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Der Nebel lichtet sich

Kühlschmierstoffe: Besondere Anforderungen in der Medizintechnik
Der Nebel lichtet sich

Schwer zerspanbare Materialien stellen hohe Ansprüche an Kühlschmierstoffe in der Medizintechnik. Dabei müssen diese nicht nur hohe Werkzeugstandzeiten garantieren, sondern zugleich auch verträglich für Umwelt und Anwender sein.

Metalle wie Titan- und Kobaltlegierungen und rostfreie Stähle finden in der Medizintechnik Anwendung, da sie sich durch ihre gute Biokompatibilität und ihre hohe Resistenz gegen Korrosion auszeichnen. Die Vorteile dieser Werkstoffe liegen damit klar auf der Hand. Auf der anderen Seite stellen solche Werkstoffe, insbesondere Titan und seine Legierungen, eine extreme Herausforderung für den Zerspanungsprozess dar. Eine große Portion Know-how zusammen mit dem richtigen Werkzeug und vor allem auch dem richtigen Kühlschmierstoff ist hier nötig.

Die Fuchs Europe Schmierstoffe GmbH in Mannheim hat bereits bei der Titanzerspanung für die Aerospace-Industrie in mehreren Projekten mit Forschungseinrichtungen große Erfahrungen gesammelt. Diese Erfahrungen finden auch erfolgreich Anwendung bei Unternehmen der Medizintechnik wie Degudent und Stryker. Dabei handelt es sich nicht um Produkte von der Stange.
Jeder Anwender stellt unterschiedliche Anforderung an den Kühlschmierstoff. Dennoch ist ein Trend zu biologisch abbaubaren Kühlschmierstoffen klar zu erkennen. Auch die Gesundheit der Mitarbeiter steht im Vordergrund.
Die Entwicklung und Anwendung von Kühlschmierstoffen wird heute auch überwiegend von nichttechnischen Anforderungen geprägt. Daher finden Syntheseester auf der Basis pflanzlicher Rohstoffe Anwendung. Diese Kühlschmierstoffe verbinden mehrere positive Eigenschaften miteinander. Zum einen sind sie hautverträglich und toxikologisch unbedenklich, zum anderen sind sie auch sehr emissionsarm. Diese verdampfungsarmen Öle senken die Arbeitsplatzbelastung für die Mitarbeiter und wirken sich somit auch positiv auf den Verbrauch aus. Ein zusätzliches Plus des verdampfungsarmen Öls ist die geringere Brand- und Explosionsgefahr. Nebel- und verdampfungsarme Ester weisen eine fast doppelt so hohe Selbstentzündungstemperatur (400 °C) auf wie verdampfungsreiche Mineralöle (220 °C).
Neben all diesen Eigenschaften spielt immer noch die Zerspanungsleistung die wichtigste Rolle in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit. Probleme bei der Titanzerspanung treten auf, da der Werkstoff aufgrund der geringen Wärmeleitung einen Hitzestau erzeugt und die Wärme somit im Werkstück und im Werkzeug verbleibt. Dabei können durch Adhäsion Verschweißungen am Werkzeug auftreten. Ziel der Kühlschmierstoffe des Mannheimer Herstellers ist es somit, diese Wärme durch Minimierung der Reibung erst gar nicht entstehen zu lassen.
In den Forschungsprojekten wurden auch Untersuchungen zur Hochdruckzerspanung durchgeführt. Dabei fanden Drücke bis zu 200 bar Anwendung. Besonders eignen sich dafür Kühlschmierstoffe auf Basis synthetischer Ester, die ein ausgezeichnetes Luftabscheideverhalten besitzen. Konventionelle Mineralöle nehmen bei Hochdruckbearbeitungen sehr viel Luft auf und neigen zum Schäumen. Die eingeschlossene Luft im Öl führt dabei zu einer wesentlich schlechteren Wärmeabfuhr. Esteröle bestimmter Struktur geben die Luft sofort ab und schäumen nicht. Die günstigere Wärmeabfuhr erlaubt häufig eine Erhöhung der Schnittgeschwindigkeiten. Dabei kann die Wärmeabfuhr auch durch spezielle hochdruckstabile wassermischbare Kühlschmierstoffe noch wesentlich erhöht werden. Gerade beim Bohren von Löchern in Implantatplatten oder beim Mikrofräsen der Formgedächtnislegierung Nitinol, welche eine sehr große Adhäsionskraft aufweist, bietet sich der Einsatz der Minimalmengenschmierung an. Dabei setzt man ebenfalls unter anderem auf die Basis des synthetischen Esters.
