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Zeitmanagement: auf der Suche nach Work-Life-Balance

Zeitmanagement
Auf der Suche nach Work-Life-Balance

Auf der Suche nach Work-Life-Balance
Die ausgewogene Gestaltung von Arbeits- und Privatleben ist zunehmend wichtiger als das Gehalt Bild: Fotolia/Pathfinder
Zeitmanagement | Immer mehr Deutsche fühlen sich gestresst. Die Folgen sind häufig Krankheiten und steigende Kosten nicht nur für Arbeitgeber. Wer in seinen Unternehmen eine gute Work-Life-Balance ermöglicht, erhöht seine Chancen bei der Suche nach qualifizierten Fachkräften und bindet langfristig motivierte Mitarbeiter.

Seit 15 Jahren verzeichnen die Krankenkassen eine Zunahme stressbedingter Krankschreibungen. Von den gut 15 Fehltagen pro Kopf und Jahr entfallen 2,5 Tage auf psychische Beschwerden wie Depressionen, Angst- und Belastungsstörungen. Um herauszufinden, woran es liegt, dass immer mehr Menschen Probleme haben, ihren Alltag zu bewältigen, hat die Techniker Krankenkasse im vergangenen Jahr das Meinungsforschungsinstitut Forsa beauftragt, einen repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung zum persönlichen Stresslevel, den häufigsten Stressauslösern und dem individuellen Umgang mit dem Stress zu befragen. Ergebnis der TK-Stressstudie: Der Stresspegel in Deutschland ist nach wie vor sehr hoch. Fast 60 % der Befragten gaben sogar an, dass ihr Leben in den vergangenen drei Jahren noch stressiger geworden sei.

