Erinnern Sie sich noch, wie viele Kugelschreiber Sie in diesem Jahr auf Konferenzen, bei Messebesuchen und als Werbepräsent bekommen haben? Oder als Anerkennung für eine gute Zusammenarbeit? Schließlich wollen Geschäftsbeziehungen ja gepflegt sein. Und ein guter Kugelschreiber ist im Arbeitsalltag Gold wert. Aber nicht jedes Werbegeschenk ist auch wirklich nett gemeint: „Möchte ein Mitbewerber etwa eine Wanze im Chef-Büro platzieren, kann er sich viel Aufwand sparen, wenn er die Abhörvorrichtung in einem attraktiven Präsent versteckt“, weiß Gernot Zehner von der Ultima Ratio GmbH. Der Lauschabwehr-Experte kennt die Tricks der Spione aus jahrelanger Erfahrung: „Trifft das Geschenk den Geschmack des Unternehmers, platziert der die Wanze freiwillig und von selbst auf seinem Schreibtisch – und der Absender des Präsents reibt sich die Hände.“ Ja, ich weiß, inzwischen kann man die heimlichen Abhörgeschichten nicht mehr hören. Aber die Weihnachtszeit naht – und damit die Zeit der vorweihnachtlichen Präsente auch unter Geschäftskontakten. Und gerade hier, so der Fachmann, ist Vorsicht angebracht: Nicht nur die NSA hört in Deutschland mit. Nach einer aktuellen Studie des Münchner Beratungsunternehmens Corporate Trust geht hervor, dass deutsche Unternehmen werden immer häufiger Opfer von Industriespionage: 20 % aller Unternehmen haben mindestens einmal einen Spionageangriff erlebt, weitere 33 % verzeichneten bereits konkrete Verdachtsmomente, die sich nicht eindeutig belegen ließen. Nach Einschätzung der Münchner Experten besteht bei den Sicherheitsmaßnahmen in vielen Organisationen enormer Nachholbedarf. Dabei geht es in den wenigsten Fällen um Hochtechnologie, Gefahrenabwehr oder geheime Rezepturen: Oftmals wollen Mitbewerber mit entsprechender krimineller Energie lediglich Einblick ins Tagesgeschäft, um Kunden abzuwerben, Angebote zu unterbieten, Lieferanten unter Druck zu setzen. Die Informationen dazu liefern technische Winzlinge, die für mittlerweile kleines Geld ohne größeren Aufwand bezogen werden können.
Das größte Problem der findigen Lauscher bleibt lediglich, die Abhörvorrichtung möglichst nah am Informanten zu platzieren – und so zu verstecken, dass dieser keinen Verdacht schöpft. „Werbegeschenke sind hier besonders perfide, weil sie angenehme Emotionen auslösen – und damit selbst misstrauische Menschen schnell für sich einnehmen“, so Zehner. Wer meint, so etwas treffe immer nur die anderen, irre. „Das Thema ist etwa im deutschen Mittelstand längst an der Tagesordnung.“ Der Rat des Experten: „Stapeln Sie – gerade vor Weihnachten – keine geschenkten Kugelschreiber und andere Nettigkeiten auf dem Chef-Schreibtisch oder im Besprechungsraum. Schenken Sie sie weiter, am besten an jemanden außerhalb der Firma.“
Ich hoffe, ich nehme Ihnen jetzt nicht die Freude an den vorweihnachtlichen Geschenken, aber schließlich muss ja nicht jeder alles wissen. Mein Tipp: Wünschen Sie sich doch ein neues Schreibutensil von Ihrer Frau zu Weihnachten. Obwohl….
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