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Vorsicht bei Blubberblasen oder Tintenflecken

Sterilgüter: Testverfahren für Medizinverpackungen
Vorsicht bei Blubberblasen oder Tintenflecken

Die Verpackungen von Medizingütern und Pharmazeutika müssen hohen Standards entsprechen, um am Markt zugelassen zu werden. Mit Hilfe unterschiedlicher Testverfahren wird deren Einhaltung überprüft.

Ob Ampulle, Herzkatheter, Luftröhrenschlauch, Stimmprothese oder Operationsbesteck – Medizingüter und deren Zubehör werden heute mit allen gängigen Verpackungsverfahren wie Folienbeutel, Tiefziehpackungen oder Trays verpackt und anschließend sterilisiert. Die Anforderungen an die jeweilige Sterilgutverpackung sind äußerst hoch, da mikrobielle Verunreinigungen die Gesundheit oder gar das Leben von Patienten gefährden können. Daher sind sowohl die Anforderungen als auch die entsprechenden Validierungsmethoden international normativ geregelt. Zu den gängigen Prüfnormen zählen die europäischen Standards ISO 11607 (Sterilgutverpackungen) und EN 868 (Verpackungsmaterialien und -systeme für medizinische Güter) sowie die Standards der American Society for Testing and Materials (ASTM). Gemäß ISO 11607-1 müssen Sterilgutverpackungen „das Eintreten von Mikroorganismen während des Transports und der Lagerung verhindern und die aseptische Bereitstellung des Produktes am Ort der Verwendung ermöglichen“. Verpackungssysteme für medizinische Sterilgüter bestehen deshalb meist aus zwei Teilen: dem Sterilbarrieresystem, das die Sterilisation ermöglicht und eine ausreichende mikrobielle Barriere bietet, sowie der Schutzverpackung, die oft mehrere Einzelprodukte zusammen fasst und sowohl physikalischen als auch mikrobiellen Schutz bietet.

Die Wahl des richtigen Verpackungsmaterials – Papier, Folie, Tyvek – hängt vom gewünschten Sterilisationsverfahren und vom eingesetzten Verpackungsverfahren ab. Für die in Frage kommenden Materialien muss ein Herstellernachweis vorliegen, welcher die Anforderungen der Standardisierungsnormen erfüllt. Allein durch die Auswahl des richtigen Materials für das Sterilbarrieresystem ist noch nicht gewährleistet, dass die Verpackung die genannten Anforderungen erfüllt. Daher sind in den Prüfnormen unterschiedlichste Verfahren beschrieben, um die Barriere- und Schutzfunktionen eines Verpackungssystems zu validieren.
Die einfachste Methode ist die Sichtprüfung. Dabei überprüft der Anwender visuell, ob die Verpackung unversehrt ist. Kriterien sind hier: Die Verpackung darf keine Fehler, Knicke oder Dellen aufweisen, und der Aufdruck oder das Etikett müssen gut leserlich sein. „Allerdings sind minimale Beschädigungen bei einem transparenten Folienmaterial oft nicht zu erkennen“, warnt Luc van de Vel, Leiter des Geschäftsbereichs Medical Devices, Cosmetics and Pharmaceuticals (MCP) beim Allgäuer Verpackungsspezialisten Multivac aus Wolfertschwenden. Um zu prüfen, ob sich in der Packung Löcher befinden, empfiehlt der Fachmann den sogenannten „Bubble Test“ nach ASTM F2096-04. Dabei wird Luft über einen kleinen Schlauch in die Verpackung gepumpt, die eine Zeit lang unter Wasser gehalten wird. Sind Löcher vorhanden, bilden sich Luftblasen.
Zudem bietet das Unternehmen ein Testverfahren an, bei dem die Dicke der Folie nach dem Verpackungsprozess gemessen wird (ASTM 2251-03). Überprüft wird dies mit Hilfe eines Geräts, das den sogenannten „Hall Effekt“, das Auftreten einer elektrischen Spannung an verschiedenen Stellen der Folie misst. Dort, wo die Spannung geringer ist, ist die Folie dünner, was zur Folge haben kann, dass die vorgeschriebene Mindestlagerzeit unterschritten wird und die mikrobielle Barriere nachlässt.
Abgesehen von dem verwendeten Material ist auch eine Validierung der Siegelnähte bei Beuteln, Trays oder Tiefziehpackungen normativ geregelt. Zu den Routinetests zählen der Siegelnahtdichtigkeitstest, auch Tintentest genannt, sowie der Peeltest. Beim Tintentest wird mit Hilfe einer Pipette eine dunkle Testflüssigkeit in die versiegelte Packung eingebracht. Auf diese Weise lässt sich optisch feststellen, ob die gefärbte Flüssigkeit an einer Stelle durch die Siegelnaht sickert. Beim Peeltest wird die Kraft gemessen, die nötig ist, um die Siegelnaht zu öffnen.
Bei Beutelverpackungen lässt sich die Stärke der Siegelnaht mit Hilfe des so genannten „Burst Test“ überprüfen. Dabei wird der Minimaldruck bestimmt, der nötig ist, damit ein Beutel platzt. Der Test kann in zwei Varianten durchgeführt werden – einmal mit Unterstützung der Seitenwände der Packung und einmal ohne.
Doch auch während des Verpackungsprozesses gibt es verschiedene Möglichkeiten, um die Qualität von Siegelnähten zu überprüfen. So kann die Siegelnaht mechanisch kontrolliert werden, beispielsweise durch ein leichtes Zusammenpressen der Packung. Gibt die Packung stark nach, bedeutet das, dass die Siegelnaht offen oder zumindest beschädigt ist. Beim Infrarottest wird die Siegelschiene während der Erhitzung mit einer Infrarot-Kamera fotografiert. Mit Hilfe dieser Methode lassen sich bereits im Vorfeld Probleme bei der Temperaturverteilung entdecken: Wird die Folie durch die Siegelschiene nicht gleichmäßig erhitzt, leidet die Qualität der Siegelnaht.
Um Siegelnähte zu prüfen, hat Multivac Marking & Inspection ein optisches Inspektionssystem im Programm: Der Siegelnahtscanner MVS scannt die Nähte in der Tiefziehverpackungsmaschine mit Hilfe einer Zeilenkamera, die die Bilder aufzeichnet und die Siegelnaht mit verschiedenen Werkzeugen auf Unversehrtheit prüft. Auch unvollständige Siegelnähte oder Nahtfehler wie Falten oder Blasen können detektiert werden.
Verena Weiß Multivac, Wolfertschwenden

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