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Das Geschäft mit dem Alter

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Das Geschäft mit dem Alter

Das Geschäft mit dem Alter
Dr. med. Sabine Reuter mit dem Diagnostikgerät für die Schluckstörungen Bild: Helios Kliniken
Gerontologie: Bedingt durch den demographischen Wandel ändert sich die Altersstruktur der Bevölkerung in Deutschland in erheblichem Maße. Hierauf muss sich künftig die medizinische Versorgung einstellen und sich an die Entwicklungen anpassen. Für Herstellern von Medizingeräten und Klinikausstatter entsteht ein wichtiger Wachstumsmarkt.

Vor allem bei geriatrischen Patienten ist sie weit verbreitet: die Schluckstörung. Sie hat nicht nur eine mangelnde Nahrungsaufnahme zur Folge, sondern kann auch dazu führen, dass Nahrungsteile in die Luftröhre gelangen und im schlimmsten Fall zum Erstickungstod führen. Geriaterin Dr. med. Sabine Reuter kann Schluckstörungen mit moderner Technik einfach diagnostizieren und dann gezielt behandeln. Der Bedarf ist groß: Fast die Hälfte aller Schlaganfallbetroffenen und ebenso viele Patienten mit Morbus Parkinson oder Demenz leiden an einer Schluckstörung, der sogenannten Dysphagie. Dabei ist das Zusammenspiel der zahlreichen Muskeln, die am Schluckakt beteiligt sind, gestört, sodass es beim Schlucken zum Husten kommen kann oder Nahrung im Mund hängen bleibt. „16 bis 22 Prozent der über 55-Jährigen leiden an Schluckstörungen mit steigender Häufigkeit im Alter, das bedeutet, dass viele Patienten in der Geriatrie, also der Altersmedizin, eine unzureichende Schluckfunktion haben“, erklärt Dr. med. Sabine Reuter, Chefärztin der Abteilung für Innere Medizin – Geriatrie der Helios St. Marienberg Klinik Helmstedt.

Meist sind neurologische Krankheitsbilder Ursache für die Dysphagie. „Das kann ein vorangegangener Schlaganfall aber auch Demenz und Parkinson sein. Manchmal sind auch unentdeckte Entzündungen in Mund und Speiseröhre ursächlich. Im Rahmen der individuellen Diagnostik steht daher immer im Fokus, die Ursache für die Schluckstörungen zu finden und zu therapieren“, so Dr. Reuter weiter.
Mithilfe eines flexiblen Endoskops kann die Geriaterin in der Helmstedter Klinik den Schluckakt bei Betroffenen beobachten und aufzeichnen. „Dazu wird der feine Endoskop-Schlauch mit einer integrierten Videokamera über die Nase in den Rachen des Patienten eingebracht. Dann prüfen wir die Schluckfunktion ohne und mit Nahrung in unterschiedlicher Konsistenz. Dabei beobachten wir, wie die verschiedenen Strukturen zusammenarbeiten, beispielsweise ob die Stimmritze richtig schließt oder Flüssigkeit vorzeitig in die Lunge läuft.“ Ist die Ursache gefunden, schließt sich eine individuelle Therapie an, um die älteren Patienten auf die selbstständige und problemlose Nahrungsaufnahme im häuslichen Umfeld vorzubereiten.
Werden Schluckstörungen nicht erkannt und behandelt, sind körperliche und soziale, aber auch psychische Probleme die Folge. „Vor allem bei älteren Betroffenen ist die richtige Nahrungsaufnahme wichtig, um einer Mangelernährung und somit auch Erkrankungen durch Nährstoffmangel vorzubeugen“, sagt die Geriaterin. „Das Wichtigste ist jedoch, zu vermeiden, dass Speisebestandteile in die Luftröhre gelangen und dort Lungenentzündungen verursachen. Vor allem bei Schlaganfallpatienten ist das Risiko hierfür besonders hoch“, so die Chefärztin.
