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3D-Druck aus Titanpulver

3D-Druck von Implantaten
Einzelstücke und Serienimplantate kommen aus dem Drucker

Einzelstücke und Serienimplantate kommen aus dem Drucker
Für seine Gesichts- und Kieferimplantate wollte der russische Hersteller Conmet schon vor zehn Jahren den 3D-Druck nutzen. Aber erst seit 2017 entspricht die verfügbare Technik seinen Ansprüchen Bild: Trumpf
Gesichts- und Kieferimplantate für den GUS-Markt und bald auch für Europa druckt das Moskauer Unternehmen Conmet mit einer 3D-Druck-Anlage des Ditzinger Anbieters Trumpf. Auch Teile für den Wirbelsäulenbereich und Serienprothesen sollen künftig im Pulverbett entstehen.

Ramona Hönl
Trumpf, Ditzingen

Ein Chirurg ist manchmal auch Künstler: Für Implantationen im Gesichtsbereich muss er noch während der Operation das Implantat aus einer Titan-Lochplatte ausschneiden und es auf den Patienten anpassen. Das bedeutet Zeitdruck, Stress, und es kann zu Qualitätsschwankungen kommen. Mit 3D-Druck lassen sich Implantate passgenau herstellen und im Vorfeld für die Operation vorbereiten.

Diese Möglichkeit haben die Mitarbeiter des Moskauer Unternehmens Conmet schon vor zehn Jahren diskutiert. Verschiedene Anlagenhersteller bekamen den Auftrag, einige Benchmarkteile zu drucken. Mit der Qualität waren die Experten von Conmet damals allerdings nicht zufrieden. Das haben sie Andreas Margolf berichtet, der als Projektverantwortlicher aus dem Bereich Additive Manufacturing der Ditzinger Trumpf GmbH + Co. KG mit den Russen in Kontakt kam. Denn im Jahr 2017 wollte Conmet einen neuen Versuch mit dem 3D-Druck starten und informierte sich bei Trumpf über die Fortschritte der Technologie. Heute produziert das Moskauer Unternehmen mit dem 3D-Drucker Truprint 1000 Gesichts- und Kieferimplantate für den GUS-Markt und bald auch für Europa.

Nach dem ersten Kontakt mit den Ditzingern ging es schnell voran. Dieses Mal stimmte die Qualität der Teile für den Auftraggeber, und das Konzept der Anlage passte. Dass Trumpf Unterstützung beim Prozess anbietet, zählte für das Moskauer Unternehmen ebenfalls.

Faserlaser geeignet für
gängige Titanlegierungen

Im ersten Schritt galt es, die am besten passende Anlage und die Parameter für die Anforderungen von Conmet zu ermitteln. Die Wahl fiel auf den 3D-Drucker Truprint 1000 mit einem Fokus-Durchmesser von 30 µm. Diese Anlage ist besonders kompakt. Der 200 W starke Faserlaser als Strahlquelle verarbeitet die in der Medizintechnik gängigen Titanlegierungen problemlos.

Bei der Entscheidung über den Fokusdurchmesser, mit dem der Laserstrahl auf das Pulverbett gerichtet wird, war Feingefühl gefragt. „Unsere Testreihe hat gezeigt, dass bei einem Fokusdurchmesser von 30 Mikrometer die Oberflächenrauigkeit um etwa 20 Prozent besser ist als bei einem größeren Fokusdurchmesser. Der Prozess dauert damit zwar länger und ist etwas teurer, das ist in der Medizintechnik aber nicht entscheidend“, sagt Margolf.

Auch das Titanpulver, aus dem die Implantate gefertigt werden, liefert der Anlagenhersteller. Damit sei für alle gedruckten Implantate eine reproduzierbare Materialqualität gesichert.

Implantate für Gesicht und Kiefer aus dem 3D-Drucker

Seit Anfang 2018 ist die Truprint 1000 bei Conmet in Moskau im Einsatz. Das Unternehmen stellt damit unter anderem für Krebs-Patienten Gesichtsimplantate her sowie Kieferimplantate für den GUS- sowie den Europäischen Markt. Krankenhäuser liefern dafür die CT-Daten ihrer Patienten. Bei Conmet konstruieren die Ingenieure in Abstimmung mit dem Chirurgen das Implantat und drucken es aus.

