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Der Tiger setzt zum Sprung an

Marktchancen
Der Tiger setzt zum Sprung an

Marktchancen | Taiwan setzt auf innovative Medizintechnik „Made in Taiwan“ und holt sich dazu internationale Partner ins Boot. Bei spezialisierter Diagnostik- und Behandlungsausrüstung bleibt der „Tigerstaat“ jedoch weiter auf Importe angewiesen.

Bettina GonserFreie Journalistin in Stuttgart

Bei Hightech ist Taiwan ganz groß – wenn es um Notebooks, Smartphones oder Halbleiter geht. Jetzt setzt der technologisch hoch entwickelte „Tigerstaat“ auch bei der Medizintechnik zum Sprung an. Selbstbewusst präsentierten taiwanische Unternehmen im November in Düsseldorf auf der Weltleitmesse Medica ihre Innovationen – vom Ultraschall-Handgerät bis zum Gewebeproben-Mikroarray-System.
Selbstbewusst sind auch die Pläne, die Taiwans neue Regierung mit der Branche verfolgt. Präsidentin Tsai Ing-wen, seit Mai 2016 im Amt, möchte ihr Land zu einem asiatischen Zentrum für Biotechnologie, medizinische Forschung und Technologie ausbauen. Die Ziele sind hoch gesteckt: So will die Regierung laut Taipei Times – einer der größten englischsprachigen Zeitungen – im laufenden Jahr umgerechnet 346 Mio. US-Dollar in die Entwicklung von zehn großen Gesundheitsunternehmen, 20 Medikamenten und 80 neuen Medizinprodukten investieren, die bis 2025 international vermarktet werden sollen.
Das geht nicht im Alleingang. Taiwanische Unternehmen treten bislang vor allem als Original Equipment Manufacturer (OEM) oder Original Design Manufacturer (ODM) auf. Um Forschung, Entwicklung und Produktion im Gesundheitssektor weiter voranzubringen, holt man sich nun ausländische Investoren ins Boot und sucht die Kooperation mit internationalen Unternehmen.
„Taiwan macht es Unternehmen wie Arburg leicht zu investieren“, sagt Andrea Carta, Bereichsleiter Vertrieb Übersee beim Maschinenbauer aus dem schwäbischen Loßburg. Der Hersteller von Spritzgießmaschinen für die Kunststoffverarbeitung hat im April 2016 in der Millionenstadt Taichung eine Niederlassung eröffnet, 550 Quadratmeter groß, mit Vorführraum und Ersatzteillager. Neun Mitarbeiter betreuen unter anderem Kunden aus der Medizintechnik mit Pre- und After-Sales-Service. Zuvor war die Arburg GmbH + Co KG schon seit Jahrzehnten über einen Handelspartner vor Ort.
Für Arburg ist Taiwan mit seinen innovativen Hightech-Unternehmen ein interessanter Markt. „Der Wohlstand ist in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, das Pro-Kopf-Einkommen ist eines der höchsten in Asien, und die Menschen werden immer älter“, sagt Carta. Entsprechend nehme der Bedarf an Konsumgütern und Produkten für die Medizintechnik zu. Diese wachsende Branche stehe zunehmend im Fokus der kunststoffverarbeitenden Industrie.
Lokale Medtech-Branche wächst um 8,5 Prozent
Obwohl die „Republik China“, so der offizielle Name, 2016 vorübergehend in die Rezession abrutschte, konnte die lokale Medtech-Branche einen Zuwachs von 8,5 % verbuchen. Mehr als tausend Unternehmen – allein von 2014 auf 2015 stieg die Anzahl um ein Drittel – produzierten Waren im Wert von umgerechnet rund 3,3 Mrd. US-Dollar. Für 2017 wird laut Germany Trade & Invest (GTAI) eine weitere Steigerung um 8,6 % erwartet.
