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Drehachse für zwölf Werkstücke

Frästechnologie: Effiziente Fertigung von Knochenimplantaten aus Titan
Drehachse für zwölf Werkstücke

Radiusknochenbrüche sind die häufigsten Brüche beim Menschen. Für die Behandlung fertigt Königsee Implantate winkelstabile distale Radiusplatten aus Titan. Gemeinsam mit dem CNC-Spezialisten Nikken wurde eine Lösung entwickelt, bei der die Implantate komplett aus Vollmaterial gefräst werden.

In Königsee, genauer in der Nachbargemeinde Aschau, im Nordosten des Thüringer Waldes, hat die Königsee Implantate GmbH ihren Sitz. Seit mehr als 20 Jahren steht das Medizintechnikunternehmen für intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit auf dem Gebiet der Traumatologie, Orthopädie und Wirbelsäulenchirurgie. Gemeinsam mit erfahrenen Ärzten und unter Einbeziehung klinischer Studien werden hochwertige Implantate entwickelt, die weltweit für die Versorgung von Knochenbrüchen Anwendung finden.

Zentrale Produktgruppe des über 9000 Artikel umfassenden Portfolios sind patentierte Plattensysteme mit winkelstabiler und variabel winkelstabiler Verschraubung für die oberen und unteren Extremitäten. Der Therapieerfolg für die Patienten ist dabei immer Maßstab aller Entwicklungen. Hohe Qualität, Effizienz und Präzision im Produktionsprozess bilden weitere Eckpfeiler der Firmenphilosophie. Darüber hinaus wird großes Augenmerk auf die Qualifizierung der Mitarbeiter gelegt.
Für die operative Versorgung von Radiusfrakturen – Brüchen der Speiche nahe dem Handgelenk – stellt Königsee Implantate die winkelstabilen distalen Radiusplatten aus Titan her. Das Produktionsteam um den Technischen Leiter und Prokuristen Horst Lindner arbeitet dabei kontinuierlich an der Verbesserung des Fertigungsprozesses. Im Fokus der Optimierung stand dabei die Fräsbearbeitung dieser Radiusplatten. Die komplette Fräsbearbeitung wurde auf einem kostenintensiven 5-Achs-Berarbeitungszentrum durchgeführt. Nach der Analyse der spanenden Bearbeitung entstand die Idee, den Fräsprozess zu teilen und die Schruppbearbeitung auf einer 3-Achsmaschine durchzuführen und dort eine spezielle vierte Achse als Hilfsvorrichtung zu installieren. Dem Team um Horst Lindner war die Rüsselsheimer Nikken Deutschland GmbH bereits bekannt, denn das Unternehmen setzt die Präzisionswerkzeughalter von Nikken ein. Aus diesem Grund war man von der Qualität der Produkte überzeugt.
Stefan Koch, Leiter Industrial Engineering und Michael Riese, Fertigungsleiter Fräsen, setzten sich mit Lucas Herzog, Anwendungstechniker bei Nikken, zusammen und entwarfen gemeinsam eine schlüsselfertige Lösung. Ziel war es, im Gegensatz zur bislang verwendeten Spannvorrichtung mit zwölf Spannstationen nun mehr eine Drehachse mit vierseitigem Spannblock zu entwickeln. Auf diesen Spannblock sollten je Seite fünf Spannmodule platziert werden, die eine Bearbeitung von bis zu 20 Werkstücken ohne Umspannen zulassen. Alternativ können verschiedenartige Teile, wie beispielsweise längere Implantate, in jeder Seite des Spannblocks aufgespannt werden.
Die Lösungsschritte und das fertige Gesamtmodul wurden über eine 3D-CAD/CAM-Software bei Nikken Deutschland erstellt. Als Basis ist in diesem Zusammenhang immer die Kompatibilität mit der Werkzeugmaschine zu gewährleisten, das Beachten der Störkonturen und auch die prozesssichere Kommunikation mit der Maschinensteuerung. Auf die fertige Lösung konnten am Ende wirklich die insgesamt 20 Spanneinheiten, die die Titanimplantate sicher spannen müssen, aufgebaut werden. Die komplette Sondereinheit ist in einer DMG 850 V installiert und kommuniziert direkt als 4. Achse mit der Maschinensteuerung.
Die entwickelte Lösung lässt zu, dass die Implantate komplett aus Vollmaterial gefräst werden. Eingesetzt werden Sonderfräswerkzeuge und Multilock-Kraftspannfutter von Nikken. Zuvor wurden die Implantate teilwiese aus Blech gebogen und fertig gefräst. „Mit der Vollzerspanung haben wir nun einen prozesssicheren Ablauf und können mit deutlich höheren Hauptzeiten arbeiten“, stellt Michael Riese zufrieden fest. Das Titanimplantat wird von sechs Seiten bearbeitet und bleibt nur an einem kleinen Steg stehen. Das Fertigteil wird von Hand ausgebrochen und die zurückgebliebene Abbruchstelle an einer Bandschleifmaschine verschliffen. Die Platte wird in ihrer Form nicht mehr verändert. Nach dem Verschleifen wird die Platte in einem Ultraschallgerät gereinigt um keinen Schmutz in die Folgeprozesse einzutragen.
Neben der Verbesserung des Produktionsprozesses ist für Horst Lindner auch die Kostensenkung immer ein Ziel: „Wir wollten mit diesem Schritt die Herstellungskosten reduzieren, was uns nun rundum gelungen ist. Den doppelt so hohen Maschinenstundensatz einer 5-Achsmaschine haben wir für den Schruppprozess komplett eingespart.“
Seit dem Frühjahr 2015 steht für die Schruppbearbeitung diese neue Technologie bei Königsee Implantate bereit. Stefan Koch: „Die Anzahl der Teile pro Aufspannung sowie die Autonomie der Anlagen konnten erhöht werden. Folglich haben wir auch eine Entspannung an den 5-Achs Bearbeitungszentren.“ Durch die separate Schruppbearbeitung konnten dort die Kapazitäten um rund 12 % erhöht werden. „Dies wirkt sich sehr positiv auf die Durchlaufzeit aus.“
Die anfänglichen Kapitalkosten werden Dank der erhöhten Produktionseffizienz schnell amortisiert. Durch die Mehrfachspannung und Rotationsmöglichkeit ist die Fertigung der Implantate auf maximale Effizienz ausgerichtet. Die Zusammenarbeit mit dem Maschinenhersteller und dem Anwender bringt für alle Beteiligten einen hohen Mehrwert. So bleibt die Qualität der Königsee-Implantate auf einem hohen Qualitätsniveau und die Stückzahlen der Radiusplatten sind dauerhaft gewährleistet.
Joachim M. Müller Nikken Deutschland, Rüsselsheim

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  • 4. Achse für Schruppbearbeitung
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