Max-Planck-Wissenschaftler nutzen die Seide einer tropischen Raupe als Gerüst für künstliches Herzgewebe. So soll es künftig möglich werden, einen geschädigten Herzmuskel wieder voll funktionsfähig zu machen. Abgestorbene Herzzellen sind unwiederbringlich verloren. Wissenschaftler verfolgen daher das Ziel, Ersatzgewebe zu züchten, Es wurde mit vielen Materialien experimentiert, die als Gerüstsubstanz für Herzmuskelzellen dienen sollten. „Alle getesteten Fasern, gleich ob natürlichen oder künstlichen Ursprungs, hatten gravierende Nachteile“, sagt Felix Engel, Leiter einer Forschergruppe am Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim. Sie waren zu spröde, wurden vom Immunsystem attackiert oder die Herzmuskelzellen wollten sich nicht recht darauf ansiedeln. Im indischen Kharagpur ist man nun fündig geworden. An der dortigen Universität werden aus den Kokons des Tussaseidenspinners (Antheraea mylitta) münzgroße Scheiben hergestellt. Die Faser bietet den Angaben zufolge mehrere Vorteile: Die Oberfläche besitzt Proteinstrukturen, die das Anheften von Herzmuskelzellen erleichtert, und sie ist rauer als andere Seidenfasern. Daher konnten die Muskelzellen im Bad Nauheimer Labor gut anwachsen und einen dreidimensionalen Gewebeverband bilden. „Die Kommunikation der Zellen war intakt, sodass sie über einen Zeitraum von 20 Tagen synchron schlugen, ganz wie im echten Herzmuskel“, erklärt Engel. Die Studie wurde mit Rattenzellen durchgeführt; das Problem, ausreichend menschliche Herzzellen als Ausgangsmaterial zu erhalten, ist noch ungelöst.
Teilen: