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Licht macht traditionellen Lösungen Konkurrenz

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Licht macht traditionellen Lösungen Konkurrenz

Licht macht traditionellen Lösungen Konkurrenz
Prof. Dr. Jürgen Popp ist Direktor des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (IPHT) in Jena und Vorsitzender des Programmkomitees der Messe Micro Photonics Bild: IPHT
Photonik | In der Pathologie hat die Photonik eine jahrhundertlange Tradition. Welche Vorteile das Licht heute bereits in der Endoskopie und der Vor-Ort-Diagnostik bietet und welche Anforderungen die photonischen Lösungen für die Medizin erfüllen müssen, erläutert Prof. Dr. Jürgen Popp vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien.

Herr Professor Popp, welche Möglichkeiten der Biophotonik sind für die Medtech-Branche von Bedeutung?
Mit Licht kann man Untersuchungen sehr schnell und berührungslos vornehmen – dies bringt entscheidende Vorteile für den Patienten, weil Diagnosen schneller und schonender erfolgen können. Teilweise können wir unter Verwendung der besonderen Eigenschaften des Lichts traditionellen Lösungen Konkurrenz machen, zum Beispiel in der Labormedizin. Hier gelingt es mit Hilfe des Lichtes viel schneller als bisher, Krankheitserreger nachzuweisen. Wenn Sie an das große Problem der Sepsis denken, bei der die Zeit der entscheidende Faktor ist, ist das ein Riesenvorteil. Ein weiteres Beispiel ist die bildbegebende, operationsbegleitende Diagnostik. Jeder Chirurg träumt davon, während des Eingriffs genau zu wissen, ob der gesamte Tumor wirklich entfernt wurde. Hier bietet die Biophotonik Lösungen, die helfen, diesen Traum Realität werden zu lassen.
In welchen Anwendungen der Medizintechnik kommen photonische Lösungen heute schon erfolgreich zum Einsatz?
Auch wenn man beim Stichwort Biophotonik daran vielleicht nicht denkt: In der Pathologie hat die Anwendung der Photonik eine jahrhundertlange Tradition – das Mikroskop ist da einfach nicht wegzudenken. Von den neueren Techniken hat in erster Linie die Optische Kohärenztomographie den Sprung in den klinischen Alltag bereits geschafft. Sie findet vor allem in der Augenheilkunde und der Kardiologie Anwendung. Andere photonische Technologien sind kurz davor, die Kliniken und Praxen zu erobern. Besonders großes Potenzial haben photonische Lösungen in der Endoskopie und der Vor-Ort-Diagnostik und hier besonders beim Nachweis von Infektionserregern.
Was sind aus Ihrer Sicht aktuelle spannende Entwicklungen?
Die Basis für photonische medizintechnische Lösungen bilden mikroskopische oder spektroskopische Methoden. Jedes Verfahren hat Stärken und Schwächen, was die örtliche Auflösung, die Empfindlichkeit oder die Geschwindigkeit angeht. Vielversprechend ist daher der Ansatz, die Stärken verschiedener Technologien gezielt zu bündeln. So kann beispielsweise eine schnelle, wenig sensitive Methode wie die Optische Kohärenz-Tomographie mit einem langsamen Verfahren mit hoher Empfindlichkeit, wie der Raman-Spektroskopie, zusammengeführt werden.
Gibt es dazu schon Erfahrung an Ihrem Institut?
In Jena verfolgen wir seit einigen Jahren äußerst erfolgreich den Ansatz, mehrere nicht-lineare spektroskopische Techniken gleicher Geschwindigkeit zu einem multimodalen Ansatz intelligent in einem tragbaren Mikroskop für die klinische Anwendung zusammenzuführen. Derzeit werden vorklinische Studien zur intraoperativen Erkennung von Tumorgrenzen vorbereitet. Der nächste Schritt wird die Erforschung eines 8-D-Intravital-Mikroskopes sein. Dies erlaubt eine Erweiterung um weitere verschiedene Modalitäten wie Fluoreszenz-Lebensdauer-Mikroskopie, stimulierte Raman-Mikroskopie, Raman-Mikrospektroskopie