3D-Mikrosysteme | Mit 3D-Drucktechnologien lassen sich bereits heute medizinische Instrumente, Implantate und portable Analysegeräte fertigen. Ein neues Verfahren soll nun die Herstellung von Nanostrukturen und Mikrosystemkomponenten aus Glas oder anderen transparenten Materialien ermöglichen.
Sofia Taufer Femtoprint, Muzzano/Schweiz
Nur wenige Technologien sind heute in der Lage, die strengen Vorgaben bei der Herstellung von Mikrosystemen und Geräten für die Medizintechnik zu erfüllen. Biokompatibilität, antibakterielle Oberflächen, integrierte Funktionen, Benutzerfreundlichkeit sowie Transparenz sind nur einige der Anforderungen. Die Femtoprint S.A. aus Muzzano hat für die Anforderungen dieser Branche eine 3D-Drucklösung mit Femtosekunden-Laser entwickelt, die nicht additiv, sondern subtraktiv arbeitet. Bei diesem Verfahren werden Nanostrukturen und Mikrosystemkomponenten aus Glas oder anderen transparenten Materialien hergestellt.
Durch den Multi-Photonen-Prozess und anschließende selektives Nassätzen lassen sich komplexe 3D-Mikrosysteme aus Glas und anderen durchsichtigen Materialien herstellen. Die Laserbearbeitung ermöglicht dabei hochgenau und flexibel optische, fluidische und mechanischen Eigenschaften in einem einzelnen Mikrosystem. Die Fertigung ist mit den Werkstoffen Borosilikat, Quarzglas und anderen biokompatiblen, isotropen, flexiblen, dielektrischen und stabilen durchsichtigen Materialien möglich.
Anwendungsbeispiele für den Femtosekunden-Laser in der Medizintechnik sind unter anderem Mikrodüsen für Zerstäuber zum Verabreichen von Arzneimittellösungen, transparente Mikrokatheter in Kombination mit optischen Sensoren, gekapselte Mikrochips, Lab-on-a-Chip-Anwendungen für diagnostische Schnelltests von Blut oder Speichel, Prototypen für Ohr-Implantate oder Mikrolinsen. Dank der Kompatibilität mit Silizium können auch einige der mit Femtoprint bearbeiteten Glassorten in der Elektronik zum Einsatz kommen.
Bei einem Lab-on-a-Chip-System für die Universität von Porto in Portugal wurde beispielsweise die Funktion eines Prototyps des schwimmenden Microbot, eines Mikro-Roboter-Modells, an die Strömungsdynamik des menschlichen Blutes angepasst. Der Einfluss seiner Morphologie auf die Blutfließeigenschaften war einer der wichtigsten Aspekte, die analysiert wurden. Dabei gestaltete sich die Herstellung des Modells als schwierig: Grund dafür waren die geringen Abmessungen von etwa 100µm, die komplexe 3D-Kurvenform und die erforderliche geringe Oberflächenrauigkeit. Besonders Mikrokanäle mit verschiedenen Microbot-Prototypen (kubischer Block, Kugel und zwei verschiedenen Ellipsoiden) lassen sich mit der Femtoprint-Technologie mit einer Genauigkeit von unter 1 µm bei Form und Oberflächenrauheit fertigen.
Komplexe dreidimensionale Medizinprodukte mit inneren Hohlräumen, wie Katheter mit äußeren transparenten Taschen für optischen Sensoren, wurden in einem weiteren Beispiel für die Medtronic AG hergestellt. Die Katheter verfügen über Eigenschaften wie Biokompatibilität, Transparenz, geringe Rauigkeit, hohe Geometrienkomplexität und Genauigkeit. Dank der glatten Oberfläche besteht so die Möglichkeit, den Innenkanal optisch zu überwachen.
Durch die hohe Transparenz der bearbeiteten Materialien und die gute Oberflächenqualität, die mit dem Femtoprint-Prozess erreicht werden kann, lassen sich auch direkt optische Elemente in beliebigen Formen herstellen. Dazu zählen unter anderem Lichtleiter und Mikrolinsen. Zudem lässt sich Glas so dünn bearbeiten, dass es teilweise bessere Eigenschaften als Metall aufweisen kann – sowohl mechanisch als auch optisch. Diese Möglichkeit könnte für Implantate interessant sein. ■
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