Um die älteren Patienten künftig noch besser versorgen zu können, hat das Helios Klinikum Uelzen seine Station für Altersmedizin umfassend modernisiert. Knapp vier Monate waren die Handwerker beschäftigt. Jetzt versorgt In den modernisierten Räumen im dritten Obergeschoss das Team aus Ärzten, Pflege und Therapeuten bis zu 24 Patienten nach den aktuellsten altersmedizinischen Anforderungen. Zur Verfügung stehen großzügige Therapie-, Aufenthalts- und Untersuchungsräume. Den Patienten bietet die Station zudem mehr Komfort. Die renovierten Zimmer sind mit elektrisch verstellbaren Betten und modernen Fernsehern ausgestattet. Für den Umbau investierte das Helios Klinikum Uelzen rund 350000 Euro.
„Der demografische Wandel erfordert auch von Krankenhäusern neue Konzepte bezüglich der Gesundheitsversorgung älterer Menschen. Mit der Eröffnung der Geriatrie-Abteilung zu Jahresbeginn und der Erweiterung der Station auf 24 Betten legen wir den Grundstein, um die steigende Zahl älterer Patienten wohnortnah versorgen zu können“, so Klinikgeschäftsführer Stefan Starke. Bisher standen der Abteilung Geriatrie zehn Betten zur Verfügung. Glücklich über die neue Station ist auch die Chefärztin der Geriatrie, Tamara Mädge: „Wir haben hier perfekte Arbeitsbedingungen und versorgen unsere Patienten in einer tollen Wohlfühlatmosphäre, in sehr hellen und freundlich gestalteten Räumen. In den ersten Tagen haben das schon viele Patienten und Angehörige gelobt.“
Für die Versorgung älterer und hochaltriger Patienten wurden mit der Geriatrie und den geriatrischen Fachabteilungen in den letzten 20 Jahren flächendeckend fachspezifische Versorgungsstrukturen an Krankenhäusern beziehungsweise speziellen Rehabilitationseinrichtungen eingerichtet. Mit unfallchirurgischen Abteilungen an Krankenhäusern und Kliniken gibt es darüber hinaus eine flächendeckende Versorgungsstruktur für Traumapatienten. Zielsetzung der dieses Zertifizierungsverfahren tragenden Organisationen ist es, die Entstehung von Alterstraumatologischen Zentren mit einem festgelegten qualitativen Anspruch auf freiwilliger Basis zu fördern und somit die fachspezifische Versorgung von geriatrischen Traumapatienten zu verbessern. In Alterstraumatologischen Zentren werden betroffene Patienten ganzheitlich und in allen Phasen der Erkrankung sowohl unter traumatologischen wie auch geriatrischen Aspekten behandelt.
Eine entsprechende ganzheitliche und umfassende Versorgung von geriatrischen Traumapatienten ist nur durch eine verzahnte und aufeinander abgestimmte Zusammenarbeit von Spezialisten der beiden Fachbereiche möglich und umfasst medizinische, pflegerische und therapeutische Aspekte.
Im Mittelpunkt steht somit die Zusammenarbeit von Geriatrie und Unfallchirurgie mit ihren konkreten Prozessen, das heißt, die gegenseitige Ausrichtung der jeweiligen Arbeitsweisen auf die Erfordernisse einer optimalen Versorgung dieser besonderen Patientengruppe. Ziel ist die Optimierung einer engen, an dem spezifischen Behandlungsbedarf des geriatrischen Traumapatienten ausgerichteten, interdisziplinären Zusammenarbeit aller ärztlichen und nicht-ärztlichen Mitarbeiter der beiden Fachbereiche zum Wohle der Patienten. Hierzu wurden spezifische fachliche Anforderungen festgelegt.
Die geriatrischen Kliniken behandeln geriatrische Patienten, die neben dem höheren Lebensalter insbesondere durch eine geriatrietypische Multimorbidität bzw. alterstypisch erhöhte Vulnerabilität gekennzeichnet sind. Dies beinhaltet multiple strukturelle oder funktionelle Schädigungen, die erhöhte Gefahr des Auftretens von Komplikationen und Folgeerkrankungen sowie der Chronifizierung, was letztlich ein erhöhtes Risiko hinsichtlich des Verlustes der Autonomie mit Verschlechterung des Selbsthilfestatus beinhaltet. Dies betrifft sowohl ein altersassoziiertes häufiges Auftreten von Erkrankungen wie kardiovaskuläre und pulmonale Erkrankungen wie altersassoziierte Syndrome. Hinzu kommt noch eine zumeist vorliegende Mehrfachmedikation sowie eine altersbedingte herabgesetzte Medikamententoleranz, die besondere Beachtung finden muss.
