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„Einsatz in allen Dimensionen“

Nanopartikel: Laser erzeugt reine und blanke Oberflächen
„Einsatz in allen Dimensionen“

Für Dr. Niko Bärsch, Gründer und Geschäftsführer der Particular GmbH in Hannover, gehört der Nanotechnologie die Zukunft. Seine Nanopartikel werden mit dem Laser hergestellt und kommen in verschiedenen Bereichen der Medizintechnik bereits erfolgreich zum Einsatz.

Herr Dr. Bärsch, wie läuft das Geschäft mit der Produktion hochreiner Nanopartikel?

Dafür, dass wir erst Mitte 2010 begonnen haben, kann ich nicht klagen. Allerdings weiß ich, dass der Markt groß ist und wir noch sehr unbekannt. In zwei Jahren möchte ich fünfmal so viel verkaufen wie heute.
Was fasziniert Sie persönlich an der Nanotechnologie?
Die Vielfältigkeit. Dass der Begriff Nanotechnologie fast so schlecht zu „greifen“ ist wie das Nanopartikel selbst. Einmal haben wir es nämlich mit Katalysatoren zu tun, ein anderes Mal mit antibakteriellen Kunststoffprodukten und dann etwa mit medizinischen Diagnoseverfahren. Vielen Leuten fällt erst mal nur der Lotus-Effekt ein, bei dem Glasscheiben durch eine „Nano-Beschichtung“ selbstreinigend werden sollen – aber das wird dem Begriff Nanotechnologie bei weitem nicht gerecht. Weitere Anwendungsbeispiele neuer Nanopartikel sammle ich übrigens in meinem Nanopartikel-Blog.
Wie unterscheidet sich Ihre Nanopartikel-Produktion von der herkömmlichen?
Wir zerkleinern Material, statt es chemisch zu erzeugen. Das Ausgangsmaterial ist beispielsweise bereits reines Gold. Wir zerlegen es mit sehr kurzen, leistungsstarken Laserpulsen in Partikel, die kleiner sind als 100 nm. Das geschieht direkt in Flüssigkeiten, in denen das Nano-Gold dann sicher und gleichmäßig dispergiert bleibt, bis es in irgendeiner Form weiterverarbeitet wird.
Welchen Vorteil hat der Laserabtrag in Flüssigkeit?
Erstens die Reinheit: Vor allem in der Forschung ist es wichtig zu erkennen, ob ein beobachteter Effekt womöglich in Wahrheit auf chemische Reste aus einem Syntheseprozess zurückgeht. Lasererzeugte Metallkolloide enthalten nur das Metall – und zwar so rein, wie es ursprünglich vorlag. Das ist im Übrigen auch für die Zulassung von Medizinprodukten relevant. Zweitens können lasererzeugte Nanopartikel sogar wirksamer sein als andere Partikel, weil ihre Oberflächen im Augenblick der Herstellung völlig blank sind. So lassen sie sich sehr gezielt und dicht mit Molekülen belegen. Das machen wir uns zunutze, indem wir die Nanopartikel für den Kunden bei der Herstellung auf Wunsch direkt beschichten – sei es mit einer einfachen Polymerhülle oder mit komplexen Biomolekülen.
Wo kommen Ihre Nanopartikel in der Medizintechnik zum Einsatz?
Es gibt Einsatzbereiche in allen Dimensionen, im wahrsten Sinne: In nur einer Dimension, als einzelnes kleines Nanopartikel, kann unser Gold mit Molekülen verbunden werden und mit diesen beispielsweise Krankheitserreger sichtbar machen, durch so genanntes Nano-Imaging. Flächig wirken Nanopartikel, wenn man sie auf die Oberfläche von Implantaten aufbringt, zum Beispiel um die Rauhigkeit zu optimieren. Und in allen drei Raumrichtungen wirken Nanopartikel, wenn man sie in einen Kunststoff einbettet und diesem so beispielsweise antibakterielle Eigenschaften verleiht. Das Laserverfahren ermöglicht mit diesem Ansatz die Herstellung neuartiger, mittels Spritzguss verarbeitbarer Nanomaterialien.
Wie verbessert die Nanotechnologie diesen Einsatz?
Auf sehr unterschiedliche Weise: im Fall des Nano-Imagings zum Beispiel durch Biochemie in Form von Gold-Thiol-Bindungen, kombiniert mit optischer Absorption durch physikalische Oberflächenplasmonenresonanz an Goldnanopartikeln. Im Fall der Implantatbeschichtungen topographisch durch eine mechanische Stimulation adhärierenden biologischen Gewebes. Und im Fall antibakterieller Kunststoffe durch physikalische Freisetzung und Diffusion von Silber- oder Kupfer-Ionen aus der Partikeloberfläche. Die Mechanismen sind ebenso vielfältig wie die resultierenden nanotechnologischen Effekte und potenziellen Anwendungen.
Weshalb profitieren Medizintechnik-Hersteller von Ihrer Technologie?
