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Barrieren und Schutz vor Bakterien

Plasmabeschichtung: Neues Atmosphärendruck-Verfahren für viele Anwendungen geeignet
Barrieren und Schutz vor Bakterien

Nachdem ein neues Plasma-Beschichtungsverfahren bereits in der Automobil-, Kunststoff- und Solarindustrie verwendet wird, soll es nun auch die Medizintechnik erobern. Im Frühjahr wurde die Technologie mit dem Industriepreis 2012 ausgezeichnet.

PlasmaPlus ist ein Plasmaverfahren, das in der kontinuierlichen Fertigung unter normalen Luftbedingungen erstmals die funktionale Nanoschichtbildung auf Materialoberflächen ermöglicht. Es kann mikrofein reinigen und desinfizieren, funktionell beschichten und sterilisieren. Diffusionsbarrieren und Gleitschichten können erzeugt und antimikrobielle Schichten abgeschieden werden.

Bis vor kurzem konnte Plasmapolymerisation nur bei Niederdruck, in einer Vakuumkammer, realisiert werden. Gemeinsam mit dem Bremer Fraunhofer IFAM entwickelte und patentierte aber die Plasmatreat GmbH aus Steinhagen in den vergangenen Jahren das einfachere, weit schnellere und kostengünstigere Verfahren mit Atmosphärendruck-Plasma. Das meiste Know-how steckt hier in der verwendeten Düse. Für das Verfahren wurde das Unternehmen in diesem Jahr mit dem Industriepreis 2012 in der Kategorie Produktionstechnik ausgezeichnet.
In der Medizin wird das Niederdruck-Plasmaverfahren bereits häufig angewandt. Damit werden für eine 100 nm Schichtdecke gut 1 bis 2 min benötigt. Diese Aufgabe lässt sich mit der neuen Beschichtungstechnologie in Millisekunden erledigen.
Fertigungsprozesse in der Medizintechnik verlangen jedoch hohe Standards. Oberflächen müssen vor der Weiterverarbeitung oder ihrem Einsatz makellos oder sogar steril sein. Die Vorbehandlungsprozesse müssen darüber hinaus zuverlässig und auf das Genauste reproduzierbar sein. Das prämierte Plasmaverfahren entspricht diesen Anforderungen.
Mit dem PlasmaPlus-Verfahren ist zum Beispiel die Abscheidung fotokatalytisch wirksamer Titan-Dioxid-Schichten möglich. Diese Schichten haben unter Einwirkung von Sonnenlicht und Feuchtigkeit einen selbstreinigenden und Keim-abtötenden Effekt. Wo diese Technologie angewendet wird, kann die Bildung von Biofilmen auf allen Oberflächen vermieden werden, die mit Licht Kontakt haben. Das gleiche gilt für Licht leitende Oberflächen, womit das Verfahren insbesondere zur Beschichtung von medizinischen und Sanitärprodukten hochinteressant ist. Es verlängert die Intervalle zwischen manuellen Reinigungen oder ermöglicht es, dass diese komplett entfallen können.
Ein weiteres Forschungsthema ist die Abscheidung von silberhaltigen, antimikrobiellen Schichten. In dem vom Bundesforschungsministerium geförderten Apasi Verbundprojekt haben es sich das Fraunhofer IFAM und Plasmatreat zur Aufgabe gemacht, antimikrobielle Plasmaschichten herzustellen. Dazu sollen Silber-Nanopartikel in eine siliziumorganische Schicht eingebunden werden. Mit der neuen Düse können silber-, aber auch kupferhaltige Schichten in einem einfachen einstufigen Verfahren kostengünstig abgeschieden werden. Das Innovative an diesem Forschungsprojekt sind nicht die Schichten an sich, sondern der Prozess. Mit der atmosphärischen Plasmapolymerisation steht dafür eine umweltfreundliche, leicht in die Linie zu integrierende und effiziente Methode zur Verfügung.
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit bietet sich bei der Reduktion des Gleitwiderstandes, um zum Beispiel bei Spritzenkolben mit Gummidichtung den so genannten Stick-Slip-Effekt zu vermeiden. Die Dichtungen werden bereits erfolgreich mit der neuen plasmapolymeren Gleitschicht versehen.
Ein Forschungsziel sind auch mittels AD-Plasma gebildete Barriere- oder Diffusionsschichten, die auf unterschiedlichen Kunststoffen als Sperre gegenüber Kohlendioxid, Sauerstoff und Wasser wirken. Bei medizinischen Verpackungen sorgen Barriereschichten dafür, dass Wirk- und Aromastoffe sowie Qualität und Eigenschaften der Inhalte erhalten bleiben. Mit Hilfe hochvernetzter Plasmapolymerschichten können mit dem PlasmaPlus-Verfahren bereits Diffusionsbarrieren gegenüber Sauerstoff erzeugt und ein BIF (Barrier Improvement Factor) von bis zu 5 erzielt werden. Typische Materialien sind Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) oder Polyethylenterephthalat (PET).
Der westfälische Plasmasystemanbieter arbeitet und forscht auch an der Haftungsverbesserung zwischen Gummi-Metall und Kunststoff-Metall im Hybrid-Spritzguss. Dazu werden haftungsaktive Nanobeschichtungen auf die Metalloberfläche aufgebracht, anschließend wird die Kunststoffkomponente an die Oberfläche angespritzt. Die Abscheidung haftvermittelnder Schichten mit dem PlasmaPlus Verfahren kann zukünftig lösungsmittelhaltige Primer vollständig ersetzen. Die Fertigung solcher Produkte mit gezielt funktionalisierten Oberflächen bedeutet für Hersteller in der Medizintechnik eine vollkommen neue Dimension der Innovationsfähigkeit.
Inès A. Melamies Fachjournalistin in Bad Honnef
Weitere Informationen Über Plasmatreat: www.plasmatreat.de