Geriatrie ist somit der Zweig der Medizin, der sich mit der Gesundheit im Alter und den präventiven, klinischen, rehabilitativen sowie sozialen Aspekten von Krankheiten beim älteren Menschen beschäftigt und dabei die Besonderheiten des älteren beziehungsweise hochaltrigen Patienten entsprechend umfassend aufgreift. Die genannten Gefahren werden insbesondere im Rahmen eines beispielsweise unfallbedingten Krankenhausaufenthaltes eines geriatrischen Patienten relevant. Durch das veränderte Umfeld, den Einfluss von Narkose und OP sowie die krankheitsbedingten Maßnahmen und Immobilität können sich typische geriatrische Syndrome ausbilden oder deutlich verstärken.
Dieser besondere medizinische Kontext erfordert, dass die unfallchirurgische Behandlung und insbesondere die sich anschließende Behandlungsphase frühestmöglich unter Beachtung der besonderen Bedarfe des geriatrischen Patienten erfolgen. Zudem setzt es voraus, dass nicht nur qualitativ hochwertige unfallchirurgische und geriatrische Versorgungsstrukturen bestehen, sondern dass diese auch in besonderer Weise gemeinsam und strukturiert aufeinander abgestimmt patientenorientiert arbeiten. Dabei müssen die strukturellen Voraussetzungen so angelegt sein, dass sie die entsprechende Zusammenarbeit ermöglichen und regelhaft sicherstellen.
Die Unfallchirurgie befasst sich mit den operativen und konservativen Verfahren zur Wiederherstellung und Erhaltung der durch Unfälle, das heißt traumatisch geschädigten Körperstrukturen beziehungsweise Organen. Im Alterstraumatologischen Zentrum (atz) vereinigt sich sowohl die chirurgische Kompetenz als auch das altersmedizinische Fachwissen zu einer Behandlungseinheit – immer im Sinne des betroffenen Patienten.
Ziel ist die Entwicklung und dauerhafte Umsetzung einer funktionalen und strukturellen Konzeption für die medizinisch-inhaltliche Kooperation im Sinne eines medizinischen Kompetenzzentrums. Sowohl die Unfallchirurgie als auch die Geriatrie müssen über eine nachgewiesene Versorgungsqualität verfügen. Zudem müssen sie jeweils derart strukturell aufgestellt sein, dass die Belange älterer und hochaltriger Patienten dabei besondere Berücksichtigung finden. Auf diesen Basisstrukturen setzt das Alterstraumatologische Zentrum als Ort der kooperativen, gemeinschaftlichen Behandlung des alten Traumapatienten auf, wobei es, bedingt durch das föderale System in Deutschland, regional unterschiedlich ausgestaltete Versorgungsstrukturen geben kann. Diese müssen jeweils Berücksichtigung finden. Die Zentrumsstruktur bildet somit den organisatorischen Rahmen. Inhaltlich geht dies jedoch über eine reine „Schnittmenge“ von Unfallchirurgie und Geriatrie hinaus, da nicht nur Strukturen sondern auch Prozesse und die inhaltliche Weiterentwicklung abgestimmt sein müssen. So bindet das Alterstraumatologischen Zentrum beispielsweise bedarfsweise weitere Partner mit ein, wie beispielsweise im Bereich der Anästhesie oder der Hilfsmittelversorgung. Ziel ist die möglichst umfassende Reintegration des Alterstraumapatienten in sein soziales Umfeld, der Erhalt und die Wiederherstellung der funktionalen Gesundheit, das Erreichen einer möglichst großen Autonomie und die Ermöglichung und Sicherstellung der gesellschaftlichen Teilhabe. su
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