Aufgrund der zuvor genannten Reinheit unserer Nanopartikel, die eine Zulassung der Materialien erleichtert, denn Verunreinigungen der Partikel sind durch unser Produktionsverfahren ausgeschlossen. Aber auch für Materialentwicklungen ist das Laserverfahren prädestiniert: Es erlaubt das Screening unterschiedlicher Zusammensetzungen, indem man ohne großen Aufwand Nanopartikel aus verschiedenen Metallen inklusive Kombinationen erzeugen und in unterschiedliche Kunststoffe einbetten kann.
So fanden unsere Partner heraus, dass eine Materialkombination aus Silber und Magnesium aufgrund einer verstärkten Ionenfreisetzung eine schnellere antibakterielle Wirkung entfaltet als reines Silber. Eine solche Materialkombination wurde durch das Laser Zentrum Hannover in TPU eingebettet. Die Verarbeitbarkeit in Extrusions- und Spritzgießprozessen, zum Beispiel zu Katheterschläuchen oder Polymerimplantaten, wurde bereits gezeigt.
Was ist bereits möglich? Woran wird noch geforscht?
Alles hier Erwähnte ist bereits möglich – und dennoch wird an allem zugleich noch geforscht. Besonders neue Materialien, die aufgrund ihrer Eigenschaften neue Möglichkeiten eröffnen, werden zunächst überall getestet, und gerade in der Medizintechnik vergehen dabei schnell Jahre. In dieser Zeit sehen wir uns als Materiallieferant für die Forschung und Entwicklung in Industrie und Instituten und wachsen nach und nach mit der Kommerzialisierung unserer Produkte.
Wann sind Nanopartikel gefährlich?
Unbestritten dann, wenn sie in großen Mengen eingeatmet werden und bis in die Alveolen vordringen können. Das kennt man etwa von Dieselruß oder Tabakrauch, aber halt auch vom unbedachten Umgang mit künstlich synthetisierten, lungengängigen Nanopulvern, wenn diese ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen industriell verarbeitet werden. Umstrittener dagegen ist die Gefährlichkeit von Nanopartikeln in Alltagsprodukten. In Kosmetika und insbesondere Sonnencremes kommen Nanopartikel zum Einsatz, was häufig zu Kritik geführt hat. Dass hier sogar wissenschaftliche Ansichten auseinander gehen können, erläutere ich auch in meinem Blog. Die oftmals bemühte Analogie zu Asbest halte ich dabei für weit hergeholt – nicht zuletzt, weil unter den Begriff „Nanomaterialien“ extrem unterschiedliche Stoffe fallen. Diese wirken nicht auf die gleiche Art und müssen daher stets unabhängig voneinander bewertet werden – was im Übrigen bereits seit über zehn Jahren mit Hilfe öffentlicher Gelder intensiv getan und dokumentiert wird. Bislang offenbarte dies bei keinem etablierten Produkt gesundheitliche Bedenken. Ergebnisse sind im Detail nachzulesen unter anderem beim Bundesamt für Risikobewertung (BfR).
Wo liegen die Gefahren in der Produktion der Nanopartikel und wie schützen Sie sich und Ihre Mitarbeiter?
Particular hat das Glück, mit keiner der oben diskutierten möglichen Gefahren umzugehen: Unsere Nanopartikel sind zu jedem Zeitpunkt der Herstellung und Verarbeitung in flüssigen Medien eingebettet – und ihre Anzahl liegt um viele Größenordnungen unter der Menge an etablierten Nanomaterialien aus Gasphasenprozessen, die bereits heute im Tonnenmaßstab verarbeitet werden. Für Particular sind im Labor daher vor allem die üblichen Sicherheitsvorschriften beim Umgang mit Chemikalien und mit Laserstrahlung von Bedeutung. Mehrere Leitfäden für den Umgang der Industrie mit Nanomaterialien, an denen man sich orientieren sollte, hat unter anderem der 2011 gegründete Deutsche Verband Nanotechnologie in seinem Infoportal zusammengestellt.
Wie wird sich die Nanotechnologie in den nächsten Jahren entwickeln
Alle Marktstudien kennen nur eine Richtung: steil nach oben. Ich halte das weder für eine Blase noch für eine Modeerscheinung, sondern für das Ergebnis der eingangs beschriebenen Vielfalt, die nanotechnologische Produkte in vielen Bereichen unseres Alltags etabliert. Auch wenn Marktstudien zur Übertreibung neigen: Der weitere Aufstieg der Nanotechnologie ist vorprogrammiert. Particular würde sich freuen, dazu beizutragen.
Weitere Informationen Zum Unternehmen und einer Technologiebeschreibung: http://particular.eu/ Zum Nanoartikel-Blog von Dr. Bärsch: http://nanoparticles-blog.com/ Zum Bundesamt für Risikobewertung (BfR) http://bfr.bund.de/ Zum Deutschen Verband Nanotechnologie http://dv-nano.de/
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