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Organobleche helfen Kohlefasern in die Serienproduktion

Spritzguss: Eine Alternative zu Blechen oder Metall
Organobleche helfen Kohlefasern in die Serienproduktion

Bislang fehlte es an kostengünstigen Methoden zum Herstellen von kohlefaserverstärkten Kunststoffartikeln. Eine Lösung für die Serienproduktion bietet der Einsatz von Organoblechen, die sich auf Spritzgießmaschinen verarbeiten lassen.

„In der Luft- und Raumfahrt sind kohlefaserverstärkte Kunststoffe etabliert, nun kommt der Durchbruch in der Medizintechnik“, ist Sebastian Herrmann überzeugt, Projektmanager bei der Brinkmann Group GmbH & Co. KG in Herborn. Denn auch die Hersteller medizintechnischer Produkte erkennen die Vorteile des Verbundmaterials: Es ist sehr leicht, bietet aber dennoch eine hohe Flächensteifigkeit und Festigkeit.

Das ist interessant für Gehäuse mobiler Apparate, die beispielsweise konstruktionsbedingt oder zum Schutz der Elektronik formstabil und zusätzlich leicht sein müssen. „Hier können kohlefaserverstärkte Kunststoffe schwere Gehäuse ablösen“, so Herrmann. Kohlenstoff hat zudem bei OP- und Röntgentischen sowie Patiententragen Einzug gehalten. Neben Gewichtsvorteilen spricht hier auch die Röntgenfähigkeit für das Material.
Aber: Die Produkte sind relativ teuer – nicht nur wegen des Ausgangsmaterials. Sondern auch, weil bislang geeignete serientaugliche Verfahren fehlen. „Kohlefaserverstärkte Artikel werden daher meist in kleinen Stückzahlen oder manuell hergestellt“, weiß der Projektmanager. Dazu gehört unter anderem das Autoklav-Verfahren mit langen Formbelegungszeiten. Eine Lösung sieht Herrmann in der Verwendung von Organoblechen. Dabei handelt es sich etwa um kontinuierlich faserverstärkte Thermoplaste. In dem Fall bestehen die Verstärkungsfasern aus Carbon, die Matrix etwa aus Polyamid (PA) oder Polyphenylensulfid (PPS). Gefertigt werden sie von Herstellern wie der Bond-Laminates GmbH, Brilon, oder der Thermoplast Composite GmbH, Langenfeld. Anbieter wie Lanxess in Leverkusen, oder BASF in Ludwigshafen liefern die Kunststoffe – und Firmen wie Brinkmann die notwendige Werkzeug- und Produktionstechnik.
„Der Kunde bekommt bei uns ein integriertes System, das erspart ihm das separate Aufwärmen und Umformen der Bleche vor dem Umspritzen“, sagt Herrmann. Das Umformwerkzeug ist in die Spitzgießmaschine integriert, der Heizofen direkt über der Spritzgießmaschine positioniert.
So funktioniert es: Das Handlingsystem nimmt das Organoblech von einem Band ab und legt es in den Ofen ein, den Herrmann auch Toaster nennt. Dort schmilzt das Thermoplast auf. Das „getoastete“ Blech wird vom Greifer direkt ins das Spritzgusswerkzeug eingelegt, umgeformt und mit Kunststoff umspritzt. An das Organoblech lassen sich verschiedene Geometrien anspritzen, etwa starke Verrippungen, um zusätzliche Stabilität zu gewährleisten, oder Formgeometrien. Auch Gewindebuchsen aus Stahl können in den Kunststoffartikel ohne Schnittstelle eingespritzt werden.
Laut Lanxess rechnet sich die Produktion von Hybrid-Organoblech-Systemen bei 30 000 bis 50 000 Einheiten im Jahr. Herrmann hält auch Kleinserien ab mehreren hundert Stück für wirtschaftlich realisierbar. Allerdings hat die Technik auch ihre Grenzen: „Sehr komplexe Formgeometrien sind außerdem schwer umzusetzen. Auch lassen sich Durchbrüche und Löcher bei Kohlenstoffmatten nicht einfach mit Spritzgusswerkzeug einbringen. Es braucht Sondermaschinen, da die Kohlestofffasern die Elektronik der Maschinen zerstören kann.“
Sabine Koll Journalistin in Böblingen

Folien aus Recyclingfasern
Verschnitte und Abfälle von Geweben und Gelegen aus Kohenstofffasern lassen sich nutzbringend wiederverwenden, ist die Meinung des Faserinstitituts Bremen e.V. Dort haben Wissenschaftler ein Verfahren entwickelt, mit dem es möglich ist, die Verschnittreste mit einer extrudierten Folie zu kombinieren und daraus ein Halbzeug herzustellen, das über ähnliche Eigenschaften wie Organobleche verfügt. Die zugeschnittenen Verschnitte werden durch Vibrationstechnik in einzelne Rovings getrennt und einheitlich ausgerichtet, bevor sie dann einer extrudierten, im Schmelzzustand befindlichen PP-Folie zugeführt werden. Für die Imprägnierung der Organofolien sorgt dann eine Doppelbandpresse. Das Folienlaminat lässt sich mit einer Thermopresse umformen. „Im Vergleich zu Organoblechen sind dabei kleinere Umformradien und komplexere Strukturen realisierbar“, sagt Henrik Dommes, Mitarbeiter am Faserinstitut. Zudem handle es sich dank des Einsatzes von Rezyklatfasern um die kostengünstigere Variante.

Ihr Stichwort
• Thermoplaste
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