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Ohne Strom nach oben

Bettenantriebe: Hydraulik ist für manche Anwender die bessere Lösung
Ohne Strom nach oben

Der Markt verlangt nach elektrischen Krankenbetten. Aber nicht überall: Mancherorts, wie zum Beispiel in der Psychiatrie, werden die Vorteile mechanischer Lösungen mit hydraulischem Antrieb höher bewertet.

Moderne Klinikbetten werden in der Regel elektrisch bedient und verfügen über einen integrierten Akku, damit die Verstellfunktionen auch bei Patienten-Transporten zur Verfügung stehen. Trotz des allgemeinen Trends in Richtung elektrischer Betten gibt es Pflegekräfte, die mechanische Betten mit hydraulischer Höhenverstellung bevorzugen. Ein Beispiel dafür sind die Mitarbeiter der LWL-Kliniken Lengerich und Münster, die zum Psychiatrie-Verbund Westfalen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe gehören.

Klaus Berndt beispielsweise ist gelernter Krankenpfleger, studierter Pflegepädagoge und Koordinator für Medizinprodukte bei den LWL-Kliniken Lengerich und Münster. Zu seinen Aufgaben gehört es unter anderem, sich um die insgesamt 1200 Betten zu kümmern – also ein Auge auf Wartung und Reparatur aller Geräte zu haben und die Einhaltung der damit verbundenen Vorschriften zu überwachen.
Die Entscheidung über den Kauf neuer Betten fällt er allerdings nicht allein. Das Team Einkauf und das Team Technischer Service reden mit, vor allem aber auch die Pflegekräfte der Kliniken. Da bei ihrer Arbeit mit psychisch Kranken die Anforderungen an die Betten besonders groß sind, wählen sie für die Verstellung der Betten gern die hydraulische Variante, die auch dann voll funktionsfähig ist, wenn keine Steckdose in der Nähe ist.
Klaus Berndt erläutert: „In der Psychiatrie muss es manchmal sehr schnell gehen, und mit einem mechanischem Antrieb ist das Bett schneller und einfacher bedienbar.“ Außerdem brauche die Hydraulik keinen Strom, so dass die Betten auch nach einer Ortsveränderung rasch gerüstet und einsatzbereit sind. Das ist ein Pluspunkt bei Notfällen. „Dann muss das Bett schnell zum Patienten, egal wo der gerade ist“. Und da es bei den mechanischen Betten keine Kabel gibt, können sie bei suizidgefährdeten Patienten ebenfalls bedenkenlos eingesetzt werden.
Die Betten für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) stellt – wie im Rahmenvertrag vereinbart – die Joh. Stiegelmeyer GmbH & Co. KG in Herford her. Mit ihrer Entscheidung für die hydraulische Lösung liegen die Pflegekräfte aus Lengerich und Münster nicht im Trend: Mit Strom angetriebene Bettenmodelle sind bereits seit vielen Jahren auf dem Vormarsch und führen auch bei Stiegelmeyer die Verkaufslisten an. Dennoch gibt es Argumente für die mechanischen Betten. Sie sind besonders robust und lassen sich schnell reinigen.
Berndt kann das bestätigen: „Wir haben hier einige Betten mit Hydraulikzylindern seit zwanzig Jahren klaglos im Betrieb.“ Diese Zuverlässigkeit sei für ihn ein Segen. „Alle Häuser stehen unter Kostendruck, da freut es jeden, wenn die Betten lange halten.“
Die Hydraulikantriebe für die Betten werden seit mehr als zwei Jahrzehnten von der Römheld GmbH in Laubach geliefert – und die Antriebshersteller „haben die Entwicklung mechanischer Krankenhausbetten bei Stiegelmeyer mit geprägt“, heißt es aus Herford.
„Ein Klinikbett muss in einem harten Alltag bestehen“, sagt Karl-Heinz Stötzel, Key-Account-Manager für Linear- und Antriebstechnik bei Römheld: „Kollisionen in den engen Gängen, teilweise automatische Reinigung bei 70 °C mit schnellem Anstieg der Umgebungstemperatur, aggressive Wasch- und Desinfektionsmittel sowie die ständige Belastung durch das Gewicht eines Patienten.“ Da die Zahl der schwergewichtigen Kranken im Lauf der Jahre zunimmt, musste ein Bett noch vor wenigen Jahren für bis zu 175 kg einsatzfähig sein. Inzwischen wurde die sichere Arbeitslast auf mehr als 200 kg erhöht.
Die manuell-hydraulische Höhenverstellung kann da mithalten. Der Linearantrieb RH 1250 medical zum Beispiel ist in Varianten mit einer Hubkraft von 4,5 kN bis 12,5 kN und einem Hub von 140 mm, 200 mm oder 250 mm erhältlich. Eingesetzt wird bei Stiegelmeyer ein Modell mit einer Kraft von 9,5 kN. „Wir haben auch die stärkste Version mit 12,5 Kilonewton ausprobiert“, erklärt Stötzel. Allerdings müsse dann auch die Konstruktion des Bettes an die höhere sichere Arbeitslast angepasst werden, damit der Stahlrahmen des Bettes nicht deformiert werde. Dies ist jedoch mit einem höheren Gewicht und zusätzlichen Kosten verbunden und hat sich bisher nicht als erforderlich erwiesen. Bedienen lässt sich der Antrieb über einen Fuß- oder einen Handhebel, wahlweise ist ein Druck- oder ein Drehablass erhältlich, um die Trendelenburgverstellung zu betätigen.
Stiegelmeyer nutzt sowohl die Standardausführung des hydraulischen Antriebs als auch den Linearantrieb mit der Druckablassbetätigung. Der Antrieb mit einem gekapselten Gehäuse aus Aluminium, einer Betätigungswelle und einem Plunger aus nicht rostendem Stahl ist sehr kompakt und wartungsfrei. Die Teile sind unempfindlich gegen Korrosion, Reinigungs- und Desinfektionsmittel.
Dass die Herforder auf individuelle Bettenlösungen in direkter Zusammenarbeit mit Mitarbeitern aus Krankhäusern setzen, begeistert Klaus Berndt von der LWL-Klinik Lengerich. Zusammen mit den Pflegekräften aus seinem Haus haben die Ingenieure und Konstrukteure bereits ein „Psychiatrie-Bett“ entwickelt. „Fast sieben Stunden haben wir bei Stiegelmeyer zusammengesessen und unsere Vorschläge und Anregungen für eine Optimierung gemacht“, erinnert er sich. Das Bett ist eine Weiterentwicklung des Modells „Vivendo“ und verfügt über besonders viele Fixiermöglichkeiten an den Seiten, was für Patient und Pflegekraft eine deutliche Erleichterung verspricht.
F. Stephan Auch Fachjournalist in Nürnberg
Weitere Informationen Der Hersteller der hydraulischen Antriebe hat sich als Spanntechnikspezialist für die industrielle Fertigungs-, Montage- und Spanntechnik einen Namen gemacht. Mit 450 Mitarbeitern erzielte Römheld 2012 einen Umsatz von rund 90 Mio. Euro. www.roemheld.de
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