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Damit die Schutzkappe sicher sitzt

Heißkanaltechnik: Mehrfachdüsen für die präzise Tandemfertigung
Damit die Schutzkappe sicher sitzt

Die Produkte Mini-Spike und Transofix von B. Braun sind mit Schutzkappen versehen, die, äußerst präzise gefertigt, in Millionenstückzahlen pro Jahr benötigt werden. Um eine störungsfreie Produktion zu gewährleisten, hat der Anbieter auf Tandemfertigung umgestellt.

Mehr als 70 Millionen Schutzkappen pro Jahr sind für die Produktion von Mini-Spike und Transofix erforderlich. Das erste Produkt dient bei der Arzneimittelzubereitung als Entnahme- und Zuspritz-Spike für Mehrdosenbehälter, das zweite als Transferset für sterile Flüssigkeiten beispielsweise beim Mischen von Lösungen und Medikamenten. Trotz der hohen Stückzahlen steht bei der Produktion der Schutzkappen die Präzision an erster Stelle. „Der Klemmsitz der Schutzkappen ist so zu fertigen, dass die Kappen einerseits beim Transport der Medizinprodukte nicht verloren gehen, sich andererseits aber problemlos abziehen lassen“, weiß Stefan Moser, Projektingenieur bei der B. Braun Melsungen AG, Melsungen. „Und zwar auch dann, wenn der Anwender beispielsweise Latexhandschuhe trägt, die unter Umständen zudem mit Flüssigkeiten wie Lösungsmittel benetzt sein können.“

Bis zur Produktionsumstellung Anfang 2007 fertigte der Anbieter die Schutzkappen auf zwei konventionellen Mehrfachwerkzeugen mit Mehrfachdüsen. Auslöser für die Produktionsumstellung war, dass diese Werkzeuge auf Grund ihrer niedrigen Fachzahl zum einen die erforderlichen Stückzahlen nicht mehr erreichten und zum anderen das Mini-Spike-Werkzeug an der Verschleißgrenze angelangt war. „Bei uns ist es Firmenphilosophie, dass wir bei jeder Produktionsumstellung prüfen, ob und wie wir Fertigungskosten einsparen können“, so Moser.
Als Lösung für das „Stückzahlenproblem“ bot sich die Tandemtechnologie an. Damit lassen sich auf einer Spritzgießmaschine in einem überlappenden Spritzgießzyklus zwei unterschiedliche Artikel auf einem mit zwei Trennebenen ausgestatten Tandemwerkzeug separat und individuell spritzen. Volumen sowie Stückzahl können je Trennebene unterschiedlich sein. Das Verschlusssystem des Tandemwerkzeugs besteht aus einem wechselseitigen Schieber mit Bajonettverschluss, bei dem jeweils eine Seite verriegelt und eine Seite zum Öffnen freigeschaltet wird. „Das System ist einfach aufgebaut, robust und unanfällig gegenüber Störungen“, erklärt Joachim Hammer, Maschineneinrichter und Güteprüfer bei dem Anbieter aus Melsungen.
Für die Anwendung der Tandem-Technologie ist eine Spritzgießmaschine mit relativ großer Werkzeug-Einbauhöhe und einer angepassten Programmierung erforderlich. B. Braun entschied sich für eine Maschine vom Typ Engel 200/90 V Electric mit elektrischer Spritzeinheit. „Highlight des Tandemwerkzeugs ist das Heißkanalsystem“, so Moser. „Dieses garantiert nicht nur, dass die Kavitäten in den beiden Seiten des Werkzeugs gleichmäßig gefüllt werden, sondern auch, dass die Schutzkappen einen einwandfreien Anspritzpunkt aufweisen.“
„Wegen der hohen Fachzahl von 24+48 in dem Tandemwerkzeug hatten wir seinerzeit zunächst ein 24+48-fach-Heißkanalsystem mit individuell geregelten, offenen Einfachdüsen im Fokus“, erinnert sich Walter Ehlert, zuständig für Beratung und Verkauf bei der Günther Heisskanaltechnik GmbH, Frankenberg. „Allerdings wäre der Aufwand, solch ein System in dem kompakt geplanten Werkzeug unterzubringen, zu groß geworden.“ Da in dem schon vorhandenen Schutzkappen-Werkzeug der Heißkanal mit Mehrfachdüsen gut funktionierte, rückte in der Folge diese technische Alternative ins Blickfeld. Die Vorteile für die Tandemfertigung beschreibt Ehlert folgendermaßen: „Solche Düsen bauen sehr klein, lassen somit sehr kleine Raster im Werkzeug zu und halten den Regelungsaufwand gering.“
Oft ist der Einsatz von Mehrfachdüsen allerdings ein Kompromiss, da auf vier Ausgänge nur eine Regelstelle kommt. Anwender können also nicht so detailliert auf den Prozess einwirken wie mit Einfachdüsen. Allerdings lässt sich dieses Merkmal bei „einfachen“ Materialien ohne Probleme kompensieren.
„Von der Kostenseite her ist es bei hochfachigen Werkzeugen erheblich günstiger, mit Mehrfachdüsen zu arbeiten“, ergänzt Ehlert. „Und der Regelungsaufwand bei den Schutzkappen beträgt nur etwa ein Drittel im Vergleich zu individuellen Düsen.“
Das Konzept für das Heißkanalsystem beinhaltet je Trennebene zwölf offene Mehrfachdüsen; einmal vom Typ 26ZHT18/2/67-S mit jeweils zwei Spitzen zur Mini-Spike-Seite und einmal vom Typ 26ZHT18/4/67-S mit jeweils vier Spitzen zur Transofix-Seite. Nadelverschlusstechnik war zunächst nur für den Anschlussschnorchel vorgesehen. Da das Werkzeug mit einem starren Schnorchel arbeiten sollte, der beim Öffnen von Trennebene 1 wegfährt, wurde allerdings neben dem Nadelverschluss im Schnorchel auch Nadelverschlusstechnik an der Spritzgießmaschine vorgesehen. Das hat auch den Vorteil, dass die Maschine noch fördern kann, wenn der Schnorchel abfährt, um Trennebene 1 auszuwerfen.
„Mit dieser Konstellation gab es zu Beginn der Serienfertigung Probleme, den Druck schnell genug aus dem Heißkanalsystem zu evakuieren“, erinnert sich Moser. „Durch die Tandemtechnologie ist ja prinzipiell pro Spritzgussteil in der halben Zykluszeit das Material einzuspritzen, zu fördern und schließlich der Druck wieder aus dem System zu entfernen. Bei den Schutzkappen drückte das Material zur Spritzseite hin aus dem System heraus, und die Artikel zogen anfangs extreme Fäden.“
Das Problem wurde sukzessive durch im Wesentlichen folgende Maßnahmen gelöst: Tausch der Maschinen-Nadelverschlussdüse gegen eine offene Düse, Vergrößerung des inneren Querschnitts der Anschlussdüse und Optimierung des Maschinenprogramms. Die Zykluszeit der Einzelartikel ist heute um 10 % reduziert, wobei durch die Tandemtechnologie mit alternierendem Spritzen und Kühlen in der gleichen Zeit zwei Artikel hergestellt werden. Gutes Füllverhalten für alle Nester, kein Fadenzug, gutes Abrissverhalten – so lassen sich für Stefan Moser die Parameter zusammenfassen, für die das Heißkanalsystem des Frankenberger Spezialisten maßgeblich verantwortlich ist.
Christian Bothur Journalist in Mönchengladbach

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