Auch auf dem Spezialgebiet der Keramikbearbeitung abseits der Metallbearbeitung konnte Fuchs bereits positive Erfahrungen sammeln. Bei der Keramikbearbeitung werden nur spanende Fertigungsverfahren mit unbestimmter Schneide verwendet. Gerade beim Schleifprozess von Aluminiumoxid- Keramiken, welche meist für Kugeln bei der Hüftendprothese, aber auch im Bereich des Kniegelenks eingesetzt werden, spielt der Schmierstoff eine entscheidende Rolle. In Forschungen der Iowa State University etwa wurde festgestellt, dass durch den Einsatz von nicht wassermischbarem Kühlschmierstoffen Al(OH)3 und Me2SiO5 auf der Oberfläche gebildet wird, welches sich leichter bearbeiten lässt und auch zu deutlich geringerer Tiefenschädigung führt. Fuchs setzt bei diesem Anwendungsfall auf Weißöle, die dermatologisch unbedenklich sind. Gleichzeitig besitzen sie eine hohe Netz- und Spülwirkung bei geringer Verdampfung.
Querkontaminationen lassen den Reiniger früher sättigen. Das Mannheimer Unternehmen bietet hier ein Unifluid-Konzept an. Diese Produkte sind sowohl als Hydrauliköl als auch als Schneidöl einsetzbar, ohne Abstriche in Bezug auf die Leistung machen zu müssen.
Die Anwendung von Magnesiumlegierungen für den Einsatz als resorbierbare Materialen befindet sich noch im Forschungsstadium. Fuchs hat mit den Entwicklungen geeigneter Kühlschmierstoffe für diesen Implantatwerkstoff bereits begonnen.
Das Resorptionsverhalten der Magnesiumimplantate wird sowohl über Geometrie als auch über mechanische Bearbeitungsverfahren eingestellt. Dabei sind poröse Implantate und solche aus Vollmaterial im Gespräch. Der Schmierstoff-Spezialist konnte in diesem Bereich bereits sehr viel Erfahrung auf dem Automobilsektor sammeln. Da Magnesium mit Wasser unter Wasserstoffbildung zu Magnesiumhydroxid reagiert, stellt der Bearbeitungsprozess mit wassermischbaren Kühlschmierstoffen eine besondere Herausforderung dar, die Fuchs mit speziell abgestimmten Produkten kontrollieren kann. Da bei der Zerspanung von porösen Magnesiumimplantaten die Wasserstoffbildung aufgrund der größeren Oberfläche ansteigt, setzt das Unternehmen hier auf einen speziellen wassermischbaren Kühlschmierstoff, der die Wasserstoffbildung weitgehend inhibiert. Ebenso können jedoch auch nicht wassermischbare Kühlschmierstoffe auf Basis hochraffinierter Mineralöle und synthetischer Esteröle eingesetzt werden.
Carmen Freiler und Sabine Zitzlsberger Product Management, Fuchs Europe Schmierstoffe, Mannheim

Anforderungen
In der Medizintechnik müssen Kühlschmierstoffe besondere Anforderungen erfüllen:
  • Technische Anforderungen – Hohe Werkzeugstandzeiten – Hohe Zerspanungsleistung – Hohe Oberflächengüte – Gute Abwaschbarkeit
  • Arbeits- und Gesundheitsschutz – Gute Hautverträglichkeit – Geringer Verdampfungsverlust – Hoher Flammpunkt
  • Umweltschutz – Biologisch schnell abbaubar

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