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Was Karpfen wollen

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Was Karpfen wollen

Was Karpfen wollen
Kein Kompass dabei? Einfach mal gucken, wie die Karpfen im Teich stehen – die haben das richtige Gefühl für den Norden (Bild: Czanner – Fotolia.com)
Was ist denn bei Ihnen als Festessen für die Feiertage geplant? Mit Kartoffeln und Meerrettich, dampfgegart oder aus dem Bräter vielleicht wieder ein Karpfen auf der Tafel? Derebn Verhalten wurde jüngst von Forschern untersucht, und nun wissen wir, In welche Richtung diese Tiere am liebsten schwimmen.

Inspirieren ließen sich die Autoren von früheren Arbeiten, in denen Kühe, Hirsche und jagende Füchse beobachtet wurden. Anhand von Satellitenbildern und Naturbeobachtungen konnte belegt werden, dass alle diese Tiere die Nord-Süd-Ausrichtung bevorzugen. Und jetzt erfahren wir, dass auch der Karpfen diese Vorliebe teilt.
Das verdanken wir einem groß angelegten Experiment: Als Versuchsorte dienten den Forschern die tschechischen Fischmärkte im Advent. Hier werden jedes Jahr bis zu sechs Millionen Karpfen aus großen Bottichen verkauft. Da sie zu diesem Zeitpunkt noch quietschlebendig sind, ist das – abgesehen von den räumlich etwas beengten Verhältnissen – eine beinahe ideale Versuchsanordnung.
Mehr als 14000 Fischen haben die Forscher ganz genau auf die Flossen geschaut: „An 30 verschiedenen Orten wurden rund 700 Fotos erfasst, vermessen und analysiert“, erklärt Prof. Dr. Hynek Burda von der Universität Duisburg-Essen (UDE). Die Aufnahmen zeigten, dass die Karpfen ihre Körperachse tatsächlich tendenziell nordsüdlich ausrichten, selbst auf engstem Raum. „Weder die Wasserströmung, noch das Licht oder andere Faktoren, die berücksichtigt wurden, können das begründen“, sagt Burda. Aber es gibt eine einfache und zugleich einzige Erklärung: Die Tierchen orientieren sich am Magnetfeld der Erde, das sie genauso wahrnehmen können wir manch andere Kreatur (laut Wikipedia zum Beispiel Termiten und Ameisen, Wespen und Honigbienen, Feldmaikäfer, die Fruchtfliege, aber auch Weichtiere, Krebstiere, Amphibien und Reptilien, europäische Aale und diverse Lachse, Waldmäuse, Goldhamster, Hauspferde und weitere Säugetiere – also irgendwie fast alle).
Ihre Ergebnisse zum Karpfen haben Prof. Burda, PD Dr. Sabine Begall und ihre Prager Kollegen kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift Plos one publiziert. Darüber, was das Verhalten der Fische bedeutet, können die Forscher aber nur spekulieren: Die Magnetausrichtung könnte das Wohlbefinden positiv beeinflussen oder die Bewegungen im Schwarm synchronisieren. „Auf jeden Fall wird damit deutlich, dass die Magnetorezeption nicht nur bei Langstreckenwanderungen eingesetzt wird, sondern auch im Alltagsleben“, sagt Burda. Mit dem Karpfen, einem robusten Fisch, haben die Zoologen nun ein neues Tier, um den Magnetsinn weiter zu erforschen.
Und was lernen wir daraus? Erstens drängt sich die Frage auf, ob wir Menschen als eine der wenigen Arten bei der Schöpfung bzw. der Evolution leer ausgegangen sind und ohne Magnetsinn durchs Leben stolpern müssen. Sicher sind sich die Forscher da noch nicht. Es gibt Anzeichen dafür, dass wir zumindest in bescheidenem Maße wahrnehmen können, wo die Pole sind. Falls sich das bestätigt, hätte ich fürs Wohlbefinden übrigens gern ein Bett mit Kompass und Drehtisch im Unterbau. Für einen Umzug oder Schwankungen im Magnetfeld der Erde (die kommen ja alle paar Tausend Jahre mal vor!) wäre ich dann gewappnet.
Zweite Erkenntnis aus den Ergebnissen: Bevor Sie einen Karpfen kaufen, der bis zu den Feiertagen in Ihrer Wanne schwimmen soll, überprüfen Sie, in welcher Richtung diese zu Hause eingebaut ist. Bei nord-südlicher Ausrichtung dürfen Sie einen Super-Karpfen mit bis zu 1,2 m Länge nach Hause bringen. Ansonsten kann nur ein Fisch bis etwa 50 cm Körperlänge seine Bestimmung magnetfeldkonform entgegensehen. Aber, und das wird die dritte Frage: Wollen Sie den Karpfen nun, da Sie wissen, wie sensibel diese Tiere sind, überhaupt noch auf dem Teller haben?
Passend zum Thema:
Der Chefkoch-Tipp für Vegetarische Weihnachten
Beitrag des SWR zum Orientierungssinn der verschiedenen Tiere (mit einem Interview mit Prof. Wiltschko, der daran als erster forschte)
Was die Forscher über die Karpfen in der Fachzeitschrift Plos one publiziert haben, ist online abrufbar
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