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Auf die Entwicklung konzentriert

Herzpumpe: Messgerät überwacht winzige Bauteile aus Kunststoff und Metall
Auf die Entwicklung konzentriert

Ein winziger Propeller in der Aorta soll den Kreislauf von Patienten mit Herzversagen in Schwung bringen. Präzision und Messtechnik spielen bei der Entwicklung zur Marktreife eine große Rolle.

Der schwedische Kardiologe Dr. Öyvind Reitan hat vor einiger Zeit eine Katheterpumpe entwickelt, die es dem geschwächten Herzen eines Patienten ermöglichen soll, sich zu regenerieren und später wieder die lebensnotwendige Leistung zu bringen. Dass das funktioniert, hat sich bereits bei klinischen Studien an über 25 Patienten in Schweden, Großbritannien und Deutschland gezeigt. Diese wurden jeweils bis zu 24 Stunden mit der Reitan-Katheterpumpe behandelt. Nun will die deutsche Cardiobridge GmbH aus Hechingen diese Idee zur Marktreife entwickeln.

Die Produktdimensionen, in denen sich die Entwickler dabei bewegen, sind winzig. Das ganze Gerät hat zusammengeklappt nur einen Durchmesser von rund 3 mm. So ist es klein genug, um minimal-invasiv über die Oberschenkelarterie des Patienten eingeführt zu werden. Von dort schiebt es der Arzt bis in die Hauptschlagader. Erst dort entfaltet sich, ähnlich wie ein Regenschirm, der Propeller. Ein Gitter umgibt ihn und schützt das umliegende Gewebe. Dieser Propeller pumpt das Blut – und zwar mit bis zu 13 000 Umdrehungen pro Minute. So kann er einen geschwächten Blutkreislauf um bis zu 30 % steigern und einem Organversagen vorbeugen. Damit all das zuverlässig funktioniert, hat allerdings Präzision oberste Priorität.
Bei einem Gerät, das selbst im ausgeklappten Zustand nur 15 mm breit ist, dürfen Abweichungen von den Idealmaßen nicht mehr als 15 µm betragen, sonst ist die Funktion nicht mehr sichergestellt. Im konkreten Fall bedeutet das, dass jedes der über 50 Einzelteile die Vorgaben genau einhalten muss.
„Die Turbinenschaufel zum Beispiel muss aus zwei Gründen exakt geformt sein“, erläutert Cardiobrige-Entwicklungsleiter Klaus Epple. „Zum einen, um sicherzustellen, dass der Auf- wie auch der Einklapp-Mechanismus im Körper funktioniert. Zum anderen, weil ihre Geometrie die Behandlungssicherheit beeinflusst, insbesondere die Interaktion mit den Blutkörperchen.“
Um das überprüfen zu können, setzen die Hechinger auf eine sehr exakte Wareneingangskontrolle. „Wir lassen unsere Bauteile auf Basis von CAD-Modellen von Zulieferern aus Europa und den USA fertigen“, sagt Epple. Damit könne sich das Team in Baden-Württemberg auf die Entwicklung und Perfektionierung der Katheterpumpe konzentrieren.
Die meisten der verwendeten Komponenten seien mikrometerkleine Spritzguss- sowie Dreh- und Frästeile aus Kunststoff und Metall. „Nur wenn wir deren Genauigkeit einschätzen können, lassen sich die Ergebnisse unserer Entwicklungen und Verbesserungen beurteilen. Und um dies sicherzustellen, haben wir ein Multisensor-Messgerät vom Typ O-Inspect von Carl Zeiss eingeführt.“
Damit werden alle Teile für die Pumpe gemessen. Je nach Größe, Geometrie und Oberflächenbeschaffenheit wählt der Messtechniker den geeigneten Sensor in der Messmaschine. Die Geometrie der Turbinenschaufel beispielsweise überprüft der taktile Sensor, die Kontur des winzigen Propellerfußes dagegen der optische.
Die Nutzerfreundlichkeit spielte bei der Auswahl der Maschine eine große Rolle. „Ein Messgerät, bei dem man drei Wochen für jedes Programm braucht, können wir entwicklungsbegleitend nicht einsetzen“, betont Epple. Solch ein Messgerät war zunächst im Einsatz. Das Einlernen von Bauteilen war damit aber so komplex, dass sich die Messung wegen des Aufwands nicht rentierte. „Zum Glück“, sagt der Hechinger, „ist das Gerät von Carl Zeiss viel einfacher zu bedienen.“
Sobald heute das CAD-Modell für ein Bauteil fertig ist, beauftragt Cardiobridge einen Zulieferer mit der Fertigung. Parallel dazu erstellt der Messtechniker mit der Software Calypso von Carl Zeiss das Messprogramm – ebenfalls auf Basis des CAD-Modells. Wird das Teil angeliefert, ist das Messgerät schon bereit, und in Kürze liegen die Messergebnisse vor. „So laufen Entwicklung, Fertigung und Qualitätssicherung bei uns Hand in Hand – und tragen dazu bei, dass unsere Reitan-Katheterpumpe bald reif für die Markteinführung ist“, sagt Epple.
Der Markt für eine solche Entwicklung scheint gegeben: Weltweit leiden etwa 15 Millionen Patienten an chronischer Herzinsuffizienz, also unter einer sich zunehmend – oft über Jahre – verschlechternden Pumpfunktion ihres Herzens. Bei etwa 10 % dieser Patienten besteht die Gefahr, dass das Herz nur noch so schwach pumpt, dass das Blut nicht mehr richtig zirkuliert und dadurch womöglich Organversagen droht. Diesen könnte die Reitan-Pumpe helfen.
Judith Schwarz Fachjournalistin in Tübingen
Weitere Informationen Mehr über Cardiobridge: www.cardiobridge.de Mehr über den Messgerätehersteller: www.zeiss.de/imt
Einsatz in der Entwicklung erfordert einfache Bedienung

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  • Herzpumpe in der Entwicklungsphase
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  • Optische und taktile Messung
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