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Damit zusammen wächst, was zusammen gehört

Implantate: Forscher suchen nach Alternativen zu Metall zur besseren Patientenversorgung
Damit zusammen wächst, was zusammen gehört

Die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO) in Davos will unter anderem mit neuen Implantatoberflächen die Patientenversorgung verbessern. Das Netzwerk aus Gesundheitsexperten kooperiert dabei mit industriellen Partnern.

Alexandra Poulsson, wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Spezialgebiet Implantatoberflächen, gehört einem Team des AO Research Institute (ARI) im schweizerischen Davos an, das die Interaktion von Zellen, Gewebe und Bakterien mit Biomaterialoberflächen untersucht. Die Ingenieurin mit einer Ausbildung in biomedizinischer Materialwissenschaft forscht mit ihrem Team an Gerüsten zur Fixation von Knochenbrüchen, die sich im Körper abbauen. Zwar werden Metalle, nicht abbaubare Polymere, Keramiken und Verbundstoffe wie karbonfaserverstärkte Polymere oder Keramik-Polymer-Verbundstoffe auf absehbare Zeit weiterhin genutzt. Eines der großen Forschungsgebiete jedoch sei die Suche nach Alternativen zu Metall, erklärt Poulsson. „Wir sehen, dass immer mehr Polymere, Keramiken und Verbundmaterialen auf den Markt kommen“, so die Ingenieurin. „Die Oberflächen von Implantaten haben einen sehr großen Einfluss darauf, wie Zellen und Gewebe reagieren.“ Ein Ziel der Forscher, die unter dem Dach der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen (AO Foundation) arbeiten, ist es deshalb, die Interaktion zwischen Implantat und Gewebe durch Veränderung der Implantatoberfläche zu steuern. Dabei arbeiten sie mit Partnern aus der Industrie zusammen.

Wie glatt oder rau die Oberfläche eines Implantats sein sollte, hängt in der Orthopädie vom Anwendungsgebiet ab. „Die Sehnen der Hand beispielsweise müssen sich ungehindert über ein Handimplantat bewegen können. Es ist also eine glatte Implantatoberfläche nötig, um zu verhindern, dass die Sehnen haften bleiben“, erklärt Poulsson. Die Rauheit eines Implantats habe jedoch auch Auswirkungen darauf, wie der Knochen mit dem Implantat interagiert. Ein Forschungsergebniss der Arbeit von ARI-Direktor Professor Geoff Richards zeige, dass Titanimplantate mit einer geringeren Oberflächenrauheit nach der Knochenheilung einfacher entfernt werden können.
Implantate zum Verbinden von Wirbelkörpern, sogenannte Spine Cages, die zur Behandlung von degenerativen Erkrankungen, Deformitäten und Wirbelsäulentraumata eingesetzt werden, sind ein weiteres Projekt der AO-Forscher. Ihnen geht es um die Oberflächenbehandlung der Spine Cages: Herkömmliche Implantate aus Titan führten zu Visualisierungsproblemen bei Röntgen- und CT-Untersuchungen, da nicht dargestellt werden kann, wie gut das Gewebe mit dem Wirbelsäulenimplantat zusammenwächst. Zudem unterscheiden sich die mechanischen Eigenschaften von Titan und Knochengewebe, was weitere Probleme verursachen kann. Als Lösung empfahlen die AO-Forscher ein oberflächenmodifiziertes Polyetheretherketon (Peek) als Werkstoff für Cages zur Wirbelkörperfusion. Die Implantate aus Peek werden von der Synthes Inc., einem der industriellen Partner des Netzwerks, vertrieben.
Peek ist ein biokompatibler Werkstoff, dessen Elastizität dem des Knochengewebes mehr ähnelt als Titan. Er ist strahlungsdurchlässig, so dass das Verwachsen des Gewebes mit den Spine Cages mühelos radiografisch beobachtet werden kann. Die am ARI entwickelte Oberflächenmodifikation soll das Zusammenwachsen von Gewebe und Cage im Vergleich zu herkömmlichen Peek-Spine-Cages verbessern.
Im Vordergrund aller Projekte der AO Foundation steht immer eine bessere Patientenversorgung. Deshalb wollen die Wissenschaftler nicht nur bestehende klinische Probleme angehen, sondern auch die Entwicklung künftiger Therapiemöglichkeiten vorantreiben. Das klinische Netzwerk der AO mit mehr als 10000 Chirurgen sorge für immer neue Forschungsthemen, so Institutsmitarbeiterin Poulsson. Das Netzwerk sei deshalb so strukturiert, dass den Wissenschaftlern des Research-Instituts umfassendes Fachwissen – darunter Ausbildung, klinische Untersuchungen, Entwicklung und Qualitätssicherung in Bezug auf die Grundsätze, die Praxis und die Ergebnisse der Behandlung von Frakturen – jederzeit zur Verfügung steht. So brauchen Poulsson und ihre Kollegen am ARI, die sich mit der Oberflächenbehandlung befassen, sich nur an ihre Kollegen am Forschungsinstitut für Biomedical Services zu wenden um auf Fachwissen zurückzugreifen. Das kann sich beispielsweise auf Bereiche wie biomechanische Forschung und Entwicklung, Konzeptentwicklung, herkömmliche und CNC-Herstellung, Entwicklung hochpräziser Prototypen sowie 3D- und CAD-Konstruktion und Metallhärten erstrecken. „Diese Weitergabe von Fachwissen hat maßgeblichen Anteil am Erfolg des ARI und der gesamten AO Foundation“, so Poulsson. „Und die Patienten sind diejenigen, die letztlich von dem profitieren, was wir tun.“ su
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