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Biete Patent – suche Hersteller

Fresenius-Erfindermesse: Neuentwicklungen für die Medizintechnik– von PC-Stuhl bis Software
Biete Patent – suche Hersteller

Im Tüfteln und Testen Spitzenklasse: Kein anderer Bereich meldet europaweit so viele Patente an wie die Medizintechnik. Einen Ausschnitt aus dem Spektrum präsentiert alle zwei Jahre die Fresenius-Erfindermesse auf der Medica.

Es muss nicht immer Hightech sein. Auch scheinbar kleine Erfindungen können kranken Menschen Dienste erweisen – man muss nur darauf kommen, so wie Tanja Gainey. Die Physiotherapeutin aus Heidelberg löste ein Problem von Rollstuhlfahrern, die einen Blasenkatheter benötigen: Wohin mit dem Urinbeutel? Entweder ist er im Weg oder unerreichbar für den Patienten. Gainey ersann eine Halterung für den Katheterbeutel, die mit wenigen Handgriffen zwischen Sitzkissen und Sitzfläche des Rollstuhls angebracht wird. Ein Schiebeelement ermöglicht es, den Beutel unter den Sitz zu fahren und wieder nach vorne zu holen – ohne fremde Hilfe. Jetzt muss die Erfindung nur noch auf den Markt gebracht werden.

Biete Gebrauchsmuster oder Patent – suche Hersteller: So lautet, auf einen Nenner gebracht, denn auch einer der Anreize der Fresenius Erfindermesse auf der Medica. 20 Forscher und Entwickler bekamen im November 2008 wieder die Möglichkeit, ihre Ideen in Düsseldorf dem internationalen Fachpublikum vorzustellen und Kontakte zur Industrie zu knüpfen.
Die Palette war vielfältig. Sie spannte sich vom Bürostuhl fürs Rückentraining am PC über eine Bohrmaschine für Knochenimplantate, einen Vibrationstrainer für die Arme und ein Service-Messgerät zum Überprüfen der Schallleistung an Ultraschallapparaten bis hin zu einem Gerät, das Frauen bei Inkontinenz per Biofeedback effektives Beckenbodentraining ermöglicht: „ProFit for the Lady“ ist als Hilfsmittel angemeldet und soll dieses Jahr auf den Markt kommen.
Eine Alternative zum Goldstandard bei der Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe – der CPAP-Atemtherapie – hat Prof. Dr. Thomas Kühnel von der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Regensburg entwickelt. Sein Silikonimplantat, das mittig im Zungenkörper unter der Schleimhaut eingepflanzt wird, holt die Zunge aus ihrer erschlafften Position im Rachen wieder nach vorn. Der Patient atmet normal weiter. „Schon am zweiten postoperativen Tag spürt man nichts mehr“, sagt der Mediziner, der seine Erfindung bereits rund ein Dutzend Mal implantiert hat.
Neben einer implantierbaren Blutpumpe für Patienten mit chronischem Herzversagen stellte der Maschinenbauingenieur Mustafa Akdis aus dem hessischen Merenberg in Düsseldorf auch eine künstliche Herzklappe vor: Sie kann minimal-invasiv eingesetzt und ausgetauscht werden. Möglich wird dies durch ihren modularen Aufbau. Während der Klappenring dauerhaft implantiert wird, lässt sich das Segel bei Bedarf leicht ersetzen.
Einige Aussteller wurden im Rahmen der Schau ausgezeichnet. Tanja Gainey durfte sich über einen dritten Preis freuen, ebenso wie Ingenieur Dr. Marc Jäger vom Institut für Biomedizinische Technik der Universität Karlsruhe. Er hat ein nur münzgroßes Erste-Hilfe-Sensorsystem entwickelt, das Laien-Ersthelfern die Entscheidung darüber erleichtern soll, ob eine Reanimation erforderlich ist oder nicht. Am Hals der bewusstlosen Person angebracht, analysiert VitalAssist Puls und Atmung und gibt dann eine Empfehlung zur Reanimation.
Mit einem fluoreszenzgestützten Verfahren zur Krebstherapie, das Ärzte am Helios-Klinikum Berlin-Buch ausgearbeitet und im Alltag eingesetzt haben, erreichten die Entwickler den zweiten Platz. Ihr System dient der gezielten Entnahme des ersten, entscheidenden drainierenden Lymphknotens zum Nachweis eines Tumorbefalls und kommt im Gegensatz zur bisherigen Methode ohne Radionuklidkomponente aus. Als Vorteil nennt das Team um Prof. Dr. Michael Hünerbein und Christoph Hirche neben der fehlenden Strahlenbelastung den geringeren logistischen und wirtschaftlichen Aufwand. Die Biopsie des Wächterlymphknotens soll bei Brustkrebsoperationen verhindern, dass alle Achsellymphknoten entfernt werden müssen, was zu einem Lymphstau führen kann.
Mit einem Herzproblem befasste sich die Gewinnerin des Erfinderpreises 2008. „Etwa jeder fünfte Schlaganfall wird durch Vorhofflimmern verursacht“, sagt Dr. Nicole Kikillus. Wird diese Herzrhythmusstörung rechtzeitig erkannt, kann entsprechend mediziert und das Apoplex-Risiko verringert werden. Doch genau hier liegt das Problem, das die Ingenieurin aus Karlsruhe ins Grübeln brachte. Viele Patienten spüren keinerlei Symptome und wissen nichts von ihrer Krankheit. Andere lassen sich zwar untersuchen, doch bleibt im Untersuchungszeitraum das Vorhofflimmern aus. Die von Kikillus entwickelte Software Evidensa soll Vorhofflimmen anhand eines Elektrokardiogramms zuverlässig erkennen – unabhängig davon, ob es während der Untersuchung auftritt. Dazu hat die Forscherin am Institut für Biomedizinische Technik der Universität Karlsruhe empirische Daten von Patienten mit und ohne Vorhofflimmern ausgewertet. Daraus lassen sich Parameter ermitteln, die einem aus zwei künstlichen neuronalen Netzen bestehenden Entscheider die Diagnose ermöglichen: Vorhofflimmerpatient ja oder nein. Jetzt will Kikillus noch mehr Daten sammeln und das Verfahren so weiterentwickeln, dass es für Reihenuntersuchungen genutzt werden kann.
Bettina Gonser Freie Journalistin in Stuttgart

Ihr Stichwort
  • Fresenius-Erfindermesse
  • Katheterbeutelhalter
  • Erste-Hilfe-Sensorsystem
  • Krebstherapie
  • Vorhofflimmern

  • Erfindermesse
    Alle zwei Jahre veranstaltet Fresenius im Rahmen der Medica die Erfindermesse. Sie fand im November 2008 zum 10. Mal statt. Rund 50 Ärzte, Naturwissenschaftler, Ingenieure, Techniker und Pflegekräfte hatten sich an der Ausschreibung beteiligt, 20 von ihnen konnten ihre Ideen auf der Medica vorstellen. Der Gesundheitskonzern will Forscher und Entwickler bei der Suche nach professionellen Partnern aus Industrie und Wirtschaft und potenziellen Investoren für die Vermarktung und Weiterentwicklung ihrer Ideen unterstützen. Überdies locken drei Auszeichnungen in Höhe von 2000 bis 5000 Euro.
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