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Virtueller Tastsinn

Wahrnehmungsillusion: Wie der Zeigefinger sich täuschen kann
Virtueller Tastsinn

Virtueller Tastsinn
Mit eigenen Geräten testen der Citec-Forscher Dr. Alessandro Moscatelli und seine Kollegen, wie Menschen Berührungen und ihren eigenen Körper wahrnehmen (Bild: Citec/Universität Bielefeld)
Finger sind die wichtigsten Tastsensoren des Menschen. Doch nicht immer fühlen sie zuverlässig. Sie lassen sich täuschen. Das haben Wissenschaftler in einer neuen Studie gezeigt, indem sie die Wahrnehmung austricksten.

Eigentlich geht es den Forschern des Exzellenzclusters Kognitive Interaktionstechnologie (Citec) der Universität Bielefeld gar nicht darum, ihre Probanden zu täuschen, indem sie Wahrnehmungsillusionen zu erzeugen. Aber sie tun es. Wobei es das langfristige Ziel von Prof. Marc Ernst ist, einen virtuellen Tastsinn entwickeln. Ernst war bis Ende März 2016 Leiter der Forschungsgruppe Kognitive Neurowissenschaften in Bielefeld. Im EU-Forschungsprojekt „Wear-Hap“ arbeitet er mit Kollegen aus ganz Europa daran. „Wir wissen jetzt besser, wie wir künstlich den Eindruck vermitteln können, dass sich ein Objekt weich oder hart anfühlt“, sagt der Neurowissenschaftler. „Das soll uns in Zukunft helfen, einen virtuellen Tastsinn zu entwickeln, mit dem man aus der Ferne ertasten kann, wie sich beispielsweise ein Pullover oder ein anderes Produkt anfühlt, das es bei einem Online-Versand zu kaufen gibt.“

Eine grundlegende Frage im Projekt sei, welche haptischen Reize eine Rolle für die Wahrnehmung spielen. Mit haptischen Reizen beschreibt der Kognitionswissenschaftler die Empfindungen, die beim Tasten entstehen. „Eine Besonderheit unserer Finger ist, dass sie fleischig sind. Sie können nachgeben, wenn sie etwas berühren“, sagt Marc Ernst. Wenn eine Person zum Beispiel einen Schwamm anfasst, spürt sie über die Tastsensoren in ihrer Haut, wie der Gegenstand beschaffen ist.
Für ihr Experiment bauten die Wissenschaftler einen Apparat, an dessen Ende waagerecht ein Stoffband gespannt war. Die Härte des Bandes war verstellbar. Die Versuchsperson legte ihre Hand und den Unterarm in die Führungen des Apparates. Die Person sollte sagen, wann ihrer Meinung nach der Finger weiter abgeknickt war. Tatsächlich veränderte sich die Position des Fingers aber nicht, dieser war ja fest fixiert. Was sich hingegen änderte, war die Härte des Stoffbandes. „Verblüffend war, dass alle Probanden das Abknicken des Fingers am größten einschätzen, wenn das Stoffband weich war. Das liegt offenbar daran, dass das weiche Band im Vergleich mehr Hautfläche berührt“, sagt Dr. Alessandro Moscatelli, der die Experimente ausführte.
„Entscheidend ist, mit wie viel Fläche des Objekts unsere Haut in Berührung kommt. Je mehr Kontaktfläche, desto näher erscheint uns ein Objekt, und daher umso mehr abgeknickt der Finger.“ Doch warum ist diese Erkenntnis wichtig? „Ohne dass wir unsere Körperstellung genau kennen würden, könnten wir nicht greifen, nicht fangen, und nicht mit Objekten oder anderen Personen interagieren“, erklärt Marc Ernst.
Für das Forschungsprojekt Wear-Hap (Wearable Haptics for Humans and Robots – Tragbarer Tastsinn für Menschen und Roboter) kooperiert die Universität Bielefeld kooperiert mit neun Forschungseinrichtungen aus ganz Europa.
Weitere Informationen: Publikation in Current Biology Pressemeldung der Uni Bielefeld Pressemeldung zum Testhandschuh
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