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Entscheidend ist die Löffelform

Messlöffel-Produktion: Dünnwand-Hochleistungs-Spritzguss mit elektrischer Präzision
Entscheidend ist die Löffelform

Präzise Dosierhilfen sind wichtige Hilfsmittel in der Pharmazie. Das oberösterreichische Kunststoffwerk Kremsmünster (KWK) hat sich auf dieses Marktsegment spezialisiert. Zum Ausbau der Messlöffel-Produktion entschied sich KWK für die vollelektrische-Spritzgießtechnik von Wittmann Battenfeld.

Rund 80 % der Spritzgießprodukte der oberösterreichischen Kunststoffwerk Kremsmünster(KWK) GmbH sind Primär-Verpackungskomponenten für die pharmazeutische Industrie. Das Spektrum des Familienunternehmens reicht von Verschlüssen für Glas- und Kunststoff-Flaschen über Adapter zum Anschluss von Dosierspritzen bis hin zu Messlöffeln und -bechern. Die Messlöffel dienen beispielsweise zur Dosierung flüssiger Substanzen, wie Antibiotika oder Hustensaft, und werden den jeweiligen Verpackungsbehältern beigegeben. Sie bleiben bis zu deren Leerung in Verwendung, sind demnach auf die spezifische Anwendung abgestimmte Einweg-Produkte, die in großen Stückzahlen produziert werden.

Daraus leiten sich die Hauptanforderungen an das Produkt ab: Das technisch machbare Minimum beim Materialeinsatz, maximale Produktionseffizienz und Präzision bei der Volumenangabe und der Gestalttreue. Dazu der technische Leiter Georg Weiermair: „Als bei uns die Investitionsentscheidung zur Kapazitätserweiterung beim 5-ml-Löffel, unserer wichtigsten Größe, anstand, haben wir das als Ansatzpunkt für ein umfassendes Re-Engineering-Projekt gesehen. Unser Ziel war nicht nur eine zusätzliche Spritzgießanlage anzuschaffen und den vorhandenen technischen Status beim Produktdesign und der Teilelogistik beizubehalten. Unsere Absicht war, durch konsequente Nutzung der Effizienzpotenziale die Produktionsaufstockung mit einer Anlage zu schaffen.“
Die Erschließung der Effizienzreserven begann beim Produktdesign. Kriterium Eins: Es musste „schneller“ werden, das heißt, Wandstärken, Fließwege und die Materialwahl waren zu hinterfragen. Zusätzlich sollte auch das Prozessfenster des Spritzgießprozesses größer und stabiler werden und die Produktqualität steigen. Diese Agenda war der Ausgangspunkt für eine umfangreiche Design-Optimierung, Füll- und Kühl-Simulationen und nicht zuletzt praktische Versuche. Das Endergebnis ist ein 90 mm langer 5-ml-Messlöffel aus PP mit einem Stückgewicht von 1,8 g.
Als indirektes Kriterium guter Artikelqualität wurde die Vollständigkeit am Endpunkt des Materialflusses an der Löffelspitze definiert. Sie sollte einerseits durch die Präzision der Spritzgießmaschine gewährleistet werden, zusätzlich aber noch durch optische Sensoren im Übernahmekopf des Entnahme- roboters zu 100 % überwacht werden. Ein weiteres Qualitätskriterium, das sich allerdings nicht so leicht „on-line“ überwachen lässt, ist die gerade und verzugsfreie Löffelgestalt. Sie ist die Voraussetzung für einen stabilen Teilestapel in der Nachbearbeitungsperipherie.
Nachdem die Hausaufgaben beim Produktdesign gemacht waren und der hauseigene Werkzeugbau mit dem Bau eines 12-fach-Werkzeugs beauftragt worden war, ging es um die Partnerwahl für die Spritzgießtechnik und die Automatisierungsanlage für das Teilehandling bis zur Transportverpackung. „Konkret wussten wir aus der Prozesssimulation, dass eine Zykluszeit von rund sechs Sekunden möglich sein würde“, erklärt Weiermair. „Konsequenterweise sollten auch die Maschinentechnik und vor allem die Automatisierungsanlage die 600 Produktionszyklen pro Stunde à zwölf Teile verarbeiten können, und das im Dauerbetrieb. Und: Sie sollte diese Leistung präziser erbringen als unsere bisher eingesetzte Maschine.“
Bei der Maschinentechnik war die Entscheidung leicht zu treffen. Es musste eine Maschine mit voll- oder teilelektrischem Antriebssystem sein – nur welche? „Drei Maschinen-Fabrikate kamen in die engere Auswahl, von denen jedes die geforderte Leistung erbracht hätte. Demnach hätte die konkrete Lieferantenwahl der Einkaufsabteilung überlassen werden können. Nicht so leicht erwies sich die Auswahl der richtigen Automatisierungsanlage“, erinnert sich der Technikleiter.
Die konkrete Automatisierungsaufgabe liest sich angesichts des „einfachen“ Löffels erstaunlich komplex. Denn die Spezifikation beginnt mit der „kavitätenreinen“ Ablage aller zwölf Formteile in Einzelmagazine, und zwar in frei wählbarer Stapelhöhe für 100 bis 160 Stück. Nach Erreichen der vorgegebenen Stapelhöhe sollte das volle Magazin automatisch gegen ein leeres ausgetauscht werden. In einer separaten Entnahmeposition sollte jeder der zwölf Messlöffel-Stapel von einem zusätzlichen Handlinggerät einzeln entnommen und an eine Schlauchbeutel-Verpackungsanlage weitergegeben werden. Unmittelbar anschließend sollten die verpackten Messlöffel ebenfalls automatisiert in die Versand- beziehungsweise Lagerbox eingelegt werden, und zwar raumoptimiert durch eine gegengleiche Positionierung jeder Lage.
Die Aufgabenstellung war kein Routinefall. Vor allem die Leistungsabstimmung zwischen Maschine und Peripherie und die daraus abgeleitete Ablauf- und Kapazitätsplanung bedurfte der engen Zusammenarbeit zwischen dem KWK und den Automatisierungstechnikern des Maschinenlieferanten. „Als die entscheidungsreifen Konzepte beziehungsweise Angebote vorlagen, erkannten wir sehr schnell, dass die Wittmann-Techniker ganze Arbeit geleistet hatten. Das sehr kompakte Anlagenlayout und die einzelnen Detaillösungen überzeugten uns“, so Weiermair.
Auch Wittmann-Battenfeld-Gebietsverkaufsleiter Wolfgang Glawatsch blickt gern auf das Projekt zurück: „Der konkrete Fall demonstriert, dass unsere Automatisierungs-Kompetenz die entscheidenden Argumente zur Anschaffung der ersten Spritzgießmaschine der Wittmann Battenfeld GmbH durch KWK geliefert hat.“ Die Produktionszelle besteht aus der Spritzgießmaschine Eco-Power 110/750 mit 110 t Schließkraft. Sie wurde kombiniert mit einem W832-Ultra-High-Speed-Linearroboter zur schnellen Formteilentnahme sowie einem weiteren W832 in Stand-alone-Ausführung zur Fertigteilmanipulation. Parallel zur Maschinen-Rückseite war die Verpackungsanlage angeordnet – und die Zelle wurde im Dezember 2012 geliefert. Seit Januar 2013 sind damit mehr als 30 Millionen 5 ml-Messlöffel produziert worden. Sie hat damit die Erwartungen voll erfüllt, wie die KWK-Gesellschafter und Geschäftsführer Eberhard Habermann und Manfred Habermann bestätigen.
Gabriele Hopf Wittmann Battenfeld, A-Kottingbrunn

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