierung berechnen können. Und für Kardiologen gibt es von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und Springer Medien eine App, mit der sie Patienten im Beratungsgespräch Krankheitsverläufe demonstrieren und Therapieschritte illustrieren können.
Apps, die kleinen Programme für Smartphones, sind in aller Munde – nicht nur für Spiele oder Navigationsdienste, sondern auch im Gesundheitsbereich und der Medizin. „Unser Ziel ist es, mit moderner Kommunikation zu einem besseren Verständnis der Anästhesieführung beizutragen. Eine App ist hierfür ein ideales und zeitgemäßes Medium“, erklärt Oliver Rosenthal, Leiter des Geschäftsfelds Anästhesie bei Dräger.
Diese Denke verbreitet sich immer mehr in der Branche, zumal dahinter meist auch ein handfestes geschäftliches Interesse steckt. „Die langerwartete mobile Revolution im Gesundheitssektor wird nun endlich stattfinden, da sowohl Anbieter als auch Anwender das Smartphone als ein Mittel zur Gesundheitsvorsorge und -verbesserung anerkennen“, sagt Ralf-Gordon Jahns, Leiter Research beim Berliner Marktforschungsunternehmen Research2guidance. Für ihn sind Apps die Killerapplikation schlechthin für Smartphones. 2015 wird es nach seinen Prognosen rund um den Globus 1,4 Millarden Smartphone-Besitzer geben, von denen gut ein Drittel mobile Gesundheits-Apps nutzen werden.
In Deutschland ist mittlerweile jedes dritte neue Mobiltelefon ein Smartphone. In diesem Jahr werden mehr als 10 Millionen dieser Geräte hier zu Lande verkauft, schätzt der IT-Herstellerverband Bitkom.
Genutzt werden die Apps aus dem Health-Bereich von professionellen Anwender im medizinischen Bereich – Ärzten, Pflegekräften, Verwaltungsangestellten, aber auch von Konsumenten. Nach Jahns Berechnungen sind heute weltweit rund 17 000 mobile Health-Apps verfügbar, in Deutschland laut dem Gelsenkirchener Institut Arbeit und Technik (IAT) 1400. Erhältlich sind sie meist in den Online-Shops der verschiedenen Mobilfunk-Anbieter. Meilenweit vor der Konkurrenz liegt Apple, dessen App Store im Januar zehn Milliarden Downloads verzeichnete – binnen zweieinhalb Jahren. Insgesamt 350 000 Programme quer durch alle Bereiche stehen dort zur Verfügung. Weit abgeschlagen liegen der Android Market für Googles Mobilbetriebssystem, Blackberrys App World und Nokias Ovi Store auf den Plätzen dahinter.
In den nächsten Jahren dürfte die große Überlegenheit der Apple-Plattform allmählich abbröckeln und die anderen Smartphone-Betriebssysteme aufholen, so das Ergebnis einer Befragung von Research2guidance unter 231 Unternehmen, die in den mobilen Gesundheitsmarkt involviert sind (siehe Grafik). Für die Entwickler heißt dies, dass ihre Apps künftig wohl verschiedene Mobilbetriebssysteme unterstützen müssen.
Außerdem könnten sich die Vertriebswege für Apps im Gesundheitsbereich deutlich verschieben. Die Mehrheit der Befragten gibt Krankenhäusern, Ärzten und Gesundheits-Internetseiten die besten Chancen, die App Stores als Hauptkanal abzulösen. Krankenhäuser und Ärzte, aber auch Apotheken können durch das Angebot von Apps ihre Arbeit verbessern und sich gleichzeitig von Wettbewerbern differenzieren, so das Argument.
Auch werden sich Apps nicht mehr so stark auf Smartphones konzentrieren wie heute noch. Sie müssen künftig vielmehr zusätzlich auf Tablet-PCs und medizinspezifischen Geräten laufen, so das Signal an die Entwickler. Die größere Spannbreite an zu unterstützender Software und Hardware stellt die Entwickler gleichwohl vor Probleme. So nennt die Hälfte der Befragten den Mangel an Standardisierung als größtes Hindernis für die weitere Entwicklung – noch vor regulatorischen Hürden und den Sicherheitsaspekten.
Neben der technischen Seite werden sich in den kommenden Jahren auch die Inhalte der gesundheitsbezogenen Apps verändern, so die Meinung der Experten. „Eine sehr große Anzahl bedient sich heute des Mediums der reinen Information. Mit dem Erwerb der App wird dem Nutzer Informationsmaterial zur Verfügung gestellt, das er beliebig abrufen kann. Weitere Kommunikationsformen, in denen mehrere Nutzer indirekt oder direkt in Kotakt treten oder externe Geräte integriert werden, sind bislang in Deutschland noch nicht weit verbreitet“, stellt IAT-Wissenschaftler Peter Enste fest.
Research2Guidance bestätigt diese Einschätzung: „Die Apps haben noch eine niedriges bis mittleres Niveau in Bezug auf Funktionalität, Gebrauch von Sensoren, Integration medizinischer Dienstleistungen sowie auf die Verbindung zu bestehenden medizinischen Datenbanken“, so Jahns.
Beispiele aus dem Ausland zeigen laut IAT, wohin die interaktive Reise gehen wird: So gibt es Anwendungen, die Daten mit Hilfe von Bluetooth beispielsweise von Blutdruck- oder EEG-Geräten bündeln, um sie mittels Mobilfunk an ein Gesundheitszentrum zu übertragen. In Krankenhäusern können Apps als Datensammlung von Laborwerten, Röntgenbildern, Medikationsplänen und anderem dienen und mit Hilfe eines Tablet-PCs das medizinische Personal bei der Visite unterstützen. Im Lifestyle-Bereich gibt es den Versuch, Pulsmessung über Ohrhöhrer vorzunehmen. Somit können neben der Streckenmessung per GPS auch Aufzeichnungen der Vitalfunktion vorgenommen werden. Der Sportler erhält eine All-in-one-Lösung: Statt Telefon, MP3-Player und Pulsmesser muss er nur noch ein Gerät mitnehmen.
„Gesundheits-Apps eignen sich hervorragend zur Übertragung und Speicherung individueller Patientendaten und können den Gang in die Praxis oft überflüssig machen“, kommentiert Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Vor allem chronisch Kranke können künftig von dieser Entwicklung profitieren, ist Jahns sicher: „Sie kommen dadurch in den Fokus der Entwickler, dass verstärkt die traditionellen Player der Gesundheitsbranche in den E-Health-Markt eintreten.“ Die Zielgruppe ist schließlich groß und damit für App-Anbieter finanziell attraktiv. OECD und WHO zählen weltweit rund zwei Milliarden Patienten mit chronischen Krankheiten. Vor allem bei der Bekämpfung von Diabetes, Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Asthma können Apps zum Einsatz kommen.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen

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