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In einer Linie gefertigt

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In einer Linie gefertigt

Medizinische Textilien| Vom Granulat bis zum vielseitigen Produkt: In Aschersleben werden medizinische Kunststoffvliese in einer Linie hergestellt. Eingesetzt werden sie beispielsweise als chirurgische Abdeckungen mit antibakterieller Beschichtung.

Jens GieselerFachjournalist in München

Der Markt ist eng, der Wettbewerb hart. Deshalb ist jeder Schritt, den medizinische Hersteller tun, erst einmal streng geheim. Vor allem, wenn es um ihre Zulieferer geht, sind die Unternehmen gerne stumm. Ein Zulieferer der Branche aber sitzt in Aschersleben und verfügt über eine besondere Anlagenkette, die für die Medizintechnik und ihre speziellen Anforderungen interessant ist.
Ob chirurgische Abdeckungen für Operationen, Pflasterbandagen oder Sportbinden: Medizinische Textilien werden immer vielseitiger und besser. Das verdanken sie dem Kunststoff im Material, aus dem ein vielseitiges Vlies entsteht, das in jede Richtung weiterverarbeitet werden kann. In Deutschland steht die weltweit einzige Anlage, die vom Granulat bis zu großen und kleinen, unterschiedlich beschichteten, weichen, aber robusten oder harten Vliesen alle Schritte in einer Linie fertigt.
Und sie ist nicht gerade klein: An ihrer breitesten Stelle 7 m breit, rund 100 m lang, steht die dreiteilige Anlagenlinie in der 150 auf 30 m großen Produktionshalle von LHB GmbH & Co. Beschichtungs KG in Aschersleben. Sie ist ein Tochterunternehmen der mittelständischen BWK-Gruppe aus Baden-Württemberg.
Normalerweise kaufen Medizinunternehmen Material, das in verschiedenen Prozessschritten und Betrieben gefertigt wird. Dafür beauftragen sie etwa einen Vlieshersteller oder Konfektionierer. Doch dieser hat dann den Aufwand, sich mit zwei Zulieferern zu koordinieren. Alle Bearbeitungsschritte in einem Prozess hintereinander dagegen reduzieren Schnittstellen, Logistik, Kosten und Produktionsdauer. Deshalb kann LHB im Vergleich zu den ansonsten üblichen, umständlicheren Produktionswegen viel Zeit und Geld einsparen.
Eine komplexe Kombination macht die Vlies-Produktion in Aschersleben so einzigartig: Eine Spinnvliesanlage, eine Filmanlage und eine biaxiale Reckanlage sind in einer Linie vereint. „Diese drei Anlagentypen stehen einzeln überall auf der Welt. Doch es gibt keine zweite Produktion, die alle drei in einem Zug umfasst“, sagt LHBs Werkleiter Karsten Krause.
Beschichtung gibt den Vliesen ihre besondere Funktion
Die Anlage beschichtet Vlies beispielsweise direkt mit verschiedensten Filmen. Biaxial gereckt ist das in jeder beliebigen Breite bis zu rund 5 m möglich. „Das Vlies und die Beschichtung können wir auf der Anlage zusätzlich mit unterschiedlichsten Ausrüstungen versehen. Je nach Einsatzgebiet etwa mit UV-Schutz und Flammenhemmung, sowie diffusionsoffen oder -geschlossen“, sagt Krause. Dabei kann sein Team die gewünschten Eigenschaften sehr gezielt einstellen und anpassen. Das macht den Stoff etwa atmungsaktiv, hydrophil oder hydrophob. Oder es sorgt dafür, dass die chirurgischen Abdeckungen Flüssigkeiten so weit wie notwendig aufnehmen und nicht abtropfen. Gerade für den medizinischen Bereich sorgen antistatische und antibakterielle Filme für sicheres, leicht zu reinigendes und sauberes Material.
Außerdem ermöglicht es die Anlage, Vliesstoffe in einer Zwei-Komponenten-Faser als so genannte Bicofasern statt Monofasern herzustellen. „Gerade für einige Kunden etwa aus dem Medical Bereich machen wir oft diese Fasern aus einem Polypropylen-Kern und einen Polyethylen-Mantel. Dadurch fühlt sich das Material weich an, ohne an Festigkeit zu verlieren.“ Denn oft sollte das Material bei chirurgischen Eingriffen zu einem gewissen Grad weich, aber robust sein.
Und auch das Design spielt für viele Unternehmen eine Rolle. „Wir geben dem Material nach Kundenwunsch häufig ein spezielles Aussehen über das Thermobonding“, sagt der Werkleiter von LHB, die zu 40 % Umsatz mit medizinischen Kunden erwirtschaftet.
Oftmals entwickelt Krauses Team die Anforderungen gemeinsam mit dem Kunden. Denn nicht immer sind die Vorstellungen ganz konkret. In anderen Fällen können die LHB-Mitarbeiter die Ansprüche übertreffen oder müssen sie mit Blick auf die Kosten für den Kunden an die Realität anpassen. „Gemeinsam diese Schritte zu tun, spart dann immer viel Zeit und Geld“, sagt Krause. „Ein besonderes Beispiel für Entwicklungen im Hause LHB sind biokompatible Vliesstoffe für die industrielle Weiterverarbeitung. Dafür haben wir mit Polylactiden gearbeitet“, sagt Krause.
Insgesamt lassen sich durch das Zusammenschalten der drei Anlagen in einer Linie komplizierte Materialen und Produkte in sehr viel kürzerer Zeit herstellen. Und noch wurden nicht alle Grenzen erreicht. Abhängig vom Material produziert die Ascherslebener Fabrik so zum Beispiel rund 500 000 m² pro Tag. ■
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