Ein neuer Fahrplan für die Zulassung klinischer Studien für personalisierte Krebstherapien stellt die Weichen: für einen neuen Weg in der Entwicklung und damit auch späteren Anwendung solcher Therapien.
Ein Tumor ist eine in jeder Hinsicht sehr persönliche Erkrankung. Er bringt nicht nur großes individuelles Leid mit sich, sondern hat in der Regel auch bei jedem Patienten andere Ursachen. Denn ein bösartiger Tumor entsteht, wenn sich bei der Zellteilung ganz normaler Körperzellen Kopierfehler in die genetische Information einschleichen und die Zellen beginnen, sich unkontrolliert zu vermehren.
„In dieser Individualität liegt das Problem bei der Therapie von Tumoren“, sagt Prof. Dr. Ulrich Kalinke, Leiter des Instituts für Experimentelle Infektionsforschung und Direktor des Twincore, einem Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung. „Um gegen den einzelnen Tumor vorgehen zu können, müssten gezielt seine individuellen Merkmale angesteuert werden. Das geht nur durch eine hochgradig personalisierte Medizin.“ In Einzelfällen werden Tumore schon mit Therapeutischen Zellen behandelt.
„In den letzten Jahren haben sich jedoch die Methoden in der Genomanalyse so rasant entwickelt, dass es nun möglich ist, in kurzer Zeit und mit relativ geringem Aufwand patientenspezifische Punktmutationen in den Tumoren vollständig zu analysieren“, erklärt Ulrich Kalinke. Und damit überschreitet die Wissenschaft eine therapeutische Grenze und betritt neues Terrain: Wenn sämtliche genetischen Veränderungen einer Zelle bekannt sind, können Mediziner auch veränderte antigene Strukturen identifizieren, die die Tumorzellen auf der Oberfläche zeigen. Damit kann das Immunsystem gezielt gegen diesen kleinen Unterschied geimpft werden.
Im Tiermodell ist das bereits gelungen. Nun steht der Schritt zum Menschen an. Allerdings wird eine so hochindividualisierte Therapie in den Regularien für die Arznei- und Therapieentwicklung bisher nicht berücksichtigt. Die Behandlung mündet bei jedem Patienten in einem anderen Impfstoff gegen seinen persönlichen Krebs. Da am Ende kein breitenwirksames Medikament steht, sondern ein individueller Therapieplan, gibt es kein Zulassungsszenario für dieses vielversprechende Konzept gegen Krebs. Ulrich Kalinke hat nun in einer Publikation in „Nature Biotechnology“ gezeigt, dass bestimmte Konzepte für die Anwendung herkömmlicher Arzneimittel auf die individualisierten Krebsimmuntherapien anwendbar sind. Außerdem haben er und sein Team Parallelen zu anderen, auf körpereigenen Zellen beruhenden, und in der EU bereits zugelassenen Krebsimmuntherapien aufgezeigt. „Wir konnten unser Konzept bereits erfolgreich bei der European Medicines Agency (EMA) in London vorstellen“, sagt der Forscher. Mit dieser Arbeitsanweisung, wie solche Verfahren zumindest theoretisch für die klinische Testung zugelassen werden könnten, ist die erste Hürde für die klinische Erprobung der personalisierten Impfstoffe gegen Krebs genommen.
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