Jedes Jahr wird der Red Dot Award in der Kategorie Produkt- design vergeben. Die Zahl der Bewerbungen aus der Medizintechnikbranche wächst. Warum sich immer mehr Hersteller für den Wettbewerb interessieren und welche Kriterien wichtig sind, erläutert Red-Dot-Gründer Prof. Peter Zec.
Herr Professor Zec, der Red Dot Award: Product Design hat 31 Kategorien, eine von ihnen ist „Life Science und Medizin” – warum haben Sie diesem Bereich eine eigene Kategorie gewidmet?
Wir haben seit jeher Einreichungen aus dieser im Hinblick auf Design häufig unterschätzten Branche erhalten. Es galt also recht früh, diesem Bereich eine eigene Kategorie anzubieten, um den Einreichungen mit ausgewählten Experten fachgerecht begegnen zu können. Außerdem konnten wir so weitere Designer und Hersteller ermutigen, ihre Produkte in den Wettbewerb zu schicken und sie auf den Prüfstand zu stellen.
Wie hat sich das Interesse der Hersteller am Design ihrer Produkte – und damit auch am Red Dot Award – in diesen Jahren entwickelt?
Designer und Hersteller arbeiten stets daran, ihre Produkte weiterzuentwickeln und kontinuierlich zu optimieren. Auch im Bereich der medizinischen Versorgung gilt das Prinzip von Angebot und Nachfrage: Da die Menschen immer älter werden und es generell durch die großen Schritte der Forschung immer mehr Behandlungsarten gibt, existiert ein großer Markt. Hinzu kommt der Ansatz, patientenfreundliche, gebrauchsgerechte und ästhetisch ansprechende Produkte zu entwerfen.
Der Patient hat also auch Einfluss auf die Produktentwicklung?
Ja. Seitdem Patienten verstärkt persönlich zur Kasse gebeten werden, ist auch ihr Anspruch an besser gestaltete Produkte gestiegen. Heute gehen Patienten sehr viel kritischer und anspruchsvoller mit medizinisch-technischen Produkten um. Darauf müssen Hersteller reagieren. Wenn ihre Produkte dann auch noch mit einem Red Dot ausgezeichnet werden, können sie umso besser überzeugen.
Wie viele Einreichungen bekommen Sie speziell aus dieser Branche?
Die Teilnehmerzahlen sind in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. In diesem Jahr verzeichnete der Red Dot Award: Product Design insgesamt 4928 Einreichungen aus 56 Ländern. Dabei listete die Kategorie „Life Science und Medizin“ ebenfalls eine größere Zahl an Anmeldungen als in den Vorjahren. Designer und Hersteller beweisen damit, dass Design auch in diesem Bereich gänzlich angekommen ist.
Nach welchen Kriterien werden die Produkte beurteilt? Gibt es für Life-Science- und Medizinprodukte besondere Anforderungen?
Es gibt keine spezifischen Anfoderungen, alle eingereichten Produkte werden nach höchsten Maßstäben bewertet. Das Jurierungsverfahren folgt verschiedenen Beurteilungskriterien, die ständig neuen Erkenntnissen über formale, technische, fertigungsspezifische, gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Anforderungen angepasst werden. Diese Kriterien bilden einen Orientierungsrahmen. Unsere Juroren verfügen in der Regel immer über persönliche Erfahrungen in den einzelnen Produktbereichen. So können sie besser erkennen, worauf es bei medizinisch-technischen Produkten im Wesentlichen ankommt.
Welche Auszeichnungen gibt es für die Hersteller und ihre Design-Teams?
Die Jury vergibt im Wettbewerb den Red Dot, den Red Dot: Best of the Best und die Honourable Mention. Den Red Dot erhalten Produkte, die sich durch ihre hervorragende Gestaltung deutlich von vergleichbaren Produkten abheben. Der Red Dot: Best of the Best wird für wegweisende Gestaltung vergeben und ist die höchste Auszeichnung im Red Dot Award: Product Design. Produkte, die mit einer gut durchdachten Detaillösung überzeugen, erhalten die lobende Erwähnung „Honourable Mention“.
Welche Veränderungen kennzeichnen Ihrer Erfahrung nach das Medizinprodukte-Design der letzten Jahre?
In den letzten 15 Jahren haben sich medizintechnische Geräte im Hinblick auf Design stark entwickelt. Es geht längst nicht mehr nur darum, rein funktionale Lösungen zu entwickeln. Die Produkte sollen im Alltag durch Zweckmäßigkeit und ästhetische Form überzeugen. Stigmatisierungen, wie sie früher sehr weit verbreitet waren, werden heute durch ein gesteigertes Designbewusstsein nahezu vollkommen außer Kraft gesetzt.
Was bedeutet diese Entwicklung für das Produktdesign?
Die Produkte orientieren sich in ihrer Formensprache, Farbgebung und Materialverwendung sehr stark an allgemeingültigen, zeitgenössischen Entwicklungen im Design. Diesen qualitativen Wandel hin zum Design können wir auch im Red Dot Design Award positiv beobachten.
Susanne Schwab susanne.schwab@konradin.de
Weitere Informationen Zum Red Dot Design Award in den Disziplinen „Red Dot Award: Product Design“, „Red Dot Award: Communication Design“ und „Red Dot Award: Design Concept“: www.red-dot.de
Red Dot Design Award
Der Red Dot Design Award ist in die Disziplinen „Product Design“, „Communication Design“ und „Design Concept“ unterteilt: Von Produktdesign über Kommunikationsprojekte bis hin zu Designkonzepten und Prototypen werden die prägnantesten Trends und besten Designs rund um den Globus dokumentiert. Der Red Dot Award ist heute mit jährlich rund 17 000 Anmeldungen aus über 70 Nationen einer der größten und renommiertesten Awards der Welt. Die Jurys bestehen aus internationalen, unabhängigen Designexperten. Den Entscheidungsverfahren liegen je nach Disziplin verschiedene Beurteilungskriterien zu Grunde, die stets dem Puls der Zeit angepasst werden.
Die Ursprünge des Red Dot Design Awards reichen bis in die Mitte der 1950er Jahre zurück. Vom 29. Juni bis zu 23. August 2015 thematisiert die Jubiläumsausstellung „Dauernde, nicht endgültige Form“ 60 Jahre Designgeschichte in Essen – „von der Industrieform zum Red Dot“.
Ihr Stichwort
- Produktdesign
- Usability und Nachhaltigkeit
- Bewertungskriterien für Medizinprodukte
- Funktionalität steht nicht im Vordergrund
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