Wie bereits 2013 in der Vorgängerstudie steht der Job beziehungsweise die Ausbildung auf Platz eins der Stressursachen in Deutschland. Offenkundig gibt es ein Missverhältnis zwischen Arbeitsmenge und der dafür zur Verfügung stehenden Zeit. Rund zwei Drittel der Berufstätigen empfinden ihr Pensum als zu hoch und deshalb belastend. Dies ist nicht nur im Hinblick auf Stress ein ernstzunehmender Befund. Auch für die Qualität der Arbeit hat dies negative Konsequenzen: Wer es kaum schafft, seine tägliche To-Do-Liste abzuarbeiten, dem bleibt in der Regel keine Zeit für kreatives Denken oder strategische Überlegungen.
Termindruck und Hetze stressen sechs von zehn Berufstätigen. Für eine Menge Stress sorgt außerdem das Thema Kommunikation. Dies fängt an bei der Informationsflut, die vorwiegend per E-Mail in den Arbeitsalltag schwappt, dort den Stresspegel erhöht und auch das Wochenende sowie den Urlaub belastet. Und schließlich nennt rund ein Viertel der arbeitenden Bevölkerung Schwierigkeiten mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Stressfaktor.
Fakt ist: Der Tag hat 24 Stunden – diese Konstante lässt sich auch bei bestem Zeitmanagement nicht aushebeln. Ein Drittel verbringt der Mensch in der Regel bei der Arbeit, ein Drittel braucht er zum Schlafen. Es bleibt also ein Drittel, um die eigene Arbeitskraft zu regenerieren, um Wege, Mahlzeiten und Privates zu erledigen. Vier von zehn Berufstätigen gaben bei der Befragung an, dass bei ihnen Familie und Freunde wegen beruflicher Verpflichtungen zu kurz kommen.
Nachwuchskräfte sind nicht mehr nur auf Karriere fixiert
Dabei ist die Work-Life-Balance nicht nur ein Thema für Frauen. Für fast ebenso viele Männer wiegen ihre Lebensprioritäten inzwischen schwerer als eine berufliche Karriere. Zu diesem Ergebnis kommt nicht nur die Techniker Krankenkasse in ihrer Untersuchung, sondern auch eine aktuelle Studie „Integrating work and life – it’s not just a woman’s issue anymore“ der internationalen Managementberatung Bain & Company nach der Befragung von 1500 MBA-Studenten und -Absolventen in den USA. Dass ihnen das Erreichen ihrer nicht beruflichen Ziele wichtiger ist als eine schnelle Karriere, sagen 50 % der weiblichen und 51 % der männlichen MBAs. „MBA-Studenten von heute denken intensiv darüber nach, was sie beruflich und persönlich erreichen wollen“, analysiert Dr. Henrik Naujoks, für Personal verantwortlicher Partner bei Bain & Company. „Sie sind nicht mehr ausschließlich auf die Karriere fokussiert, sondern streben ein erfülltes Leben in vielen Dimensionen an.“ 40 % der Studentinnen und sogar 42 % der Studenten betrachten den ständigen Kompromiss zwischen Beruf und anderen Ambitionen als größtes Hindernis für ihre Karriereziele.
Die Ergebnisse dieser Umfrage haben Konsequenzen sowohl für Unternehmen als auch für Ausbildungsstätten. Sie müssen sich auf die veränderten und flexibleren Karrierewünsche der Studenten einstellen – die einen, um für die Top-Absolventen interessant zu bleiben, die anderen, um nicht an der Realität vorbei auszubilden. „Die aufstrebende neue Generation der Konzernlenker und Unternehmer zwingt die Wirtschaft zu akzeptieren, dass Karriere um jeden Preis nicht mehr das dominierende Ziel ist“, betont Bain-Partner Naujoks.
Für Unternehmen heißt es daher mehr zu tun, als nur über Flexibilität zu reden. Sie müssen zeigen, dass es in ihrer Firmenkultur verschiedene Optionen für den Weg ins Top-Management gibt. Dazu gehören moderne Arbeitsmodelle wie Teilzeitbeschäftigung, Jobsharing, Homeoffice sowie Auszeiten, die der Karriere nicht schaden. Viele Unternehmen müssen ihre Beförderungsmechanismen überdenken, damit sich flexible Arbeitsmodelle durchsetzen können. Wer das schafft, zieht Spitzentalente nicht nur an, sondern bindet diese auch langfristig an sein Unternehmen.
Ein deutschlandweit einzigartiges Verbundprojekt an der deutsch-dänischen Grenze untersucht derzeit, wie Kommunen und Arbeitgeber gemeinsam Arbeits- und Lebensbedingungen standortbezogen verbessern können. Das Projekt „Lebenszeit 4.0 – Zeitgerechte Region am Beispiel Nordstadt+“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1,4 Mio. Euro finanziert. Es untersucht an der Region Flensburg exemplarisch die Frage, wie die Arbeits- und Lebensbedingungen einer Region Stress erzeugen, verstärken oder abmildern können. „Flensburg ist für uns eine Art ‘Middletown‘ – eine 90  000-Einwohner-Stadt mit für Deutschland typischen Eigenschaften im Hinblick auf den Aufbau der Bevölkerung, die Mischung von Arbeitsplätzen in Industrie, Dienstleistung, Handel und Verwaltung, die Verteilung von Wohn- und Arbeitsort in der Region“, erklärt Gerd Grözinger, Professor für Bildungsökonomik und Soziologie an der Europa-Universität Flensburg. Hinzu kommt die unmittelbare Nachbarschaft zu Dänemark. „Die skandinavische Kinder- und Jugendbetreuung ist vorbildlich. Die starke dänische Minderheit in der Region gibt uns die Möglichkeit, von unserem skandinavischen Nachbarn zu lernen“,so Grözinger.
Die Projektteilnehmer befragen Beschäftigte und Angehörige, führen physiologische Messungen durch und entwickeln auf Basis ihrer Ergebnisse gemeinsam mit der Stadt Flensburg und sozialen Diensten betriebliche Konzepte, wie etwa überbetriebliche Kindergärten, familiengerechte Schichtmodelle oder Pflegezeiten. „Die Konzepte werden in den Betrieben umgesetzt und evaluiert. Sie sollen helfen, die außerbetrieblichen und gebietsbezogenen Stressfaktoren zu reduzieren“, sagt Jan Dettmers, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Medical School Hamburg. Das Verbundprojekt ist interdisziplinär angelegt und läuft bis Juli 2018. „Grundsätzliches Ziel des Projektes ist es, dauerhaft eine andere Zeitkultur zu etablieren, die auf andere Regionen übertragbar ist“. (su) ■
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