Schrauben werden meist aus Stahl hergestellt. Große Hitze oder Säure setzt diesem sonst so stabilen Material jedoch stark zu. Keramische Schrauben sind ein Alternative. Welche Kräfte sie aushalten, können Forscher nun präzise vorhersagen
Damit gebrochene Knochen richtig zusammenwachsen, verbinden Ärzte die Knochenfragmente mit Schienen. Verwenden sie dabei Metallschrauben, kann es jedoch zu Unverträglichkeiten kommen. Viele Mediziner würden daher keramische Schrauben bevorzugen. Gleiches gilt für Implantate, die für lange Zeit im Körper verbleiben sollen und den Einsatz von Computer- und Magnetresonanztomographie unmöglich machen, wenn sie metallische Teile enthalten.
Aber auch für chemische, elektrische und thermische Anwendungen wären Keramikschrauben eine gute Alternative. Sie wirken elektrisch isolierend und vertragen den Einsatz in Säuren und Laugen. Darüber hinaus trotzen sie Temperaturen von über 1000 °C, während ihre metallischen Gegenstücke bei etwa 500 °C erweichen. In Öfen beispielsweise, wo hohe Temperaturen herrschen, bestehen meist schon alle Teile aus Keramik – außer den Schrauben. „Mit Keramikschrauben könnte man den Techniksprung hin zur Keramik endlich vollständig vollziehen“, sagt Dr. Christof Koplin, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für Werkstoffmechanik IWM in Freiburg.
Bisher stehen die Hersteller dem Werkstoff jedoch noch skeptisch gegenüber, denn Keramik ist spröde. Zwar gibt es Keramiken, die ähnlich viel aushalten wie Stahl. Verarbeitet man diese allerdings zu einer Schraube, bleiben schätzungsweise nur rund 10 bis 20 % der ursprünglichen Tragkraft übrig.
Forscher am Fraunhofer IWM suchen nun mit einem Schraubenprüfstand und Simulationen nach Lösungen für dieses Problem – gemeinsam mit ihren Kollegen des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden und dem Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb IWF der TU Berlin. Zudem optimieren sie das Schraubendesign.
Die Belastbarkeit bei gleich gebauten Keramikschrauben variiert darüber hinaus. Die Ursache dafür ist der Aufbau der Keramik aus vielen kleinen Körnern. Verbinden sich diese bei der Herstellung nicht richtig miteinander, entsteht ein kleiner Riss, der schließlich zum Bruch führen kann.
Die Forscher haben den Herstellungsprozess nun so optimiert, dass in keinem der zahlreichen Schritte solche Risse entstehen. „Wir konnten die Streuung deutlich reduzieren und damit die Belastungsgrenze der Schrauben erhöhen“, sagt Koplin. Besonders viel Potenzial für Verbesserungen sieht er im letzten Arbeitsschritt, der dem Schraubengewinde eine Form verleiht – sei es über das Spritzgießen oder das Schleifen. Inzwischen können sich Schraubenhersteller auch an das IWM wenden und sich dazu beraten lassen, welches Design für die angestrebte Schraubenbelastung gut ist und wie der ideale Herstellungsprozess aussehen sollte.
In ihrem Prüfstand haben die Forscher bereits selbst hergestellte Keramikschrauben getestet, und diese wiesen etwa 30 bis 35 % der Tragkraft von gleich gestalteten Pendants aus Stahl auf. „Das ist ein großer Sprung nach vorn“, sagt Koplin. „Für viele Anwendungen würde diese Tragkraft bereits ausreichen, wenn man die Schraube etwas größer auslegt.“ op
Weitere Informationen Zum Fraunhofer IWM: www.iwm.fraunhofer.de
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