Indien boomt. Doch sowohl steuerliche als auch rechtliche Vorgaben bereiten Markteinsteigern häufig Probleme. Martin Wörlein, Partner und Leiter des Indien-Teams von Rödl & Partner, kennt die Herausforderungen, aber auch die Chancen, die der indische Markt bietet.
Herr Wörlein, was sind die häufigsten Fehler deutscher Unternehmen in Indien ?
Es ist fast immer problematisch, die Hauptarbeit bei der Gründung und Leitung einer Niederlassung einem lokalen Partner zu überlassen. Die Präsenz in Indien wird dann später kaum mehr transparent oder kontrollierbar. Man kann den Aufwand reduzieren, indem man Supportfunktionen an einen externen Berater auslagert. Häufig drängen auch lokale Partner oder Kunden darauf, Verträge zu schließen oder Zahlungen aus Deutschland heraus zu leisten, bevor die nötige rechtliche Präsenz korrekt aufgestellt ist. Die Rückabwicklung solcher Maßnahmen ist oft gar nicht oder nur mit Verlusten möglich.
Wie gelingt der erfolgreiche Markteintritt?
Die Vorbereitung ist wichtig, kombiniert mit dem Bewusstsein, dass sich praktische Fragen auch erst aus dem laufenden Geschäft ergeben werden. Aus unserer Erfahrung sind diejenigen Unternehmen erfolgreich, die bei der Vorbereitung einen Mix wählen aus eigenen Eindrücken, Befragung von indischen Partnern und unabhängiger externer Beratung. Zudem hilft Gelassenheit bei zeitlichen und organisatorischen „Überraschungen“.
Ist das indische Steuerrecht wirklich komplizierter als das deutsche ?
Beide Systeme sind komplex. Erschwerend kommt in Indien hinzu, dass viele Bereiche nur gering reguliert und von einer uneinheitlichen Rechtsprechung geprägt sind. Vergleichsweise aggressiv ist die Steuerverwaltung im Bereich Verrechnungspreise, das heißt in Fragen, ob beispielsweise eine Vertriebstochter Medizinprodukte zu einem fairen, „fremdüblichen“ Preis von der ausländischen Muttergesellschaft importiert oder einen zu hohen Preis zahlt. Für den Berater ist es herausfordernd, mit der indischen Steuerverwaltung eine Verständigung zu finden. Ziel ist es, bestehende Steuervorteile für Medizintechnikprodukte zu nutzen und durch die richtige Dokumentation zu verhindern, dass Warenlieferungen durch den indischen Zoll aufgehalten werden.
Worauf sollten besonders Unternehmen der Medizintechnikbranche achten?
Der Schutz des eigenen geistigen Eigentums, insbesondere von Marken und Patente, sollte angepasst und aktuell sein. In Fällen, in denen eine örtliche Registrierung erforderlich ist und diese durch einen lokalen Partner vorgenommen wird, entsteht bei einer Trennung häufig Streit mit der Übertragung einer solchen Registrierung, was die Bearbeitung des Marktes dann behindert. Daher muss sorgfältig erwogen werden, ob und, falls ja, unter welchen Bedingungen, ein lokaler Partner Inhaber einer Registrierung werden soll.
Welche Informationen sind noch wichtig?
Im Bereich der geschäftlichen Strategie ist es sinnvoll, Angaben eines potenziellen Kooperationspartners unabhängig zu verifizieren. Für Fragen der Markteinschätzung ist der eigene Eindruck eine wichtige Grundlage, die aber durch Marktanalysen flankiert werden sollte.
Susanne Schwab susanne.schwab@konradin.de
Weitere Informationen Rödl & Partner berät in Indien speziell deutsche Unternehmen angefangen von der steuerlichen und rechtlichen Strategie über die Gründung einer Präsenz bis hin zur Verwaltung, externem Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung. Dazu sind deutsche Professionals in Deutschland und Indien tätig. Auch werden Entsendungen vom deutschen Entsendevertrag bis hin zur in Indien abzuführenden Lohnsteuer begleitet. www.roedl.de
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