Wettbewerbsfähig sind taiwanische Hersteller, die vor allem für den Export produzieren, GTAI zufolge insbesondere bei Produkten wie Rollstühlen, elektronischen Thermometern, Blutdruck- und Blutzuckermessgeräten, Hörgeräten oder Kontaktlinsen. Während einige Firmen bereits im High-End-Bereich expandieren, muss das Gros an spezialisierter Diagnostik- und Behandlungsausrüstung weiter eingeführt werden.
2015 importierte Taiwan Medizintechnik im Wert von 1,53 Mrd. US-Dollar – gut 8 % mehr als im Vorjahr. Hauptlieferant waren die USA mit einem Warenwert von knapp 500 Mio. US-Dollar. Deutschland folgte mit Lieferungen im Wert von rund 181 Mio. US-Dollar hinter Japan und vor China auf Platz drei, konnte mit 2 % jedoch nur einen wesentlich geringeren Zuwachs verbuchen als die Konkurrenz aus Asien und Nordamerika. Mit einem Importanteil von knapp 26 % (2015) sind deutsche Hersteller vor allem bei Elektrodiagnoseapparaten und -geräten gut im Geschäft.
Als größtes Risiko sieht Dietmar Roethlinger, CEO Greater China von Dräger, die Preiserosion aufgrund des stark umkämpften Marktes. „Das macht für uns die Margen weniger attraktiv“, sagt Roethlinger. Hinzu komme, dass die Wirtschaftskraft in Taiwan nicht so sehr wachse wie in China, auch das beeinflusse die Auftragslage.
Das Lübecker Unternehmen der Medizin- und Sicherheitstechnik ist seit nahezu 50 Jahren auf dem taiwanischen Markt, seit 2001 mit einer eigenen Niederlassung in Taipei. Besonders hohe Umsätze gibt es bei Anästhesie- und Beatmungsgeräten. Allerdings, so Roethlinger, sei der Markt nicht sehr groß – besonders im Vergleich zu China mit seinen teilweise noch wenig erschlossenen ländlichen Regionen. Das eher kleine Land verfüge über eine gut entwickelte Gesundheitsversorgung und baue kaum noch neue Krankenhäuser: „Deshalb ergeben sich für uns Chancen vor allem dann, wenn veraltete Geräte ersetzt werden müssen. Oder wenn im Zuge der Renovierung oder des Ausbaus von Intensivstationen und Operationssälen neue Geräte angeschafft werden.“
Als zukunftsträchtig gelten insbesondere Produkte für die Gesundheitsversorgung von älteren Menschen – ein Markt, den auch die Regierung des 23-Millionen-Einwohner-Staates im Visier hat, global wie insbesondere in Südostasien. Schon heute ist jeder achte Taiwanese über 65 Jahre alt, bis 2030 wird dies voraussichtlich auf jeden vierten zutreffen: Die Geburtenrate ist eine der niedrigsten weltweit.
In Bereichen wie Personal Care, Diagnostik und Gesundheitsvorsorge sieht Arburg-Bereichsleiter Andrea Carta steigenden Bedarf. Produkte für E-Health und Fitness-Monitoring wie Smart Watches liegen im Trend. Da für flexible Uhren, Beatmungsmasken und weitere Anwendungen vermehrt Produkte aus Flüssigsilikon zum Einsatz kommen, bieten sich gute Perspektiven für den Spritzguss-Spezialisten.
Erfolg kommt nicht von allein. „Zunächst ist es wichtig, die Kultur der taiwanischen Kunden und Mitarbeiter zu kennen und zu respektieren“, erklärt Niederlassungsleiter Michael Huang. Und man müsse sich von den Mitbewerbern unterscheiden: „Arburg tut dies als Anbieter von Qualitätsprodukten ,Made in Germany‘, der über den Verkauf von High-End-Maschinentechnik hinaus exzellenten Service und Kundenbetreuung bietet.“ ■

Weitere Informationen
Zum Maschinenbauer Arburg:
Zum Medtech-Hersteller Dräger:
Zu Germany Trade & Invest:
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