„Wir fertigen mit der Truprint 1000 aktuell 60 Implantate pro Monat, planen aber, die Produktion um zehn Prozent zu steigern“, erklärt Nadeschda Morozova, Projektverantwortliche bei Conmet. Und: „Gegenüber den herkömmlichen Verfahren wie Fräsen und Drehen sparen wir jetzt 40 Prozent der Herstellungskosten.“

Um sicherzustellen, dass die Bauteile eine durchgehend hohe Gesamtqualität aufweisen, fertigen die Hersteller bei jedem Druckvorgang neben den Medizintechnik-Teilen mehrere Testkörper an. An diesen können sie etwa mechanische Tests oder Dichtemessungen durchfühhren, um Mängel am Medizintechnik-Bauteil auszuschließen.

Weiterhin ermöglichen es automatisierte Monitoring-Funktionen im 3D-Drucker, Prozessschwankungen frühzeitig zu erkennen und zu beurteilen. Bei Trumpf-Anlagen sind das zum Beispiel das Powder Bed Monitoring oder das Melting Pool Monitoring. Sensorik und Bildverarbeitung überwachen hier den Pulverauftrag und das Schmelzbad des Lasers.

Individuelle Implantate für die Wirbelsäule geplant

Das russische Unternehmen plant, den 3D-Druck in naher Zukunft auch für kundenspezifische Prothesen im Wirbelsäulenbereich zu nutzen. Darüber hinaus ist vorgesehen, Serienprothesen herzustellen. Die US-amerikanische FDA hat bereits rund 100 Serienteile dieser Art zugelassen. Besonders häufig vertreten sind Gelenkersatzteile und Wirbelsäulenimplantate. Für seine Ziele stockt das Moskauer Unternehmen den Maschinenpark auf: Eine Truprint 3000 mit größerem Bauraum solle es sein, sagt Morozova.

Die Medizinprodukte von Conmet sind nach den aktuellen europäischen Vorgaben zertifiziert. Alle Elemente für die 3D-gedruckten Implantate sind aufeinander abgestimmt, weil 3D-Drucker und Zubehör aus einer Hand kommen. Beschichter-Werkzeug, Substratplatte, Software oder Parameter – all das stellt Trumpf bereit. Für Fragen rund um den 3D-Druck geben die Experten der Trumpf-Gruppe Moskau Antworten in der Landessprache. „Uns ist es wichtig, dass der Kunde die Anlage nicht nur bei uns kauft, sondern damit auch Geld verdient“, sagt Margolf.

www.trumpf.com


Für individuelle Gesichts- und Kieferimplantate nutzt Conmet die „kleine“ Anlage Truprint 1000. Für die Serienproduktion soll die größere Anlage eingesetzt werden
Bild: Trumpf

Vorteile des 3D-Drucks

Die Vorteile von 3D-Druck in der Medizintechnik:

  • Aus den Daten des Patienten wird ein auf ihn zugeschnittenes CAD-Modell erstellt, dann das Implantat konstruiert – und der Drucker erschafft die komplexe, personalisierte Geometrie.
  • 3D-gedruckte Prothesen erreichen eine hohe Dämpfung und bleiben gleichzeitig stabil. Ebenso lassen sich poröse Strukturen drucken, die gut mit gesundem Gewebe verwachsen, aber fest und langlebig sind.
  • Da die Implantate passend aus dem Drucker kommen, entfällt das Zuschneiden im Operationssaal. Ärzte erhalten gereinigte und sterile Implantate, die sie direkt einsetzen können.
  • 3D-Druck ist ressourceneffizient, da keine Späne anfallen. Wenn teure Titanlegierungen eingesetzt werden, lassen sich also die Materialkosten senken. Auch die Werkzeugkosten, die wegen des Verschleißes beim Drehen oder Fräsen von Titan in größerem Maße entstehen, entfallen, wenn die additive Bauweise verwendet wird.
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