Ihr Stichwort
    • Plasmabehandlung
    • Integration in Fertigungslinien
    • Beschichtung mit fotokatalytisch aktivem Titan-Dioxid
    • Silber-/Kupferhaltige Schichten
    • Barriere- und Diffusionsschichten

Atmosphärische Plasmabeschichtung
Basis des Plasma-Plus-Verfahrens ist die seit nunmehr beinahe 20 Jahren weltweit eingesetzte atmosphärische Plasma-Düsentechnologie Openair. Sie aktiviert Oberflächen durch gezielte Oxidationsprozesse und bewirkt gleichzeitig die statische Entladung sowie die mikrofeine Reinigung von Materialien. In der Folge können solcherart behandelte Oberflächen vollständig mit Klebstoffen oder Lacken benetzt werden. Die Haftungseigenschaften verbessern sich dabei. Eine Besonderheit dieses Plasmas ist darüber hinaus seine Potenzialfreiheit. Da das Plasma über eine hohe Intensität verfügt, können Bearbeitungsgeschwindigkeiten von mehreren 100 m/min erreicht werden.
Im Zentrum des Plasma-Plus-Prozesses steht eine Plasmadüse, in der sich ein komplexes Beschichtungssystem verbirgt. Auch eine ortsselektive Beschichtung ist damit möglich, so dass sich die Schicht gezielt und ressourcenschonend aufbringen lässt. Prozesse können so gesteuert werden, dass sich mit derselben Düse sogar Schichten mit verschiedenen Funktionalitäten, etwa zum Korrosionsschutz, zur Haftvermittlung oder auch als Trennschicht, auftragen lassen. Dabei bedarf es nur sehr geringer Mengen an Beschichtungsmaterial.
Das Verfahren ist umweltfreundlich. Es werden dafür allein Druckluft, Strom und zur Schichterzeugung der so genannte Precursor benötigt, der dem Plasma beigemischt wird. Durch die variable chemische Zusammensetzung des Precursors und seine Zuführung direkt in das Plasma können unterschiedliche Materialien, wie Metall, Glas, Kunststoff oder Keramik, beschichtet werden. Der Precursor wird im Plasma angeregt oder fragmentiert und scheidet sich auf dem Material ab, wo sich dann eine vernetzte Schicht ausbildet.
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