und OCT für komplexe medizinische Fragestellungen. In einem weiteren Ansatz werden die Raman-Spektroskopie und die Lichtscheiben-Mikroskopie zur Light-Sheet Raman-Micro-Spectroscopy vereint. Dieser Ansatz ist fünfmal schneller als herkömmliche Methoden, erlaubt so die Gewinnung dynamischer Informationen. Er ist daher für biologische und medizinische Fragestellungen geeignet, bei denen es darum geht, die Struktur von Zellen und Geweben bezüglich ihrer chemischen Eigenschaften detailliert zu untersuchen, ohne sie zu zerstören oder zu beeinflussen.
Müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, damit Biophotonik erfolgreich in der Medizintechnik zum Einsatz kommen kann?
Wir haben den Anspruch, mit unseren photonischen Technologien möglichst gut die Bedürfnisse der Mediziner zu erfüllen. Wir wollen für sie und ihre Patienten gegenüber herkömmlichen Verfahren einen klaren Mehrwert schaffen. Was genau müssen Ärzte unter welchen Umständen messen oder darstellen können? Wie lässt sich ein neues biophotonisches Gerät reibungslos in den Workflow in der Praxis oder Klinik integrieren? Rechnet sich die Anschaffung für den Arzt oder die Klinik? Dies sind die Fragen, die wir möglichst früh in unsere Forschungsarbeit einfließen lassen. Dazu arbeiten wir sehr eng mit medizinischen Kollegen zusammen, zum Teil direkt in der Klinik. Denn es nützt niemandem etwas, mit hohen Fördersummen jahrelang ein Verfahren zu entwickeln, das bei Ärzten auf keine Akzeptanz stößt, weil das Gerät zu
groß oder zu teuer ist, den klinischen Ablauf stört oder komplizierte Daten ausspuckt, die nur ein Physiker interpretieren kann. Zudem ist die Zulassung von Medizinprodukten und In-vitro-Diagnostika sehr stark reglementiert. Dem müssen sich natürlich auch photonisch basierte Verfahren und Geräte stellen.
Welche Unterstützung bietet dabei das Leibniz-Institut für Photonische Technologien in Jena?
Wir arbeiten schon seit vielen Jahren mit den Medizinern des hiesigen Universitätsklinikums zusammen und haben dafür sogar eine gemeinsame Forschergruppe eingerichtet. Die positiven Erfahrungen aus dieser Kooperation lassen wir unter anderen in den Forschungsverbund Leibniz Gesundheitstechnologien einfließen. Innovationen in der Medizintechnik können meiner Meinung nach nur in interdisziplinären Teams gelingen – sie brauchen Biologen, Physiker und Chemiker für die Grundlagen, Ingenieure, die daraus
Labormuster und Prototypen entwickeln können, Mediziner, die ihnen genau sagen, worin der klinische Bedarf liegt, und schließlich Unternehmen, die Marktkenntnisse und Kontakte zu
Zulassungsbehörden einbringen.
Und das IPHT koordiniert diese Teams?
Wir als IPHT leben diesen interdisziplinären Ansatz. Die optischen Gesundheitstechnologien bilden einen unserer Forschungsschwerpunkte, und wir teilen unser Knowhow mit anderen Instituten. Wir organisieren regelmäßig Workshops, in denen Forscher und Anwender zusammenkommen, und haben zudem in Jena den interdisziplinären Studiengang „Medical Photonics“ initiiert.
Sie sind Vorsitzender des Programmkomitees für den Kongress-Bereich Biophotonics der Messe Micro Photonics in Berlin. Was steht im Fokus dieses Kongresses?
Der Kongress bedient zum einen die Biophotonik selbst als eine Subkonferenz, wobei wir versuchen, die Biophotonik in ihrer ganzen Breite abzubilden – von den bildgebenden Methoden über die Vor-Ort-Diagnostik bis hin zur Therapie – und auch die Brücke hin zur Medizin schlagen werden in Form einer Unmet-Medical-Needs Session. Das zweite Kongressthema ist die Mikro- und Nanophotonik mit den Schwerpunkten photonische Komponenten und deren Herstellung und Integration.
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